Seit dem Ende des 19.Jahrhunderts hat sich die Lebenserwartung, hauptsächlich in der westlichen Welt, rasant verbessert (Weiland et al 2006). Moderne Behandlungstechniken und neu entwickelte Wirkstoffe haben es ermöglicht, die Überlebensdauer unheilbar Kranker, die ihren Leiden früher rasch erlegen wären, deutlich zu erhöhen (Stolberg 2011) .Allerdings leiden Palliativpatienten nach wie vor sehr oft unter der starken psychologischen Belastung ihrer Situation (Seeger 2011), darum soll, wo die Lebensquantität nicht weiter beinflussbar ist, wenigstens die Lebensqualität optimiert werden (Wasner 2002). Dieser Fokus auf Lebensqualität ist auch in der WHO-Definition von Palliativmedizin, hier in der Übersetzung der deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin, zu finden:
„Palliativmedizin/Palliative Care ist ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, welche mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen. Dies geschieht durch Vorbeugen und Lindern von Leiden durch frühzeitige Erkennung, sorgfältige Einschätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderen Problemen körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art.“
Im Unterschied zu den anderen medizinischen Disziplinen liegt der Fokus der Palliativmedizin nicht auf Heilung oder Lebenszeitverlängerung, weshalb bei der Beurteilung des Patientennutzens palliativmedizinischer Interventionen der Behandlungserfolg aus Patientensicht anstatt mittels klassischer klinischer Parameter evaluiert werden muss. Hierfür hat sich in entsprechenden Studien die Erhebung patientenbezogener Endpunkte (PRO = Patient Reported Outcomes) etabliert, welche den individuellen Gesundheitszustand eines Patienten aus dessen Sicht erfassen. Da der Begriff „Gesundheitszustand“ hier als gesamtumfassender Terminus zu verstehen ist, und neben dem physischen Wohl auch psychische und soziale Komponenten beinhaltet, wird als Endpunkt in palliativmedizinischen Untersuchungen häufig Lebensqualität gewählt (Stiel et al. 2012).
Zur Untersuchung von Lebensqualität bei Palliativpatienten wurden folge dem schon eine breite Anzahl an Studien durchgeführt. Hierbei ist die physische Komponente, respektive die Linderung körperlicher Symptome, durch das Verwenden von Symptomchecklisten vergleichsweise einfach zu erfassen. Der Einfluss psychosozialer und spiritueller Bereiche der Lebensqualität muss durch kompliziertere, individuelle Konstrukte wie den Lebenssinn erfasst werden. Verschiedene Studien mit Krebspatienten konnten bereits zeigen, dass Lebenssinn trotz ungünstiger gesundheitlicher Umstände stark ausgeprägt sein kann (Fegg et al. 2008a). Lebenssinn kann aber auch eine starke Ressource für die Fertigkeit kritische Lebenssituationen zu bewältigen darstellen. So kann ein sinnerfülltes Leben bei Tumorpatienten Depressionen und sogar dem Wunsch nach einem beschleunigten Tod präventiv entgegenwirken (Chochinov 2002, Chochinov et al. 2005c). Umgekehrt konnten Morita und Kollegen (2004) zeigen, dass ein subjektiv geringes Maß an Sinn positiv mit dem Wunsch nach aktiver Sterbehilfe korreliert.
Das Konstrukt Lebenssinn erhielt also in den letzten Jahren in der Forschung immer mehr Aufmerksamkeit, bis jetzt beschränkt sich die Sinnforschung im palliativen Bereich jedoch auf Befragungen zu einem Zeitpunkt. Von Interesse ist jedoch auch die dynamische Entwicklung der Sinnerfahrung im letzen Lebensabschnitt. Der Fokus dieser Studie liegt aus diesem Grunde auf den Veränderungen des Lebenssinns von Palliativpatienten im Verlauf des stationären Aufenthaltes auf einer Palliativstation. Dies wurde hier mit Hilfe des validierten Fragebogens SMiLE untersucht. / The aim of this study was to assess the changes in individual meaning in life (MiL) of palliative care inpatients during their hospitalization, and to estimate the effect of psychosocial interventions on these changes.
Methods
In this clinical observational study all Patients admitted to the palliative care ward at Julius-Maximilians-University Hospital, Wuerzburg, from January 2012 to April 2013 were eligible to participate. Participants were interviewed by a doctoral candidate with the help of the standardized questionnaire Schedule for Meaning in Life Evaluation (SMiLE) promptly after admittance on the ward (time of measurement 1) and close to their discharge from the ward (time of measurement 2). In the SMiLE patients are asked to list individual areas which they themselves consider to be of meaning to their life. Hereon they rate these areas by current meaning as well as satisfaction with each area. With the help of these data the researcher can now calculate indices of weighting (IoW, range 0-100), satisfaction (IoS, range 0-100) and the combined Index of weighted satisfaction (IoWS, range 0-100).
Results
88 Patients completed the SMiLE at both times of measurement. All of the observed SMiLE-indices show an increase between the two times of measurement. For the IoS (+7.4 ± 15.3; p<.001) as well as for the IoWS (+7.5 ± 16.2; p<.001) but not for the IoW this gain is significant. Family, leisure time, partner, well-being and friends are amongst the most often listed categories at both times of measurement. Altruism, Hedonism and finances are the most infrequent listed categories. Close to discharge, work was significantly (p=.003) less often listed than close to admittance. At both times participants were most satisfied with family (IoS1 92.8 ± 14.2; IoS2 95.0 ± 12.8) and least satisfied with health (IoS1 26.7 ± 33.0; IoS2 39.5 ± 28.1). Also with regard to weighting family scores highest to both times of measurement (IoW1 6.6 ± 0.7; 6.8 ± 0.4). The lowest values for weighting are reached by work (IoW1 4.7 ± 1.6; IoW2 3.1 ± 2.0). Between the two times of measurement the area family increases significantly in both, the Satisfaction (0.14 ± 0.51; p=.024) and the Weighting (0.16 ± 0.44; p=.002). The area well-being can also increase significantly between the two times in Satisfaction (1.05 ± 1.60, p=.007). Only one area, friends, is rated significantly lower in the Weighting at the second measurement (-0.39 ± 0.85; p=.030). However, no correlation has been found between the number or type of interventions and the changes in the SMiLE-Indices.
Conclusion
Meaning in life in palliative care patients can improve during their stay at a palliative care ward. Interpersonal relationships seem to play an outstanding role for the meaning in life in palliative patients. Furthermore, it is assumed that the overall setting on the palliative care ward helps the patients to improve overall life satisfaction.
Identifer | oai:union.ndltd.org:uni-wuerzburg.de/oai:opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de:13457 |
Date | January 2015 |
Creators | Früh, Jonas |
Source Sets | University of Würzburg |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doctoralthesis, doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
Rights | https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/doku/lic_mit_pod.php, info:eu-repo/semantics/openAccess |
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