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Konzepte zur ionischen Modifizierung von Brombutylkautschuk mit polyionischen Flüssigkeiten zur Herstellung von selbstheilenden Materialien

Elastomere werden während ihrer Lebensdauer meist mechanisch und thermisch besonders stark beansprucht. Dadurch sind sie einem hohen Verschleiß und einer Abnutzung ausgesetzt, die zum Versagen des Materials führen. Dabei können schwerwiegende Folgen für Maschine und Mensch entstehen. Eine elegante Möglichkeit diesen Erscheinungen entgegenzuwirken bietet die Entwicklung von selbstheilenden Materialien. Durch reversible Vernetzungen können Mikro- und Makrorisse verschlossen und die Lebensdauer von elastomeren Werkstoffen erheblich gesteigert werden. Eine mögliche reversible Vernetzung ist die Bildung ionischer Cluster. Die in den letzten Jahren mehr und mehr in den Fokus gerückten polyionischen Flüssigkeiten (PIF) bieten, aufgrund ihres hohen Anteils an ionischen Gruppen (meist in jeder Wiederholeinheit), eine gute Voraussetzung für eine ionische Modifizierung von Elastomeren.

Ziel dieser Arbeit war es in kommerziell erhältlichem Brombutylkautschuk (BIIR) durch Modifizierung mit polyionischen Flüssigkeiten (PIF) selbstheilende Eigenschaften hervorzurufen. Dabei sollte die Reversibilität der ionischen Clusterbildung ausgenutzt werden. Aufgrund des zu erwartenden großen Einflusses der Beweglichkeit der ionischen Komponente wurden drei unterschiedliche Konzepte verfolgt, bei denen die Mobilität der PIF-Phase durch Reaktionen mit der BIIR-Matrix im unterschiedlichen Maße eingeschränkt wurde. Zum einen wurde der BIIR reaktiv mit PIF geblendet, sodass sowohl kovalente als auch nichtkovalente Vernetzungen erfolgten (Konzept 1). Nach diesem Konzept ist die Mobilität der ionischen Gruppen stark begrenzt. In einem weiteren Konzept erfolgte eine einseitige Pfropfung von PIF an den BIIR (Konzept 2). Dadurch wurde eine kovalente Vernetzung vermieden und die Beweglichkeit der PIF nur leicht eingeschränkt. Weiterhin erfolgte nach Konzept 3 ein nichtreaktives Blenden mit PIF, wodurch die freie Beweglichkeit der PIF-Phase gewährleistet war. Dafür war vorgesehen den BIIR zunächst mit niedermolekularen Alkylimidazolen ionisch zu modifiziert. Dadurch sollten alle reaktiven Stellen im BIIR blockiert und die Kompatibilität mit der PIF erhöht werden.

Als Blendkomonenten wurden drei unterschiedliche PIF synthetisiert. Neue PIF (A Serie) konnten über polymeranaloge Umsetzungen von Poly(butadien-co-maleinsäureanhydrid) hergestellt werden. Hierzu wurden zunächst die Anhydridgruppen des Polymers mit 1,(3 Aminopropyl)imidazol und dann in einem zweiten Schritt mit Alkylbromid umgesetzt. In einer weiteren Serie (B-Serie) wurde Polyvinylimidazol mit Alkylbromid umgesetzt. Beide Synthesemethoden haben den Vorteil, dass durch variable Umsetzung mit verschiedenen Alkylbromiden bzw. durch Co-Umsetzung mit Alkylamiden (A-Serie) sowie durch Ionenaustausch das Eigenschaftsniveau in weitem Maße variiert und dem entsprechenden Anwendungsfall angepasst werden kann. Insbesondere konnten durch Teilumsetzung Proben erhalten werden, welche reaktive Gruppen besitzen, die für die kovalente Bindung mit BIIR geeignet waren.

