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Relaxationsprozesse in stark gekoppelten ultrakalten Plasmen

Bannasch, Georg 04 July 2013 (has links) (PDF)
Typischerweise sind Plasmen extrem heiß - diese hohen Energien sind nötig, um die Ionisationsschwelle der Atome zu überwinden und damit einen stabilen Plasmazustand zu gewährleisten. Folglich werden die physikalischen Eigenschaften dieser Plasmen für gewöhnlich durch die thermischen Energie der Plasmateilchen bestimmt, während Korrelationen zwischen den Ladungen eine untergeordnete Rolle spielen. Durch die rasanten Fortschritte auf dem Gebiet der ultrakalten Gase ist es jedoch ebenso möglich, Plasmen bei extrem tiefen Temperaturen zu erzeugen, indem lasergekühlte Atome photoionisiert werden. In diesen ultrakalten Plasmen (UKP) lassen sich aufgrund der niedrigen Temperaturen bereits deutliche Auswirkungen von Korrelationen beobachten, die zu gänzlich anderer Dynamik führen können als aus dem Bereich der heißen schwach gekoppelten Plasmen bekannt. Ähnliche Prozesse werden auch in dichten Plasmen beobachtet, in denen durch extrem kurzen Teilchenabstände die Wechselwirkungsenergie auch bei Temperaturen von über 10000 Kelvin die kinetische Energie dominiert. Dichte Plasmen spielen eine wichtige Rolle für technische Anwendungen wie die Trägheitsfusion. Im Gegensatz zu diesen dichten Plasmen realisieren UKP starke Korrelationen jedoch bei sehr viel geringen Dichten von ρ ∼ 10^9 cm^{−3} . Die daraus resultierende langsame Dynamik ist experimentell wesentlich besser zugänglich und macht diese System deshalb besonders interessant, um Korrelationseffekte in stark gekoppelten Plasmen zu studieren. Diese Arbeit beschäftigt sich mit Effekten von starken Korrelationen auf verschiedene Relaxationsprozesse, die insbesondere, aber nicht ausschließlich in UKP eine bedeutende Rolle spielen. Neben dem fundamentalen Interesse an diesen Prozessen gilt ein Augenmerk auch möglichen experimentellen Tests der getroffenen Vorhersagen. Da die Theorie der schwach gekoppelten Plasmen Korrelationen größtenteils vernachlässigt, ist sie im Regime der UKP nur eingeschränkt anwendbar. Zur Berücksichtigung der starken Korrelationen werden in dieser Arbeit umfangreiche molekulardynamischen Simulationen eingesetzt, die teilweise mit quantenmechanischen Beschreibungen kombiniert werden, um den in UKP relevanten atomphysikalischen Aspekten gerecht zu werden. Im Rahmen dieser Rechnungen wird zunächst die seit langem ungeklärte Frage der Atombildung bei tiefen Temperaturen beantwortet. Dieser Prozess ist für UKP besonders relevanten, da die Rekombination die Lebensdauer des Plasmas bestimmt. Die konventionelle Theorie für Rekombination basiert auf der Annahme von von isolierten Drei-Körper-Stößen. Die daraus resultierende Rate divergiert mit abnehmender Temperatur und verliert daher ihre Gültigkeit im ultrakalten Bereich. In dieser Arbeit wird die Beschreibung der Rekombination mit Hilfe aufwendiger Vielteilchen-Simulationen auf den stark gekoppelte Bereich ausgebaut. Hierbei zeigt sich, dass die Rekombinationsrate im Bereich tiefer Temperaturen auf einen konstanten Wert konvergiert, so dass das Problem der divergierenden Rate gelöst werden kann. Ein weiteres, seit langem kontrovers diskutiertes Problem, stellt die Relaxation aufgrund von elastischen Stößen in stark gekoppelten Plasmen dar. Auch hier gilt, dass die konventionelle Theorie für heiße Plasmen, die auf Landau und Spitzer zurückgeht, aufgrund der Vernachlässigung von Korrelationen im Regime starker Kopplung unzureichend wird. Bisher waren keine experimentellen Ergebnisse verfügbar, um die verschiedenen Vorschläge zur Erweiterung der Landau-Spitzer-Beschreibung auf den stark gekoppelten Bereich zu beurteilen. In enger Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. T. C. Killian (Rice University, Houston, USA) können im Rahmen dieser Arbeit nun erstmals Relaxationsraten in stark gekoppelten Plasmen gemessen werden. Dazu wird mittels eines Pump-Probe-Verfahren die Relaxation der ionischen Geschwindigkeitsverteilung in UKP beobachtet. In dieser Arbeit konnte eine Methode zur Interpretation der experimentellen Daten entwickelt und durch semiklassische Simulationen der Parameterbereich enorm erweitert werden. