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Charakterisierung der Diversität von Mikroorganismen im Nationalpark “Unteres Odertal”

Gewässersedimente stellen für den Stoffkreislauf ein wichtiges Ökosystem dar. Durch die Stoffwechselleistungen einer komplexen mikrobiellen Lebensgemeinschaft wird sowohl das Sediment selbst, sein Interstitialwasser, das überstehende Freiwasser als auch die Atmosphäre und die darin lebenden Mikro- und Makroorganismen beeinflusst. Die grundlegenden chemischen Prozesse im Sediment sind bereits gut untersucht. Auch sind die mikrobiellen Großgruppen im Sediment bekannt. Im Hinblick auf die Diversität der Mikroorganismen, insbesondere in Süßwassersedimenten, gibt es noch Forschungsbedarf.
Das Auengebiet des Nationalparks „Unteres Odertal“ stellt durch seine jährlich kontrollierten Flutungen ein interessantes und wegen seiner Vielfalt verschiedenartiger Gewässertypen einen idealen Ort zur Untersuchung mikrobieller Biozönosen in Gewässersedimenten dar.
Ziel dieser Arbeit war es, eine erste Charakterisierung der mikrobiellen Biozönose in den Gewässersedimenten des Auennationalparks „Unteres Odertal“ durchzuführen und mit den Ergebnissen der Talsperre Saidenbach und der Elbaue bei Dornburg zu vergleichen. Hierfür kam ein breites Spektrum an Methoden zum Einsatz, das klassische mikrobiologische Methoden und molekularbiologische Techniken umfasste. Die Analysen sollten dabei über mehrere Jahre hinweg erfolgen, um die Variabilität der mikrobiellen Populationen in Abhängigkeit von sich ändernden Umweltparametern zu erfassen.
Die Charakterisierung der Umweltparameter erfolgte durch Messungen chemisch-physikalischer Parameter im Freiwasser, Sediment und seinem Interstitialwasser. Die untersuchten Probenahmestellen unterschieden sich in ihren chemischen Profilen. Damit waren Unterschiede in der mikrobiellen Zusammensetzung dieser Probenahmestellen zu erwarten.
Die Identifizierung und Quantifizierung der Prokaryoten mittels CARD FISH wies auf eine hohe Abundanz von Alpha- und Beta-Proteobakterien sowie Bacteroidetes, Planctomycetes, Verrucomicrobia und Chloroflexi in den Proben des Odertals hin. Die Proben Dornburgs wurden von Planctomyceten und die Proben des Haselbachs von Alpha-Proteobakterien oder Verrucomicrobien dominiert. Obwohl die Hybridisierbarkeit der Proben gut war, wurde mit den angewendeten Sonden in der Summe weniger als 50 % der Gesamtzellzahl erfasst.
Die Anwendung der ARISA Methode zeigte strukturelle Unterschiede zwischen den untersuchten Proben in Abhängigkeit von der Sedimenttiefe und dem Probenahmemonat. Die größte Ähnlichkeit besaßen die Biozönosen des Anglerteichs und des Bogengrabens. Ein Einfluss der Flutung auf die Zusammensetzung der mikrobiellen Biozönose konnte deutlich gezeigt werden.
Die Identifikation der Eubakterien in den Proben des Odertals durch die Erstellung von 16S rDNA Eubakterien Klonbanken ergab eine Dominanz der Beta-Proteobakterien und Bacteroidetes und wies auf die Bedeutung der Delta-Proteobakterien hin. Die eubakterielle Lebensgemeinschaft im Haselbach wurde von Alpha-Proteobakterien und Acidobakterien dominiert. Variabilitäten im Zusammenhang mit dem Probenahmedatum und der Flutung des Odertals konnten gezeigt werden. Die größte eubakterielle Biodiversität wurde im Sediment der Oder-Zollstation (April 2007) geschätzt.
Die Anwendung der Pyrosequenzierung ergab eine hohe Biodiversität in allen Proben und bestätigte die Dominanz der Beta-Proteobakterien im Anglerteich. Im Bogengraben dominierten die Delta-Proteobakterien knapp vor den Beta-Proteobakterien. In der Oder waren neben den Beta-Proteobakterien die Bacteroidetes abundanter. Die genannten Taxa dominierten auch die Bibliotheken der Talsperre Saidenbach. Die höchste Biodiversität wurde für die Bibliothek des Bogengrabens angegeben, dessen Lebensgemeinschaft die meisten Gemeinsamkeiten mit der Bibliothek des Anglerteichs aufwies.
Sulfatreduzierende Bakterien (SRB) wurden durch die Sequenzierung von Klonbanken und die Anwendung der Fingerprintmethoden T-RFLP und DGGE charakterisiert. Die hohe Biodiversität der SRB konnte je nach erstellter Klonbank unterschiedlich gut beschrieben werden. Neben zahlreichen nicht identifizierbaren Vertretern waren Desulfobacterales und Clostridiales abundant. Die größte Diversität wurde wiederum in der Bibliothek des Bogengrabens nachgewiesen. Die Zusammensetzung der SRB in den Klonbanken variierte in Abhängigkeit der Parameter gelöster reaktiver Phosphor (SRP), organische Substanz, DOC und Nitrat. Mit T-RFLP und DGGE konnte eine sedimenttiefenabhängige Variabilität der SRB festgestellt werden, die sich zwischen den Proben Anglerteich und Bogengraben am meisten glich. Mit der DGGE erfolgte eine erste zeitabhängige Untersuchung, die deutlich verschiedene Biozönosen zwischen der Talsperre Saidenbach und den Proben des Nationalparks „Unteres Odertal“ zeigte. Das enorm hohe Bandenspektrum erschwerte die Analyse der zeitlichen Variabilität.
