Im Rahmen der Dissertation wurden Komplexe Intermetallische Phasen (KIP) in den Systemen Ag-Mg und Ag-Ga-Mg dargestellt und charakterisiert. KIP sind Verbindungen, die sich grundlegend von einfachen Metallen unterscheiden. Große Elementarzellen, ein hierarchisch strukturierter Aufbau und inhärente Fehlordnung sind wesentliche Charakteristika. Empirisch wird zudem eine Häufung von strukturchemisch verwandten KIP (Ähnlichkeitsregel) in der Nähe von definierten Zusammensetzungen beobachtet (Häufungsregel). Obwohl nur wenig über die physikalischen Eigenschaften dieser Verbindungsklasse bekannt ist, zeigen neueste Untersuchungen, dass sie interessante Eigenschaften wie ungewöhnliches plastisches Verhalten und Pseudo-Bandlücken in der elektronischen Zustandsdichte in Höhe der Fermi-Energie aufweisen können. Diese Arbeit zeigt exemplarisch, dass in der Chemie der KIP durchaus einfache Regeln (Häufungs-, Ähnlichkeits-, Valenzelektronenkonzentrationsregel) genutzt werden können, um neue Verbindungen mit vorgegebenen geometrischen Baueinheiten aufzufinden. Vereinfachende Annahmen, wie die Aussage, dass zweikomponentige Mackay-Cluster keine Fehlordnung aufweisen oder dass ein Mackay-Cluster maximal 92 Valenzelektronen enthält, erwiesen sich hingegen als falsch. Die Untersuchungen haben gezeigt, dass eine Kombination verschiedener Synthesemethoden notwendig ist. Insbesondere hat sich das Schmelzspinnverfahren, das zur Darstellung kristalliner magnesiumreicher Legierungen angewandt und modifiziert wurde, bei der phasenreinen Synthese der Verbindungen bewährt. Die Entwicklung von Spritzdüsen aus Tantal ermöglichte die kontaminationsfreie Verarbeitung der Mg-haltigen Legierungen. Die Bestimmung der Kristallstrukturen inklusive der Fehlordnungsphänomene war für das Verständnis der Stabilität der KIP entscheidend. Da häufig zwischen verschiedenen Modellen zur Beschreibung der Fehlordnung entschieden werden musste, waren neben präzisen Beugungsdaten genaue Untersuchungen der Präparate mittels chemischer Analytik, Metallographie und WDX hinsichtlich der Zusammensetzung aller Phasen erforderlich. Der magnesiumreiche Teil des binären Phasendiagramms Ag-Mg wurde neu bestimmt. Dabei wurden zwei bislang unbekannte Phasen dargestellt. Die fünf magnesiumreichen Phasen kristallisieren innerhalb eines schmalen Bereichs von nur 9 At.-% Mg. Die Kristallstrukturen dieser Phasen wurden unter besonderer Berücksichtigung der Fehlordnungsphänomene untersucht. Die Verbindungen sind strukturchemisch verwandt und lassen sich den I3-Cluster-Phasen zuordnen. Ag2Mg5 kristallisiert ohne Fehlordnung im Al5Co2-Typ. Die Kristallstrukturen von Ag7Mg26 und Ag17Mg54 lassen sich als fcc bzw. bcc Anordnungen von Mackay-Clustern beschreiben. Es handelt sich um die ersten bekannten binären Phasen, in denen innerhalb von isolierten Mackay-Clustern Substitutionsfehlordnung auftritt. AgMg4 kristallisiert hexagonal in einem eigenen Strukturtyp. Das I3-Cluster-Netzwerk füllt den gesamten Raum bis auf einen annähernd zylindrischen Bereich um 0, 0, z, in dem eine Atom-Split-Position aus drei Lagen vorliegt. Lokal liegen drei unterschiedliche Koordinationspolyeder vor, deren Stapelabfolge in der Kristallstruktur von AgMg4 zufällig ist, jedoch mit kurzreichweitiger Korrelation. Es konnte gezeigt werden, dass sich AgMg4 in eine Tieftemperaturphase umwandelt, in der die Polyeder vermutlich langreichweitig unter Bildung einer Überstruktur ordnen. Der Phasenbestand des ternären Systems Ag-Ga-Mg wurde untersucht und die Kristallstrukturen von sechs neuen Phasen bestimmt. Des weitern wurde eine Verbindung im System Ga-Mg-Pd charakterisiert. Anhand der Strukturtypen Al3Ir und Cu3P sowie den Verbindungen Ag0,55Ga0,45Mg3, Ga4,62Mg13,38Pd7 und Ag1,31Ga1,89Mg7,80 wurde gezeigt, wie die Variation von Strukturmotiven durch geringe Abweichungen von idealer Symmetrie zu zunehmend komplexeren Kristallstrukturen führt, die sich stets von Packungen des Edshammarpolyeders ableiten lassen. Drei ternäre Phasen vom I3-Cluster-Typ konnten identifiziert werden: Neben ternären Varianten der Phasen Ag7Mg26 und Ag17Mg54 kristallisiert Ag0,59Ga0,41Mg2 metastabil im NiTi2-Typ. In den strukturchemisch verwandten Phasen Ag6Ga12Mg11 und Ag21Ga74Mg44 bilden die Mg Atome Netzwerke mit Clatrath-II- bzw. Clatrath-IV-Topologie, die mit Ikosaedern und Frank-Kasper-Polyedern aus Ag und Ga gefüllt sind. Diese Phasen werden wahrscheinlich durch das e/a-Verhältnis der gesamten Struktur im Sinne einer Hume-Rothery-Regel stabilisiert.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:24048 |
Date | 16 November 2007 |
Creators | Kudla, Christian |
Contributors | Kniep, Rüdiger, Ruck, Michael, Harbrecht, Bernd |
Publisher | Technische Universität Dresden |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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