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Landau-Spitzer-Theorie bereits bei geringen Kopplungsstärken deutliche Defizite aufweist und liefern erstmalig Vorhersagen im stark gekoppelten Bereich. Bei der Untersuchung der ionischen Relaxation wird deutlich, dass insbesondere experimentelle Ergebnisse bei hohen Kopplungsstärken von Interesse sind. Derzeit sind typische UKP-Experimente jedoch auf mäßige Kopplungsstärken limitiert. Ursache hierfür ist, dass das Plasma in einem Zustand weit entfernt vom Gleichgewicht erzeugt wird. Bei der Relaxation ins Gleichgewicht kommt es zu einer Ausbildung von Korrelationen und damit zu einer Umwandlung von potentieller in kinetische Energie. In dieser Arbeit wird deshalb ein neues Plasmaherstellungsverfahren vorgeschlagen, das für die Ionen dieses „Korrrelationsheizen“ stark unterdrücken kann. Durch eine kollektive Anregung kalter Atome in Rydberg-Zustände werden vor der Photoionsation der Atome Korrelationen im atomaren Gas induziert. Es wird gezeigt, dass diese Korrelationen durch eine selektive Ionisation der Rydberg-Atome mit Hilfe von Mikrowellen an das Plasma weitergegeben werden können. Dadurch verringert sich das Korrelationsheizen und eröffnet neue Perspektiven für Untersuchungen ultrakalter Plasmen tief im stark gekoppelten Regime.
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Relaxationsprozesse in stark gekoppelten ultrakalten Plasmen

Bannasch, Georg 01 March 2013 (has links)
Typischerweise sind Plasmen extrem heiß - diese hohen Energien sind nötig, um die Ionisationsschwelle der Atome zu überwinden und damit einen stabilen Plasmazustand zu gewährleisten. Folglich werden die physikalischen Eigenschaften dieser Plasmen für gewöhnlich durch die thermischen Energie der Plasmateilchen bestimmt, während Korrelationen zwischen den Ladungen eine untergeordnete Rolle spielen. Durch die rasanten Fortschritte auf dem Gebiet der ultrakalten Gase ist es jedoch ebenso möglich, Plasmen bei extrem tiefen Temperaturen zu erzeugen, indem lasergekühlte Atome photoionisiert werden. In diesen ultrakalten Plasmen (UKP) lassen sich aufgrund der niedrigen Temperaturen bereits deutliche Auswirkungen von Korrelationen beobachten, die zu gänzlich anderer Dynamik führen können als aus dem Bereich der heißen schwach gekoppelten Plasmen bekannt. Ähnliche Prozesse werden auch in dichten Plasmen beobachtet, in denen durch extrem kurzen Teilchenabstände die Wechselwirkungsenergie auch bei Temperaturen von über 10000 Kelvin die kinetische Energie dominiert. Dichte Plasmen spielen eine wichtige Rolle für technische Anwendungen wie die Trägheitsfusion. Im Gegensatz zu diesen dichten Plasmen realisieren UKP starke Korrelationen jedoch bei sehr viel geringen Dichten von ρ ∼ 10^9 cm^{−3} . Die daraus resultierende langsame Dynamik ist experimentell wesentlich besser zugänglich und macht diese System deshalb besonders interessant, um Korrelationseffekte in stark gekoppelten Plasmen zu studieren. Diese Arbeit beschäftigt sich mit Effekten von starken Korrelationen auf verschiedene Relaxationsprozesse, die insbesondere, aber nicht ausschließlich in UKP eine bedeutende Rolle spielen. Neben dem fundamentalen