Bei einer weiteren Serie (C-Serie) erfolgte die Synthese über eine Stufenwachstumsreaktion eines AB Monomers. Hierbei stand im Mittelpunkt inwieweit ein gerichteter Kettenaufbau erfolgt. Das war insofern wichtig, da diese Monomere für die einseitige Pfropfung mit BIIR vorgesehen waren, bei der eine kovalente Vernetzung vermieden wird. Durch MALDI-TOF-Untersuchungen konnte dieser gerichtete Kettenaufbau nachgewiesen werden.
Die mechanischen Eigenschaften der nach den drei Konzepten hergestellten Blends wurden mit DMA-Untersuchungen und Zug-Dehnungsexperimenten ermittelt. Vergleichend wurde ein konventionell mit Schwefel vernetzter BIIR herangezogen. Besonders gute mechanische Eigenschaften wurden mit den Blends nach Konzept 2 und 3 erreicht, welche vergleichbar und teils deutlich besser waren als der schwefelvernetzte BIIR. Nach diesen beiden Konzepten erfolgte die Vernetzung ausschließlich über die Bildung ionischer Cluster. Diese reversiblen Bindungen sorgen für eine starke Vernetzung des BIIR die vergleichbar bzw. stärker ist als die kovalenten Bindungen mit Schwefel. Eher schlechte mechanische Eigenschaften konnten für die Blends nach Konzept 1 beobachtet werden. Die kovalenten Verknüpfungen über die PIF sorgen für eine relativ lose und weitmaschige Vernetzung des BIIR. Die ermittelten Vernetzungsdichten sind deutlich niedriger im Vergleich zum schwefelvernetzten BIIR. Die zusätzlichen reversiblen Vernetzungspunkte durch die ionische Clusterbildung wirken sich aufgrund der eingeschränkten Mobilität schwächer aus als in den anderen Konzepten.

Neben den hergestellten Blends wurden auch die ionisch modifizierten BIIR-Proben separat untersucht. Diese zeigten besonders bei der Verwendung von kurzkettigen Alkylimidazolen herausragende mechanische Eigenschaften. Die Ursache dafür liegt vermutlich in der Bildung von stärkeren und kompakteren ionischen Clustern.

Für die Testung der Selbstheilungseigenschaften wurden an zerschnittenen und geheilten Probekörper Zugversuche durchgeführt und mit den Werten der unbehandelten Probekörper verglichen. Um eine reproduzierbare Probenvorbereitung zu gewährleisten, wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Schneidevorrichtung entwickelt, in der die Heilungsversuche unter gleichen Bedingungen durchgeführt werden konnten.

Gute Selbstheilungseigenschaften konnten für die Blends nach Konzept 3 beobachtet werden. Die vorherige Modifizierung des BIIR mit längeren Alkylimidazolen wirkte sich dabei besonders vorteilhaft auf die Heilung der Proben aus. Ebenfalls sehr gute Heilungsraten konnten für die Blends nach Konzept 1 ermittelt werden. Jedoch zeigt diese Art der Modifizierung aufgrund der geringen mechanischen Stabilität das geringste Potential für mögliche industrielle Anwendungen. Für die Blends nach Konzept 2 wurden eher schlechte Heilungsraten ermittelt. Die ausschließlich ionisch modifizierten Proben zeigten die mit Abstand beste Selbstheilung, wobei die Verwendung von langkettigen Alkylimidazolen für die Heilung vorteilhaft ist. Im Vergleich mit aus der Literatur bekannten elastomeren Materialien konnten deutlich bessere Bruchspannungen für geheilte und unbehandelte Probekörper erreicht werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass über die ionische Modifizierung von BIIR nach den drei vorgestellten Konzepten Materialien mit sehr guten mechanischen Eigenschaften und herausragender Selbstheilung hergestellt werden konnten. Es zeigte sich, dass diese Eigenschaften eng mit der Mobilität der für die reversible Vernetzung verantwortlichen ionischen Gruppen verknüpft sind. Der Vergleich mit einem konventionell schwefelvernetzten BIIR zeigte, dass die physikalische Vernetzung über die Bildung von ionischen Clustern (Konzept 2 und 3) vergleichbar bzw. stärker ist. Weiterhin sind diese Materialien rezyklierbar, da bei höheren Temperaturen ein Schmelzen durch Auflösen der ionischen Cluster zu erwarten ist. Diese Verbesserungen gegenüber dem schwefelvernetzten BIIR zeigen deutlich das Potential dieser Materialen für mögliche Anwendungen in der Industrie.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:30103
Date16 December 2016
CreatorsSuckow, Marcus
ContributorsVoit, Brigitte, Kaiser, Alexander, Technische Universität Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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