Die Nitrat-Stickstoffkonzentrationen waren in den Sedimenten mit zunehmender Tiefe unverändert niedrig, was sich in einer mit T-RFLP untersuchten niedrigen Diversität der Denitrifikanten wiederspiegelte, die nur wenige vertikale oder zeitliche Varianzen zeigten.
Die Anwendung von Kultivierungsversuchen ermöglichte die Isolation und eine erste Charakterisierung von Cyano- und Eisenbakterien. Insbesondere fädige Cyanobakterien der Gattungen Leptolyngbya, Nostoc und Pseudanabaena wiesen ein interessantes Sekundärmetabolitspektrum auf. Die Untersuchung erster Extrakte (Firma Cyano Biotech) wies auf biologisch aktive Substanzen hin.
Die Untersuchung hygienisch relevanter Mikroorganismen zeigte ein höheres Vorkommen coliformer Bakterien im Sediment der Oder-Zollstation als im Anglerteich oder Bogengraben.
Neben den Eubakterien wurde die Lebensgemeinschaft der Archaea durch Sequenzierung generierter Klonbanken identifiziert sowie die vertikale und temporale Variabilität ihrer Struktur untersucht (T-RFLP, DGGE). Die für aquatische Sedimente vergleichsweise hohe archaeale Diversität unterschied sich enorm zwischen den Klonbibliotheken. Die höchste Diversität wurde in der Klonbank der Probe Dornburgs festgestellt, die neben Vertretern des „Rice Clusters V“ (RC-V) überwiegend aus Crenarchaea bestand. RC-V Archaea dominierten, bis auf die Oder-Zollstation, alle generierten Bibliotheken. Methanogene Archaea waren besonders abundant in der Bibliothek der Oder-Zollstation (Methanomicrobiaceae, Methanosaetaceae) und des Haselbachs (Methanospirillaceae). Einflussnehmende Umweltfaktoren waren Sulfat (Dornburg), Nitrat (Entnahmestelle), DIC (Anglerteich), Sauerstoff (Haselbach) und Ammonium (Oder-Zollstation). Die T-RFLP Analyse zeigte die methanogenen Archaea Methanosarcinales/Methanomicrobiales (Msm) als besonders abundant an. Eine erwartete tiefenabhängige Varianz konnte mit T-RFLP gezeigt werden. Die Unterschiede zwischen den Probenahmestellen waren jedoch deutlicher und zeigten anhand der DGGE Analyse ein breiteres Msm Bandenspektrum für den Anglerteich und Bogengraben im Vergleich zur Oder-Zollstation und zum Haselbach. Die zeitabhängige Variabilität der Archaea und Msm konnte mit T-RFLP und DGGE gezeigt werden. Der Einfluss der Flutung war im Vergleich zu allen anderen Probenahmedaten nicht so ausschlaggebend wie erwartet.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse eine hohe Biodiversität der Mikroorganismen im Nationalpark Unteres Odertal. Die Flutung hatte insbesondere auf die Eubakterien einen großen Einfluss. Zeitliche Variabilität der Zusammensetzung der Lebensgemeinschaften der Prokaryoten lässt sich im Odertal nicht mit einer Jahreszeit in Zusammenhang bringen. Hingegen sind die mikrobiellen Biozönosen im Haselbach nachweislich von den wechselnden Zirkulationsphasen beeinflusst.
Die hier verwendeten Methoden sind zur Charakterisierung mikrobieller Biozönosen in der Umweltmikrobiologie weit verbreitet. Die Anwendung der neuen Pyrosequenzierungsmethode ermöglichte trotz enormer Anzahl analysierter Sequenzen keine vollständige Erfassung der hohen Biodiversität, aber durch das Fehlen des Klonierungsschrittes wurde eine Fehlerursache in der Darstellung der realen Biozönose ausgeschlossen. Unstimmigkeiten in den Ergebnissen der verschiedenen Experimente beruhen meist auf methodischen Limitationen. Die DNA Isolationsmethode, die Vorauswahl von Primern, die bevorzugte Amplifikation, die allen PCR-basierten Methoden zu Grunde liegen, verschieben die reale Darstellung der Struktur einer Biozönose. Die fehlende Aussagekraft über die Aktivität der Mikroorganismen durch DNA basierte Analysen kann durch die Beobachtung der zeitlichen Änderungen ihrer Abundanz reduziert werden. Erste einflussnehmende Umweltparameter konnten ermittelt werden. Zusätzliche Analysen weiterer Elektronenakzeptoren über einen längeren Zeitraum sind jedoch nötig, um eine hinreichend sichere Aussage treffen zu können.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:14-qucosa-63999
Date10 January 2011
CreatorsScheer, Maria
ContributorsTechnische Universität Dresden, Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften, Prof. Dr. rer. nat. habil. Isolde Röske, Prof. Dr. rer. nat. habil. Isolde Röske, Prof. Dr. rer. nat. habil. Ulrich Szewzyk
PublisherSaechsische Landesbibliothek- Staats- und Universitaetsbibliothek Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
Languagedeu
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis
Formatapplication/pdf

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