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Entwicklung eines Modells zur biomechanischen Untersuchung verschiedener Osteosynthesesysteme am Os scaphoideum

Die Kahnbeinfraktur ereignet sich als die häufigste Fraktur innerhalb der Handwurzelknochen. Als Pathomechanismus wird hauptsächlich der Sturz auf die nach dorsal hyperextendierte ulnar abduzierte Hand angesehen. Bei rechtzeitiger Diagnose und sofortiger Intervention lassen sich sehr gute Heilungsergebnisse erzielen und eine Pseudarthrosebildung verhindern. Für die akute dislozierte B2-Fraktur nach Herbert hat sich die intraossäre Fixation als bewährtes Behandlungs-verfahren etabliert. In der Klinik stehen dafür eine Vielzahl von intraossären Schrauben zur Verfügung, die sich in ihren technischen Eigenschaften teilweise stark unterscheiden. Ziel dieser Arbeit ist die Entwicklung eines biomechanischen Versuchsaufbaues, das im experimentellen Vergleich verschiedener Osteosynthese-verfahren am Os scaphoideum Anwendung finden soll. Die experimentell ermittelten Ergebnisse ermöglichen eine Aussage über die Primärstabilität, die allein durch die Verankerung des Implantats im Knochen erreicht wird.
In der hier vorliegenden in vitro Studie wurden sechs unversehrte anomaliefreie humane Kahnbeine der Hand, gestellt durch das Institut für Anatomie der Universitätsklinik Leipzig, vollständig von Bändern und umgebenden Weichteil-gewebe befreit. Zur Vermeidung eines Positionsverlustes beider Fragmentenden erfolgte zunächst die Osteosynthese durch Insertion einer Herbertschraube und anschließend die Osteotomie mittels oszillierender Knochensäge im Sinne einer nicht-dislozierten Fraktur im mittleren Drittel.
Die verwendete Herbertschraube der Firma Martin® war 21 mm lang und zählt zu den Standardimplantaten. Sie verfügt über zwei endständige Gewinde, die sich in Durchmesser und Gewindesteigung jeweils unterscheiden. Über einen Führungs-draht kann eine exakte Positionierung des kanülierten Implantats erreicht werden. Durch selbstbohrende und selbstschneidende Eigenschaften wird eine regelrechte Schraubenimplantation bei nur minimaler Knochensubstanzreduktion ermöglicht.
Die Knochen-Implantat-Verbindung wurde zweizeitig unter penibler Aussparung des Frakturspaltes in je 2 kubische eiserne Pfannen mit den Abmaßen 2,0 cm x 2,0 cm x 2,0 cm geklebt. Hierfür diente Sikadur®-31 CF Normal, ein lösemittelfreier, thixotroper Zweikomponentenkleber auf Epoxidharzbasis. In Zusammenarbeit mit der HTWK Leipzig erfolgte nach vollständiger Aushärtung der gesamten Testeinheit die Einspannung und Ausrichtung in die elektromechanische Prüfmaschine vom Typ LFM-H der Firma Walter + Bai AG. Zur Datenerhebung diente eine in den Versuchs-aufbau eingebrachte Kraftmessdose, die nach Einspannung des Testobjektes kalibriert wurde. An den beiden Eisenpfannen wurden zwei Branchen des Wegmess-systems platziert. Der Weg wurde als Regelgröße festgelegt. Die drei Kanäle speicherten 1-Zeitwerte, 2- Kraftwerte und 3- Wegwerte.
Wichtige Kriterien für das Design einer biomechanischen Studie sind das Einhalten standardisierter Bedingungen und die Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Nach Abschluss der Vorversuche und Auswertung der Ergebnisse ergaben sich folgende Erkenntnisse:

1) Zyklisch eingeleitete Kraft in Form von sinusförmigen Schwingungen ermöglichen eine standardisierte Verifizierbarkeit der Ergebnisse. Innerhalb dieser Studie wurde die Frequenz der wechselnden Belastungsrichtung auf 0,5 Hz festgelegt. Ein Belastungzyklus umfasste 100 sinusförmige Schwingungen.
2) Die Krafteinleitung soll über einen definierten Weg geschehen, damit Stadien vor dem definitiven Implantatversagen erfasst werden können.
3) Nach Abschluss eines Belastungszyklus soll die Auslenkung auf das nächsthöhere Belastungsniveau um einen definierten Weg erfolgen. Aus den Erkenntnissen des letzten Vorversuches profitierend wurde eine Auslenkungs-erhöhung um je 10 µm festgelegt.
4) Für die experimentelle Testung der Primärfestigkeit zwischen Os scaphoideum und intraossärem Implantat empfiehlt sich neben der exakten Schraubeninsertion eine Ausrichtung des Testkörpers entsprechend der Krafteinleitung, da somit ein Entstehen von Momenten innerhalb der Knochen-Implantat-Verbindung verhindert werden kann.
5) Damit in der biomechanischen in vitro Testung nur die Primärfestigkeit zwischen Knochen und Implantat gemessen wird, sollten die Versuche auf Zugbelastungen beruhen. Die Analyse des Kraftflusses im Versuchsaufbau ergab, dass während der Druckbelastung teilweise Kräfte gemessen worden sind, die keine Aussage über die Festigkeit der Knochen-Implantat-Verbindung erlauben. Darüber hinaus erwiesen sich die Druckversuche sogar als Ursache für ein schneller voranschreitendes Implantatversagen.
6) Die Verwendung einer Prüfmaschine ist für die komplexe Testung und die Auswertung der Ergebnisse empfehlenswert.
7) Die klinische Übertragbarkeit ist auf Grund des nicht berücksichtigten anatomisch funktionellen Zusammenwirkens mit angrenzendem Weichteil-gewebe und Knochen eingeschränkt.

Biomechanische Untersuchungen zur Primärstabilität können bei der Auswahl des „idealen“ Implantats hilfreich sein. Der direkte experimentelle Vergleich verschiedener intraossärer Schrauben und die Analyse ihrer technischen Eigenschaften können dazu beitragen, dass bei der Wahl des Implantats bessere Heilungserfolge in der operativen Versorgung der Kahnbeinfraktur erzielt werden und dass sich somit das Risiko einer Pseudarthrosenbildung vermindert.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:15-qucosa-82392
Date14 February 2012
CreatorsMuschner, Anne
ContributorsUniverstität Leipzig, Medizinischen Fakultät der Unfall-, Wiederherstellungs- und Plastische Chirurgie, Prof. Dr. med. Christoph Josten, Dr. med. Ludwig Schütz, Prof. Dr. med. Uwe Eichfeld, PD Dr. med. Dirk Winkler
PublisherUniversitätsbibliothek Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
Languagedeu
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis
Formatapplication/pdf

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