1 |
Phonologisches Arbeitsgedächtnis bei dysgrammatisch-sprachgestörten Kindern / Phonological working memory of specific language impaired childrenWerner, Ines 15 March 2010 (has links) (PDF)
Die Rolle des Arbeitsgedächtnisses für die Sprachentwicklung, insbesondere die Wortschatzentwicklung ist mittlerweile überzeugend nachgewiesen (z.B. Hasselhorn & Werner, 2000). Daran anknüpfend beschäftigt sich die vorliegende Studie mit der Wortschatzentwicklung bei dysgrammatisch bzw. spezifisch sprachgestörten Grundschulkindern und mit dem Einfluss des phonologischen Arbeitsgedächtnisses auf diesen Entwicklungsprozess.
Besonders die Arbeitsgruppe um Gathercole und Baddeley konnten in einer Vielzahl von Arbeiten (z.B. Gathercole & Baddeley, 1990 a, b, 1993) stabile Zusammenhänge zwischen Arbeitsgedächtnis und Wortschatz bzw. Sprache bei normalentwickelten Kindern und spezifisch sprachgestörten Kindern nachweisen. Sie differenzieren 2 Komponenten des phonologischen Arbeitsgedächtnisses: den phonetischen Speicher, in dem akustische Informationen 1,5 bis 2 s erhalten bleibt und dann zerfällt, wenn diese Information nicht durch den Rehearsalprozess, eine Art inneres Sprechen wiederholt und damit aufgefrischt und erhalten wird.
Das Arbeitsgedächtnis wurde dabei bevorzugt über das Nachsprechen von Kunstwörtern erfasst. Bezüglich dieses Vorgehen gaben z.B. Snowling, Chiat und Hulme (1991) und Bowey (1996, 2001) zu bedenken, dass durch die Komplexität des Kunstwörternachsprechens und die Redundanz zu anderen Aspekten der sprachlichen Verarbeitung der Einfluss des phonologischen Arbeitsgedächtnisses überschätzt werden könnte. Sie schlagen daher vor, eher allgemein von phonologischer Verarbeitung zu sprechen und das phonologische Arbeitsgedächtnis nicht davon zu differenzieren, zumindest müsse die Unabhängigkeit des Einflusses des phonologischen Arbeitsgedächtnisses von der phonologischen Bewusstheit nachgewiesen werden.
Die Leistungsfähigkeit des phonologischen Arbeitsgedächtnisses hängt von den Qualitätsmerkmalen seiner beiden Komponenten ab. Nach Hasselhorn, Grube und Mähler (2000) lassen sich für beide Komponenten jeweils zwei Merkmale identifizieren: Die Qualität des phonetischen Speichers hängt von dessen zeitlich dimensionierter Größe und von der Präzision ab, mit der er akustische Information ablegt und wiedergibt. Die Leistungsfähigkeit des subvokalen Rehearsalprozesses wird von seiner (automatischen) Aktivierbarkeit und seiner Geschwindigkeit bestimmt.
Längsschnittlich zeigten Gathercole, Willis, Emslie, & Baddeley (1992) Zusammenhänge zwischen früherem Arbeitsgedächtnis und späterem Wortschatz im Alter bis zu sechs Jahren, im Grundschulalter kehrte sich der Zusammenhang um.
Diese Beiträge motivierten die vorliegende Arbeit, in der die Fragen gestellt wurden, ob sich das phonologische Gedächtnis von der phonologischen Verarbeitung im allgemeinen differenzieren lässt, welche Qualitätsmerkmale des phonologischen Arbeitsgedächtnisses bei sprachgestörten Kindern defizitär sind und wie sich die Entwicklungsdynamiken zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis und Wortschatz bei sprachgestörten und sprachlich unauffälligen Kindern gestalten. Um dies zu klären, wurde eine Längsschnittstudie realisiert, bei der 64 normalentwickelte und 33 sprachgestörte Kinder im Laufe des ersten und zweiten Grundschuljahres dreimal untersucht wurden; der zweite und dritte Meßzeitpunkt bildeten im wesentlichen die Grundlage der vorliegenden Arbeit.
