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Bildgebende Fluoreszenzspektroskopie als Sensortechnologie für die Verwertung schwarzer Kunststoffe

Sekundärrohstoffe und darauf aufbauende Rohstoffkreisläufe erlangen, bedingt durch die Endlichkeit der Primärrohstoffe, steigende Preise und eine zunehmende Umweltbelastung durch fehlendes Recycling, eine immer stärkere Bedeutung in der nationalen und globalen Wirtschaft ein. Darüber hinaus wird die Notwendigkeit geschlossener Rohstoffkreisläufe auch politisch und gesellschaftlich durch die Forderung eines nachhaltigen Wirtschaftens abgebildet. Nicht zuletzt für die Einhaltung der Klimaschutzziele sind geschlossene Roh-stoffkreisläufe von entscheidender Bedeutung. Neben Metallen sind insbesondere Kunststoffe Materialien, die in eine ökonomische Wiederverwertung eingebracht werden können und sollten. Eine Vielzahl technischer Kunststoffe bestehen jedoch aus einem Materialmix verschiedener Kunststoffe und Additive und liegen somit als Komposite oder Hybridbauteile vor. Oftmals enthalten diese Kunststoffe einen Rußanteil zur Schwarzfärbung. Jedoch können gerade schwarze Kunststoffe kaum mittels klassischer optischer Methoden hinreichend genau klassifiziert werden. Trotz des hohen Materialwertes solcher technischen Kunststoffe sind diese daher derzeit nur teilweise oder gar nicht ökonomisch wiederverwertbar. Hauptgrund dafür ist, dass eine zuverlässig arbeitende Sensortechnologie zur Sortierung unterschiedlichster, aber insbesondere schwarzer Kunststoffmischungen nicht verfügbar ist.
Das Ziel dieses Promotionsvorhabens ist daher die Entwicklung und Evaluierung einer schnellen und zuverlässigen Erkennungstechnologie für die Klassifizierung schwarzer Kunststoffgemische mit hoher Genauigkeit (bis zu 99,9 %) und einem hohen Durchsatz. Die Basis dafür bildet die bildgebende Laser-Fluoreszenzspektroskopie in Kombination mit künstlicher Intelligenz. Insbesondere soll die zu entwickelnde Technologie die Sortierung kleiner Partikel ermöglichen, wie sie beispielsweise bei der Zerkleinerung von Kompositbauteilen anfallen.
Die Entwicklung der Methode zur Klassifizierung schwarzer Kunststoffe erfolgte anhand von zwölf Kunststoffklassen und wurde in drei Schritten durchgeführt. Zuerst wurden die Kunststoffe mit einer Reihe klassischer Spektroskopieverfahren untersucht. Einsatz der Raman-Spektroskopie deutete sich bereits an, dass die Kunststoffe teilweise eine Fluoreszenz aufweisen. Weitere Messungen der Fluoreszenz in Abhängigkeit der Anregungswellenlänge bestätigten dieses Verhalten und zeigten, dass für Anregungswellenlängen zwischen rund 500 nm und 600 nm die stärkste Fluoreszenz erhalten wird.
Im nächsten Schritt wurde ein Labordemonstrator entwickelt und evaluiert, um die grundlegende Machbarkeit der Methode nachzuweisen. Der Labord-emonstrator arbeitet mit einer Hyperspektralkamera für den sichtbaren und nahinfraroten Spektralbereich, einer zeilenförmigen Laseranregung und einer zusätzlichen nahinfrarot Beleuchtung. Die Nahinfrarotbeleuchtung ermöglicht dabei eine bessere Erkennung der Position und Form der Kunststoffpartikel, insbesondere wenn diese kein oder nur ein schwaches Fluoreszenzsignal aufweisen. Für die Versuche wurden zwei Laser mit einer Wellenlänge von 532 nm und 450 nm eingesetzt. Das entwickelte System wurde kalibriert und charakterisiert und anschließend wurden Messungen von schwarzen Kunststoffpartikeln aus 12 Kunststoffklassen durchgeführt und die erhaltenen Daten wurden für Klassifikationsversuche eingesetzt.
