Die Beendigung von Psychotherapien ist ein historisch vernachlässigtes Thema, das weitgehend ausgeblendet wurde aus
der theoretischen und pragmatischen Konzeptualisierung von Psychotherapie und deren Erforschung. Begriffe wie
Abschluss, Ende und Abschied, die mit dem Ende von Therapien verbunden sind, verweisen in unserer Kultur auf
Un-Themen. Sie bedrohen mit ihrer assoziativen Verbindung zu Tod eine wesentliche Grundlage unserer normalen
Wirklichkeit: die Verleugnung unserer Endlichkeit. Unter Berücksichtigung von Regeln und Normen der
Alltagskommunikation für die Beendigung sozialer Situationen beinhaltet die Abschlussphase ein belastendes Potential
für Therapeuten und Klienten. Die Beendigung von Psychotherapien wird in Therapiemanualen und Lehrbüchern entweder
gar nicht erwähnt oder erstaunlich marginal behandelt. Dabei zeigen sich teilweise einseitige Konzeptualisierungen. So
thematisieren tiefenpsychologische Ansätze vor allem Aspekte der Trennung des Therapeuten und des Verlustes der
therapeutischen Beziehung, während verhaltenstherapeutische Ansätze fast ausschließlich Fragen des Transfers von
Therapieergebnissen in den Alltag nachgehen. Elemente der Abschlussphase werden auf der Grundlage einer Befragung
von Psychotherapeuten und Klienten empirisch erkundet. Dabei werden erstens Abschlüsse konkreter Therapien (formale
Charakteristika, Veränderungen der Kommunikation in der Abschlussphase, Perspektiven von Therapeuten und Klienten,
Katamnese, Supervision) dokumentiert und zweitens allgemeine Aspekte der Therapiebeendigung (Themen der
Beendigung, Unterbrechungen im Laufe von Therapien, Grundsätze von Therapeuten) beschrieben. Empirisch zeigt sich
die Abschlussphase als eine Zeit am Ende von Therapien, die in der Regel beginnt, wenn deutliche Verbesserungen von
therapierelevanter Symptomatik eingetreten sind, die 10 bis 20 % der Gesamtstundenzahl umfasst und die durch
spezifische Veränderungen formaler und inhaltlicher Gestaltung der Therapie gekennzeichnet ist. Auf der Grundlage von
Ergebnissen einer metaphernanalytischen Auswertung von Sprachbildern der Therapeuten zur Therapiebeendigung wird
abschließend ein Konzept von Therapiebeendigung als Übergangsphase entwickelt. In dieses Konzept sind die
vielfältigen Aspekte der Therapiebeendigung wie z. B. Zwischenzeit, Verlust, Wachstum, Prüfung und Aufbruch
integrierbar. Mit einer Sicht von Therapiebeendigung als Übergangsphase wird eine differenzierte Bearbeitung
diagnostischer und handlungsrelevanter Aspekte der Abschlussphase für Praxis und Forschung möglich.
Identifer | oai:union.ndltd.org:uni-osnabrueck.de/oai:repositorium.ub.uni-osnabrueck.de:urn:nbn:de:gbv:700-2000091588 |
Date | 15 September 2000 |
Creators | Wittorf, Susanne |
Contributors | Prof. Dr. Peter Machemer, Prof. Dr. Jürgen Kriz |
Source Sets | Universität Osnabrück |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis |
Format | application/zip, application/pdf |
Rights | http://rightsstatements.org/vocab/InC/1.0/ |
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