Es fanden sich starke empirische Argumente für die Position, dass Störungen im phonologischen Arbeitsgedächtnis eine Hauptursache für die Sprachauffälligkeiten dysgrammatisch-sprachgestörter Kinder sind. Abweichend von den Ergebnissen bei sprachlich unauffälligen Kindern, zeigten die sprachgestörten Kinder geringere Leistungen in allen Bereichen, weniger und niedrigere Korrelationen, das phonologische Arbeitsgedächtnis ließ sich faktorenanalytisch von der phonologischen Bewusstheit und dem phonologischen Langzeitwissen klar trennen. Bei der Betrachtung der vier Merkmale des phonologischen Arbeitsgedächtnisses (Hasselhorn, Grube & Mähler, 2000) zeigte sich kein Einsatz der Rehearsalstrategie und eine geringere Geschwindigkeit (letzteres vielleicht auch der Ausdruck eingeschränkter Sprechmotorik, siehe Gathercole, Service et al., 1999). Es gab einen Gruppenunterschied bei der Variablen für die Qualität des phonetischen Speichers. Auch die zeitliche Dimension schien reduziert, die sprachgestörten Kinder zeigten bei langen Kunstwörtern einen größeren Leistungsabfall. Bei verrauscht dargebotenen Kunstwörtern ließ sich nach Ausschluss des Einflusses von Alter und Intelligenz kein Gruppenunterschied mehr nachweisen, der bei unverrauscht dargebotenen Kunstwörtern vorhanden war, so dass die Qualität des phonetischen Speichers eine wesentliche Rolle für die Sprachentwicklung zu spielen scheint.
Bei den dysgrammatischen Kindern ließ sich weiterhin eine kausale Asymmerie zwischen phonologischem Arbeitsgedächtnis und Wortschatz finden, dergestalt, dass das frühere phonologische Arbeitsgedächtnis einen größeren Einfluss auf den späteren Wortschatz hatte, als umgekehrt. Diese wurde wegen des Entwicklungsrückstands der sprachgestörten Kinder in dieser Form erwartet, bei den sprachlich-unauffälligen Kindern ließ sich kein Zusammenhang zeigen. Die phonologische Bewusstheit zeigte keinen entwicklungsrelevanten Einfluss auf den Wortschatz.
Zusammenfassend ist zu sagen, dass die Ergebnisse der vorliegenden Studie die Hypothese stützen, dass die Ursache für kindliche Störungen des Spracherwerbs im phonologischen Arbeitsgedächtnis und speziell in der Qualität des phonetischen Speichers zu suchen sind.
Literatur
Bowey, J. A. (1996). On the association between phonological memory and receptive
vocabulary in five-year-olds. Journal of Experimantel Child Psychology, 63(1), 44-78.
Bowey, J. A. (2001). Nonword repetition and young children`s receptive vocabulary: a
longitudinal study. Applied Psycholinguistics, 22, 441-469.
Gathercole, S. E. & Baddeley, A. D. (1990a). Phonological memory deficits in
language disordered children: Is there a cusal connection? Journal of Educational Psychology, 29, 336-360.
Gathercole, S. E. & Baddeley, A. D. (1990b). The role of phonological memory in
vocabulary acquisition: A study of young children learning new names. British Journal of Psychology, 81, 439-454.
Gathercole, S. E. & Baddeley, A. D. (1993). Working memory and language. Hove,
UK: Erlbaum.
Gathercole, S. E., Service, E., Hitch, G.J., Adams, A.-M. & Martin, A. J. (1999).
Phonological short-term memory and vocabulary development: Furter evidence on the nature of relationship. Applied cognitive psychology, 13, 65-77.