Bei diesen Klassifikationsexperimenten wurde die Gesamtgenauigkeit bei der Klassifikation aller zwölf Kunststoffklassen betrachtet und es erfolgte die Untersuchung unterschiedlicher Klassifikationsalgorithmen, unterschiedlicher Arten der Datenvorverarbeitung, sowie einer automatischen Optimierung der Hyperparameter der Klassifikationsalgorithmen. Die gleichzeitige Klassifikation aller 12 Kunststoffklassen ist im späteren Einsatz nicht relevant, da meist nur zwei bis drei Kunststoffarten gleichzeitig erkannt und sortiert werden müssen. Die durchgeführten Versuche dienten daher hauptsächlich dem grundsätzlichen Nachweis der Leistungsfähigkeit der Methode und dem Vergleich der unterschiedlichen Methoden des maschinellen Lernens und der Datenvorverarbeitung. Bei den betrachteten Klassifikationsalgorithmen handelt es sich um die Diskriminanzanalyse (DA), die k-Nächste-Nachbarn-Klassifikation (kNN), Ensembles von Entscheidungsbäumen (ENSEMBLE), Support Vector Machines (SVM) und Convolutional Neural Networks (CNN). Die Optimierung der Hyperparameter erfolgte durch zwei Verfahren: Random Search und Bayesian Optimization Algorithm. Es zeigte sich, dass die besten Klassifikationsgenauigkeiten für den CNN-, gefolgt von ENSEMBLE- und SVM-Algorithmus, erzielt werden können. Die höchste erhaltene Genauigkeit lag für den 450 nm Laser mit 93,5 % über der des 532 nm Lasers mit 87,9 %.
Um eine realistische Einschätzung der Klassifikationsgenauigkeit für die im Anwendungsfall auftretenden Mischungen aus zwei bis drei Kunststoffklassen zu erhalten, wurden auch 41 Kunststoffmischungen hinsichtlich ihrer Klassifizierbarkeit untersucht. Bei diesen 41 Mischungen handelt es sich um industriell relevante Kombinationen der zwölf betrachteten Kunststoffklassen. Für nahezu alle der industriell relevanten Kunststoffmischungen konnte die Klassifikationsgenauigkeit von > 99,9 % erreicht werden.
Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wurde daher im dritten Schritt der vorliegenden Arbeit das Sensorsystem für einen industrienahen Demonstrator für die Sortierung schwarzer Kunststoffpartikel unter anwendungsnahen Bedingungen entwickelt, aufgebaut und evaluiert. Der entwickelte industrienahe Demonstrator wurde kalibriert und charakterisiert und anschließend wurden erneut Messungen der schwarzen Kunststoffpartikel durchgeführt. Mit den erhaltenen Daten wurden anschließend erneut Klassifikationsmodelle trainiert, optimiert und validiert.
Die Ergebnisse der Klassifikationsversuche zeigen, dass die erhaltenen Genauigkeiten für das Demonstratorsystem geringer als für den Labordemonstrator ausfallen. Trotzdem konnte mit den besten Messparametern für fünf Mischungen, welche mit derzeitigen Methoden nicht sortierbar sind, eine sehr gute Klassifikationsgenauigkeit von > 99 % erreicht werden.