Interesse an diesen Prozessen gilt ein Augenmerk auch möglichen experimentellen Tests der getroffenen Vorhersagen. Da die Theorie der schwach gekoppelten Plasmen Korrelationen größtenteils vernachlässigt, ist sie im Regime der UKP nur eingeschränkt anwendbar. Zur Berücksichtigung der starken Korrelationen werden in dieser Arbeit umfangreiche molekulardynamischen Simulationen eingesetzt, die teilweise mit quantenmechanischen Beschreibungen kombiniert werden, um den in UKP relevanten atomphysikalischen Aspekten gerecht zu werden. Im Rahmen dieser Rechnungen wird zunächst die seit langem ungeklärte Frage der Atombildung bei tiefen Temperaturen beantwortet. Dieser Prozess ist für UKP besonders relevanten, da die Rekombination die Lebensdauer des Plasmas bestimmt. Die konventionelle Theorie für Rekombination basiert auf der Annahme von von isolierten Drei-Körper-Stößen. Die daraus resultierende Rate divergiert mit abnehmender Temperatur und verliert daher ihre Gültigkeit im ultrakalten Bereich. In dieser Arbeit wird die Beschreibung der Rekombination mit Hilfe aufwendiger Vielteilchen-Simulationen auf den stark gekoppelte Bereich ausgebaut. Hierbei zeigt sich, dass die Rekombinationsrate im Bereich tiefer Temperaturen auf einen konstanten Wert konvergiert, so dass das Problem der divergierenden Rate gelöst werden kann. Ein weiteres, seit langem kontrovers diskutiertes Problem, stellt die Relaxation aufgrund von elastischen Stößen in stark gekoppelten Plasmen dar. Auch hier gilt, dass die konventionelle Theorie für heiße Plasmen, die auf Landau und Spitzer zurückgeht, aufgrund der Vernachlässigung von Korrelationen im Regime starker Kopplung unzureichend wird. Bisher waren keine experimentellen Ergebnisse verfügbar, um die verschiedenen Vorschläge zur Erweiterung der Landau-Spitzer-Beschreibung auf den stark gekoppelten Bereich zu beurteilen. In enger Zusammenarbeit mit der Gruppe von Prof. T. C. Killian (Rice University, Houston, USA) können im Rahmen dieser Arbeit nun erstmals Relaxationsraten in stark gekoppelten Plasmen gemessen werden. Dazu wird mittels eines Pump-Probe-Verfahren die Relaxation der ionischen Geschwindigkeitsverteilung in UKP beobachtet. In dieser Arbeit konnte eine Methode zur Interpretation der experimentellen Daten entwickelt und durch semiklassische Simulationen der Parameterbereich enorm erweitert werden. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Landau-Spitzer-Theorie bereits bei geringen Kopplungsstärken deutliche Defizite aufweist und liefern erstmalig Vorhersagen im stark gekoppelten Bereich. Bei der Untersuchung der ionischen Relaxation wird deutlich, dass insbesondere experimentelle Ergebnisse bei hohen Kopplungsstärken von Interesse sind. Derzeit sind typische UKP-Experimente jedoch auf mäßige Kopplungsstärken limitiert. Ursache hierfür ist, dass das Plasma in einem Zustand weit entfernt vom Gleichgewicht erzeugt wird. Bei der Relaxation ins Gleichgewicht kommt es zu einer Ausbildung von Korrelationen und damit zu einer Umwandlung von potentieller in kinetische Energie. In dieser Arbeit wird deshalb ein neues Plasmaherstellungsverfahren vorgeschlagen, das für die Ionen dieses „Korrrelationsheizen“ stark unterdrücken kann. Durch eine kollektive Anregung kalter Atome in Rydberg-Zustände werden vor der Photoionsation der Atome Korrelationen im atomaren Gas induziert. Es wird gezeigt, dass diese Korrelationen durch eine selektive Ionisation der Rydberg-Atome mit Hilfe von Mikrowellen an das Plasma weitergegeben werden können. Dadurch verringert sich das Korrelationsheizen und eröffnet neue Perspektiven für Untersuchungen ultrakalter Plasmen tief im stark gekoppelten Regime.

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