Gathercole, S. E., Willis, C., Emslie, H., & Baddeley, A. D. (1992). Phonological
memory and vocabulary development during the early school years: a longitudinal study. Developmental Psychology, 28, 887-898.
Hasselhorn, M., Grube, D. & Mähler, C. (2000). Theoretisches Rahmenmodell für ein
Diagnostikum zur differentiellen Funktionsanalyse des phonologischen Arbeitsgedächtnisses. In M. Hasselhorn, W. Schneider & H. Marx, Diagnostik von Lese-Rechtschreib-Schwierigkeiten, Tests und Trends, Bd. 1 (S.167-182). Hogrefe: Göttingen.
Hasselhorn, M. & Werner, I. (2000). Zur Bedeutung des phonologischen
Arbeitsgedächtnisses für die Sprachentwicklung. In H. Grimm (Hrsg.), Sprachentwicklung (Enzyklopädie der Psychologie, Themenbereich C: Theorie und Forschung, Serie III Sprache, Bd. 3) (S. 363-378). Göttingen: Hogrefe.
Snowling, M., Chiat, S., & Hulme. C. (1991). Words, non-words, and phonological
processes: Some comments on Gathercole, Willis, Emslie, and Baddeley. Applied Psycholinguistics, 12(3), 369-373.
|
2 |
On Media of Memory and RememberingHoráková, Jana 02 June 2014 (has links) (PDF)
Information stored in digital media literally and metaphorically loses its historical dimensions but gains spatial relations and burgeoning cross-references. Thus, all of culture, and by extension, its products too, are losing their historical dimension in the age of digital, networked technologies in favor of a constant, real-time information flow, produced by exchange and morphing.
|
3 |
Understanding age-related prospective memory performance: The role of cognitive, motivational and emotional mechanisms associated with age differences in the delayed execution of intended actionsSchnitzspahn, Katharina 30 August 2011 (has links) (PDF)
A pervasive real-world memory task is remembering to carry out intended activities at appropriate moments in the future, such as remembering to call one’s mother after returning from work or to hand a message to a colleague when seeing him in the office on the next morning. Such types of tasks are termed prospective memory (PM) tasks (Einstein & McDaniel, 1996). PM has been identified as one of the most frequent everyday memory challenges (e.g., Maylor, 1990), particularly in old age (McDaniel, Einstein, & Rendell, 2008) and an intact PM is considered to be crucial for the maintenance of independent living (Kliegel & Martin, 2003). Therefore, many researchers have focused on the exploration of possible age differences in PM. While age-related deficits were found in standard lab-based PM tasks, age-related benefits occured in naturalistic tasks that are carried out in participants’ everyday lives. This surprising pattern has been called the age-PM-paradox (Rendell & Craik, 2000). It has been supported by a meta-analysis comparing PM age effects found in studies that focused either on lab-based or on naturalistic PM tasks (Henry, MacLeod, Phillips, & Crawford, 2004). However, the mechanisms which are critical in determining the direction of age effects remain poorly delineated. Thus, the overall aim of the research programme presented in the present thesis was to investigate the age-PM-paradox as well as potential cognitive, motivational and emotional mechanisms and processes associated with age-related PM performance. For that purpose, three experimental studies were conducted testing adult age effects in different PM task settings with different task material. Furthermore, several possible underlying mechanisms suggested by the literature on age effects in PM were measured and/ or varied experimentally.