Insgesamt sind die mit dem entwickelten industrienahen Demonstratorsystem erhaltenen Ergebnisse sehr vielversprechend. Für viele industriell relevante Kunststoffmischungen konnte bereits eine ausreichend hohe Klassifikationsgenauigkeit demonstriert werden. Es ist abzusehen, dass der entwickelte industrielle Demonstrator, mit nur wenigen, aber sehr effektiven Hardwaremodifikationen, auch für die Sortierung vieler weiterer Kunststoffmischungen eingesetzt werden kann. Es wurde also erfolgreich ein System zur Erkennung und Klassifizierung schwarzer Kunststoffpartikel entwickelt, welches ein ökonomisch sinnvolles Recycling dieser Kunststoffe ermöglicht und damit signifikant zum Aufbau einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft beitragen kann.:Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis I
Abbildungsverzeichnis V
Tabellenverzeichnis XIII
Abkürzungsverzeichnis XX
Symbolverzeichnis XXIII
1 Einleitung 1
2 Theoretische Grundlagen 5
2.1 Stand der Technik des Kunststoffrecyclings 5
2.2 Kunststoffe 14
2.2.1 Eingesetzte Kunststoffe 15
2.2.2 Zusatzstoffe für Kunststoffe 17
2.2.3 Ökologische und Ökonomische Aspekte des Recyclings von Kunststoffen 18
2.3 Optische Spektroskopie 22
2.3.1 Grundlagen der Spektroskopie 22
2.3.2 Methoden der optische Spektroskopie 28
2.3.3 Hyperspektrale Bildgebung 30
2.3.4 Grundlagen zur Charakterisierung eines (Laser-)HSI Systems 32
2.4 Multivariate Datenanalyse 38
2.4.1 Datenvorverarbeitung, Datenreduktion und Explorative Datenanalyse 39
2.4.2 Klassifikationsalgorithmen 47
2.4.3 Hyperparameteroptimierung 61
2.4.4 Validierung von Klassifikationsverfahren 64
3 Experimentelle Durchführung 73
3.1 Untersuchte Kunststoffe 73
3.1.1 Eingesetzte Kunststoffgranulate 73
3.1.2 Kunststoffmischungen 74
3.2 Hardwarekonfiguration der entwickelten Laser-HSI-Systeme 76
3.2.1 Hardwarekonfiguration des Laser-HSI-Laborsystems 76
3.2.2 Hardwarekonfiguration des Laser-HSI-Demonstratorsystems 78
3.3 Eingesetzte Software und Computer-Hardware 80
3.3.1 imanto®Pro 80
3.3.2 Matlab® 81
3.3.3 Eingesetzte Computer-Hardware 81
3.4 Durchgeführte Messung mit den Laser-HSI-Systemen 82
3.4.1 Messung der schwarzen Kunststoffe mit dem Laser-HSI-Laborsystem 82
3.4.2 Messung der schwarzen Kunststoffe mit dem Laser-HSI-Demonstratorsystem 83
3.4.3 Verfügbarkeit der Daten 83
3.5 Spektroskopische Charakterisierung der Kunststoffproben 84
3.5.1 Fluoreszenz-Spektroskopie 84
3.5.2 Raman-Spektroskopie 84
3.5.3 Laser-HSI 85
4 Ergebnisse und Diskussion 88
4.1 Das Laser-HSI-Laborsystem 89
4.1.1 Anregungseinheit 89
4.1.2 System zur Strahlaufweitung 91
4.1.3 Detektionseinheit 94
4.1.4 Charakterisierung und Kalibrierung des bildgebenden Spektrometers 95
4.1.5 NIR-Beleuchtung 102
4.2 Laser-HSI-Demonstratorsystem zur Klassifikation schwarzer Kunststoffe 103
4.2.1 Anforderungen an das Demonstratorsystem 103
4.2.2 Aufbau des Sensormoduls des Demonstratorsystems 106
4.2.3 Kalibrierung und Charakterisierung des Sensormoduls des Demonstratorsystems 107
4.3 Spektroskopische Charakterisierung der schwarzen Kunststoffe 110
4.3.1 Fluoreszenz- und Raman-spektroskopische Untersuchungen der Kunststoffpartikel 111
