Einleitung:
Bei der Dystonie handelt es sich um eine Erkrankung des zentralen Nervensystems. Sie ist charakterisiert durch ungewollte, dauerhafte oder wiederkehrende Muskelkontraktionen, die zu abnormalen Bewegungsabläufen und Haltungen führen. Sie ist die dritthäufigste Bewe-gungsstörung beim Menschen. Bisherige Befunde beim Menschen und Untersuchungen an Tier-modellen weisen u.a. auf eine besondere Bedeutung der Basalganglien-Thalamus-Schleife hin, die an der Kontrolle von willkürlichen und unwillkürlichen Bewegungen beteiligt ist. So konnten bei unterschiedlichen Tiermodellen Veränderungen im Striatum (STR), der Eingangsstruktur der Basalganglien, nachgewiesen werden. Beim dtsz Hamster, einem gut etablierten Tiermodell für die paroxysmale Dystonie, konnte neben vielen striatalen Veränderungen eine Reduktion der GABAergen Interneurone (IN), wie Parvalbumin-positive (PV+) IN, zum Zeitpunkt der maximalen Ausprägung der Dystonie gezeigt werden.
Ziele der Untersuchung:
Die Gründe für den Mangel an striatalen GABAergen IN bei der dtsz Hamstermutante sollten weiter untersucht werden, indem der Frage nachzugehen war, ob beim dtsz Hamster eine Migrations- oder Ausreifungsstörung der IN vorliegt. Dazu wurde das Homöodomänprotein Nkx 2.1, als Marker für aus dem medialen Ganglienhügel eingewanderte IN, im STR der dtsz Hamstermutante untersucht. Die Expression des Brain-derived neurotrophic factors (BDNF), des Kalium-Chlorid-Kotransporters 2 (KCC2) und die zytosolische Carboanhydrase vom Isotyp 7 (CAH7) wurden als Indikatoren für die Ausreifung von GABAergen IN herangezogen.
Tiere, Material und Methoden:
Die Untersuchungen wurden vergleichend an dtsz Hamstern und Kontrollhamstern durchgeführt. Beim dtsz Hamster zeigt die Dystonie einen altersabhängigen Verlauf (Beginn: ca. 16. Lebenstag (LT); Maximum: 30.-42. LT; Remission: 70. LT). Deshalb wurden als Untersuchungszeitpunkte der 18. LT und der 33. LT gewählt. Um die Migration der striatalen IN zu untersuchen, wurde im STR bei 33 Tage alten Hamsterns die Dichte der immun-histochemisch markierten Nkx 2.1-positiven Zellen stereologisch ermittelt. Der mRNA-Gehalt wurde relativ mittels „quantitativer Echtzeit-PCR“ (qPCR) bestimmt. Zusätzlich wurde die mRNA-Expression von Nkx 2.1 bei 18 Tage alten Tieren untersucht. Von KCC2 und CAH7 wurde die mRNA mittels qPCR bei 18 und 33 Tage alten Hamstern im STR untersucht. Die Expression von BDNF wurde mittels ELISA-System im Kortex (Cx), STR und im restlichen Gehirngewebe („R“) bei 33 und 18 Tage alten Tieren bestimmt. Der BDNF-mRNA Gehalt wurde im Cx (18. und 33. LT) und im STR (33. LT) untersucht. Des Weiteren sollte BDNF bei 33 Tage alten Hamstern mittels immunhistochemischer Markierung im Cx und STR untersucht werden. Die Untersuchung von BDNF im Cx ist deshalb wichtig, weil BDNF vom Cx in das STR trans-portiert wird. Zusätzlich wurde Parvalbumin (PV) zusammen mit Nkx 2.1 immunhistochemisch markiert und die mRNA-Expression von PV bei 18 und 33 Tage alten Tieren bestimmt.
Ergebnisse:
Für Nkx 2.1 konnte kein Unterschied in der Zelldichte zwischen dtsz- und Kontroll-hamstern gefunden werden. Ebenfalls gab es weder bei 18 noch bei 33 Tage alten Tieren einen Unterschied in der Nkx 2.1-mRNA-Expression. Unterschiede in der mRNA-Expression von KCC2 und CAH7 im STR (18. und 33. LT) lagen auch nicht vor. Die Expression der PV-mRNA im STR bei 33 Tage alten Tieren war jedoch erwartungsgemäß vermindert. Auf mRNA-Ebene konnte im Cx für BDNF kein Unterschied zwischen dtsz- und Kontrolltiergruppe gefunden wer-den. Bei beiden Tiergruppen wurde mittels ELISA im STR mehr BDNF nachgewiesen als im Cx und im R (18. und 33. LT) nachweisbar. Entgegen der Hypothese war nach Analyse der Daten mittels Zwei-Wege ANOVA eine geringe Erhöhung der BDNF-Expression im Cx und STR bei 33 Tage alten dtsz Hamstern nachweisbar. Dies lag daran, dass die BDNF-Expression nur bei den Kontrolltieren am 33. LT im Vergleich zum 18. LT herunterreguliert war. Die Ergebnisse der BDNF-Immunhistologie waren in Hinblick auf die Spezifität zweifelhaft.
Schlussfolgerung:
Die Nkx 2.1 Daten lassen auf eine ungestörte Migration striataler IN bei der dtsz Mutante schließen. Wahrscheinlich ist eine Ausreifungsstörung für den Mangel an GABAer-gen IN verantwortlich. Die Ergebnisse von KCC2 und CAH7 zeigen, dass keine generelle Ausreifungsstörung von GABAergen Neuronen vorliegt, wobei dies für kleinere Subpopulationen nicht ausgeschlossen werden kann. Entgegen der Arbeitshypothese konnte keine Verringerung sondern eine leichte Erhöhung von BDNF zum 33. LT bei der dtsz Hamstermutante festgestellt werden. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass BDNF auf Grund der verzögert einsetzenden Entwicklung der IN nicht herunterreguliert wird. Die Gründe für diese Erhöhung wie auch weitere Marker für die neuronale Ausreifung werden durch weiterführende Studien untersucht.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:15-qucosa-225674 |
Date | 30 May 2017 |
Creators | Bode, Christoph |
Contributors | Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät / Institut für Pharmakologie, Pharmazie und Toxikologie, Univ.-Prof. Dr. med. vet Angelika Richter, Univ.-Prof. Dr. med. vet. Angelika Richter, Prof. Dr. rer. nat. Manuela Gernert |
Publisher | Universitätsbibliothek Leipzig |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
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