The first aim of Study 1 was to cross-validate the age-PM-paradox within a single sample. The second aim was to empirically explore the relative importance of four recently proposed factors (motivation, metacognitive awareness, activity absorption, and control over the task) that may be associated with the direction of age effects inside and outside of the laboratory. For that purpose, 20 young and 20 older adults performed a lab-based and a naturalistic PM task, which were similar in structure and demand. The level of control was experimentally manipulated in both task settings. The remaining possibly influencing factors (motivation, metacognitive awareness, and activity absorption) were assessed via questionnaires in the laboratory and with a daily diary in the field. First, analysing mean level age differences, the paradox was confirmed. Second, exploring possible correlates of the paradox revealed that the level of daily activity absorption (i.e., everyday stress) was the most important mechanism in naturalistic PM performance. Further, high motivation and good metacognitive awareness were associated with age benefits in PM performance in the naturalistic task, while high ongoing activity absorption and low control over the PM cue were related to deficits in lab-based tasks. Thus, Study 1 confirmed the age-PM-paradox within one sample and with carefully matched lab-based and naturalistic tasks. In addition, the results indicate that the relative importance of the suggested factors may vary as a function of setting. While cognitive factors were most influential in the laboratory, motivational and knowledge-based factors were associated with high PM performance in the naturalistic task. The strong association between PM performance in the field and everyday stress highlights the need for future studies exploring the mechanisms underlying this effect.
Results from Study 1 suggest that cognitive resources are most influential for PM age effects in the laboratory. Yet, it is not clear, which specific cognitive resources are needed for successful PM performance and if these processes differ between young and older adults. Thus, Study 2 explored the role of executive functions (i.e. shifting, updating and inhibition) as possible developmental mechanisms associated with PM age effects. 170 young and 110 older adults performed a battery of cognitive tests including measures of PM, shifting, updating, inhibition, working memory and speed. A comprehensive set of statistical approaches (e.g. median analyses, structural equation modelling) was used to analyze the possible cognitive correlates in predicting PM performance. First, age effects were confirmed in PM and also obtained in measures of executive control. Moreover, the facets of executive control differently predicted PM performance. Specifically, shifting was the strongest predictor of PM performance in young and older adults as well as for explaining age differences in PM. Thus, Study 2 clarified the role of different facets of controlled attention in age effects in PM and bears important conceptual implications: The results suggest that executive functions are important developmental mechanisms of PM across adulthood beyond working memory and speed. Specifically, shifting appeared to be an essential aspect of cognitive control involved in age-related PM performance. Moreover, examining PM as a latent construct confirmed the convergent and discriminant validity of PM. This demonstrates PM as a separate cognitive construct and suggests that PM is related to, but not identical with, executive control.
Study 3 was set out to explore if the amount of cognitive resources needed to successfully perform a PM task in the laboratory can be influenced by the emotionality of the task material. First studies suggested that emotional task material may enhance PM performance in young and older adults by heightening the salience of the task and thereby reducing the need for controlled attention. However, the extent and mechanisms of this effect are still under debate. Therefore, Study 3 explored possible differential effects of PM target cue valence on PM age effects. For that purpose, 45 young and 41 older adults performed a PM task in which emotional valence of the PM cue was manipulated (positive, negative, neutral). Results revealed an interaction indicating that age differences were smaller in both emotional valence conditions compared to the neutral condition. This finding supports an emotionally enhanced memory effect in PM, but only for the older adults as PM performance in young adults was not affected by cue valence. From a conceptual perspective, the results from Study 3 may also contribute to the explanation of the age-PM-paradox, as they suggest that the neutral material usually applied in lab-based studies might overestimate PM age effects.
In summary, the present thesis makes an important contribution to the ongoing conceptual debate concerning adult age effects in PM performance assessed in the laboratory versus participants’ everyday lives. Results strongly suggest that mostly different variables may be crucial for understanding PM age deficits in the laboratory and age benefits in naturalistic PM tasks. Successful PM performance in the laboratory seems to require high levels of cognitive resources. The present results suggest that shifting ability is especially relevant in this respect. On a task level the emotionality of the material seems to influence the required amount of cognitive resources as it reduced PM age effects. Everyday stress seems to be particularly important for successful PM performance in the field. Thus, possible future studies should specify the relation between stress and PM as outlined in the general discussion.
|
Page generated in 0.023 seconds