4.3.2 Untersuchungen schwarzer Kunststoffpartikel mit dem Laser-HSI-Laborsystem 118
4.4 Klassifikations- und Optimierungsexperimente mit dem Laser-HSI-Laborsystem 124
4.4.1 Datenvorverarbeitung und Beschreibung der Daten 125
4.4.2 Explorative Datenanalyse 128
4.4.3 Untersuchungen zur Klassifikation der schwarzen Kunststoffe mit dem Laser-HSI-Laborsystem 135
4.4.4 Klassifikationsexperimente mittels klassischer Machine Learning-Verfahren 136
4.4.5 Hyperparameteroptimierung für die klassischen Machine Learning Verfahren 149
4.4.6 Untersuchung der Klassifikation durch Deep Learning Verfahren 157
4.4.7 Hyperparameteroptimierung für die Deep Learning-Verfahren 171
4.4.8 Vergleich und Diskussion der erhaltenen Klassifikationsmodelle 175
4.4.9 Übertragung der Ergebnisse auf die Klassifikation der industriell relevanten Kunststoffmischungen 177
4.4.10 Zusammenfassung 185
4.5 Untersuchungen zur Klassifikation der schwarzen Kunststoffe mit dem Demonstratorsystem 186
4.5.1 Beschreibung der Messungen mit dem Demonstratorsystem 186
4.5.2 Datenvorverarbeitung 190
4.5.3 Explorative Datenanalyse 193
4.5.4 Klassifikation der Kunststoffmischungen 198
4.5.5 Möglichkeiten für die Verbesserung der Klassifikationsgenauigkeit des Demonstratorsystems 210
5 Zusammenfassung und Ausblick 212
6 Literaturverzeichnis 219
7 Anhang I
7.1 Parameter der Raman-Messung der Kunststoffe I
7.2 Anregungs-Emissions-Matrices der schwarzen Kunststoffe II
7.3 Laser-HSI-Messungen IV
7.4 Modellparameter und Modellhyperprameter XII
7.5 Anderson-Darling-Test auf Normalverteilung XIX
7.5.1 Einfluss der Anzahl der verwendeten Hauptkomponenten XIX
7.5.2 Einfluss verschiedener Datenvorverarbeitungsmethoden XIX
7.5.3 Einfluss der Formparameter XXI
7.5.4 Durchführung der Hyperparameteroptimierung für das klassische Machine Learning XXI
7.5.5 Einfluss der Bildvorverarbeitung XXII
7.5.6 Einfluss der CNN-Topologie XXIII
7.5.7 Einfluss der Daten-Augmentierung XXIV
7.5.8 Durchführung der Hyperparameteroiptimierung für die Deep Learning-Verfahren XXIV
7.5.9 Vergleich und Diskussion der erhaltenen Klassifikationsmodelle XXV
7.6 Brown-Forsythe-Test auf Homoskedastizität XXV
7.6.1 Einfluss der Anzahl der verwendeten Hauptkomponenten XXV
7.6.2 Einfluss verschiedener Datenvorverarbeitungsmethoden XXV
7.6.3 Einfluss der Formparameter XXVI
7.6.4 Durchführung der Hyperparameteroptimierung für das klassische Machine Learning XXVI
7.6.5 Einfluss der Bildvorverarbeitung XXVII
7.6.6 Einfluss der CNN-Topologie XXVII
7.6.7 Einfluss der Daten-Augmentierung XXVII
7.6.8 Durchführung der Hyperparameteroptimierung für die Deep Learning-Verfahren XXVII
7.6.9 Vergleich und Diskussion der erhaltenen Klassifikationsmodelle XXVIII
7.7 Ergebnisse der Klassifikationsversuche mit den Daten des industrienahen Demonstrators XXVIII

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:81248
Date10 October 2022
CreatorsGruber, Florian
ContributorsKaskel, Stefan, Hartmann, Peter, Technische Universität Dresden, Fraunhofer Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess
Relationinfo:eu-repo/grantAgreement/Deutsche Bundesstiftung Umwelt/Promotionsstipendium/20016/421/

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