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Chronische Effekte von Methylphenidat auf die Riechfunktion von Kindern mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung / Chronic effects of methylphenidate on the olfactory function of children with attention deficit hyperactivity disorderNeumann, Maria Johanna January 2017 (has links) (PDF)
Bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) handelt es sich um ein weltweit verbreitetes Störungsbild mit Beginn in der Kindheit, das sich anhand der Symptome Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität manifestiert. Ein Fortbestehen der Störung in das Jugend- und Erwachsenenalter ist nicht selten. Die Auswirkungen sind dabei vielfältig und führen bei fehlender Behandlung zu psychosozialen Beeinträchtigungen der Betroffenen. Obwohl ADHS mittels multimodaler Therapie behandelbar ist, werden die Diagnose und vor allem die medikamentöse Behandlung weiterhin kontrovers diskutiert. Bei einer zu Grunde liegenden komplexen, multifaktoriellen Genese der Störung ist die Erforschung objektiver Diagnosekriterien, wie es zum Beispiel Biomarker sein könnten, in den Fokus der Forschung gerückt. Für andere neurologische und psychiatrische Erkrankungen, wie zum Beispiel Morbus Parkinson, ist eine Veränderung der Geruchsfunktion bekannt. Auch für die ADHS existieren Studien, die sich mit der Geruchsleistung von Patienten befassen. Eine verbesserte Geruchsensitivität bei Kindern mit ADHS ohne Medikation konnte bereits gezeigt werden. Mit Methylphenidat (MPH) behandelte Patienten zeigten aber keine Verbesserung in der Geruchsleistung. Daher ist es Gegenstand dieser Studie die Geruchsfunktion für die Leistungen Sensitivität (Schwellenwahrnehmung eines Geruchs), Diskrimination (Unterscheidung zweier Gerüche) und Identifikation (Erkennen und Benennen von Gerüchen) bei ADHS- Patienten zu untersuchen, sowie verschiedene Medikationsstatus zu berücksichtigen. Die Geruchsleistung wurde mittels Sniffin´ Sticks, einer klinischen Geruchstestungsbatterie zur Erhebung der genannten Parameter, durchgeführt. Eingeschlossen wurden 112 Kinder zwischen 6 und 12 Jahren mit ADHS sowie 86 Kontrollprobanden zwischen 6 und 12 Jahren. Die Patienten wurden eingeteilt in solche, die noch nie Stimulanzienmedikation erhalten hatten (medikationsnaiv), solche, die aktuell MPH erhielten und solche, die ihre
Medikation zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgesetzt hatten (vor maximal 6 Tagen, vor maximal 31 Tagen, vor mehr als 30 Tagen).
Es konnte eine signifikant bessere Sensitivitätsleistung bei Patienten, welche ihre Medikation länger als 30 Tage abgesetzt hatten, im Vergleich zu Kontrollprobanden und allen medizierten Patienten gezeigt werden. Des Weiteren konnte eine verbesserte Sensitivitätsleistung bei ADHS-Patienten, welche ihre Medikation seit einem längeren Zeitraum abgesetzt hatten, im Vergleich zu Kontrollprobanden gefunden werden. Dies ist ein Hinweis für eine mögliche Anpassung der Sensitvitätsleistung an das ursprünglich verbesserte Niveau nach einer gewissen Medikationskarenz.
Bei der ADHS liegt unter anderem eine dopaminerge Dysregulation als krankheitsursächlich zu Grunde. Aufgrund eines erhöhten dopaminergen Tonus beim AHDS in mesolimbischen Bereichen könnte es zu einer verminderten Proliferation von adulten Stammzellen und somit zur Verminderung der Anzahl nachrückender Interneurone, mit daraus resultierender verbesserter Geruchsfunktion bei geringerer dopaminerger Hemmung kommen. Für die Auswirkung der unterschiedlichen Absetzzeiträume auf die Sensitivitätsleistung könnten kurzfristige Mechanismen, wie eine Erhöhung der Durchblutung, und langfristige Mechanismen, die sich durch Veränderungen von Rezeptorprofilen ergeben, bei MPH-Einnahme verantwortlich sein.
Für die Diskriminationsleistung ergab sich in dieser Arbeit eine Verbesserung allein in der medikationsnaiven Patientengruppe, jedoch nur unter Berücksichtigung potentieller Einflussfaktoren wie IQ, Alter und Geschlecht. Daher müssen diese Erkenntnisse mit Vorsicht interpretiert werden.
Auch im Fall der verbesserten Diskriminationsleistung gibt es Hinweise, dass eine veränderte Stammzellproliferation verantwortlich sein könnte.
Bezüglich der Identifikationsleistung ergab sich in der vorliegenden Arbeit eine Verschlechterung der Leistung allein in der Patientengruppe, welche ihre Medikation seit kurzem abgesetzt hatte. Im Gegensatz zur Sensitivität
unterliegen Diskrimination und Identifikation noch weiterer zentraler Prozessierung zum Beispiel im orbitofrontalen Kortex. Die Zusammenhänge sind hier also komplexer. Dennoch unterliegt auch der Hippocampus adulter Neurogenese, so dass Zusammenhänge zwischen dopaminerger Dysregulation und Identifikationsleistung diskutiert werden können.
Die Erkenntnisse der vorliegenden Studie sind ein weiterer Schritt in der Etablierung der Sensitvitätsleistung als Biomarker für ADHS im Kindesalter. Weitere bildgebende Studien könnten die Erkenntnisse erweitern beziehungsweise die genauen Hintergründe bezüglich Diskriminations- und Identifikationsleistung verifizieren. Methodische Unterschiede scheinen für die heterogene Studienlage bezüglich Diskriminations- und Identifikationsleistung verantwortlich. / Attention deficit hyperactivity disorder is a common disorder amongst children and often persists into adulthood. Although the clinical diagnosis is longtime approved the neurobiological basis of attention deficit hyperactivity disorder is heterogenous. Therefore, search for biomarkers that support diagnosis and give more elucidation to underlying etiology has been made. The present study aims to reproduce existing work that shows improved odor sensitivity amongst unmedicated children with attention deficit hyperactivity disorder. It also wants to extend these findings by taking short and longterm cessation of methylphenidate into account while examining the olfactory functions sensitivity (odor threshold), discrimination and identification by using the instrument "sniffin sticks". We can show elevated sensitivity for children with attention deficit hyperactivity disorder that had terminated methylphenidate intake at least 30 days ago compared to healthy children and attention deficit hyperactivity disorder patients with current medication. Therefore, we can confirm the findings of former studies. We can also show altered discrimination und identification amongst children with attention deficit hyperactivity disorder compared to healthy children. As neurological basis altered stem cell migration from the subventricular zone to the olfactory bulb due to disturbed dopamine homeostasis in attention deficit hyperactivity disorder in this brain areas could serve as an explanation.
Odor sensitivity as promising biomarker has recently been discussed. This study can support the introduction. Further studies are needed to elucidate the neuropathological background and the meaning of altered discrimination und identification.
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