Moderne Schlachtsysteme tragen ein Risiko lebende Tiere weiterzuverarbeiten (SCHÜTTE und BOSTELMANN 2001, TROEGER 2005 und TROEGER und MEILER 2006). Gründe für dieses ernst zu nehmende tierschutzrelevante Problem sind eine ineffiziente Betäubung und/oder der Mangel an einer ausreichenden und schnellen Entblutung der Schweine. Die europäische Kommission hat 2009 die Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung implementiert (ANON. 2009). Die Studie schafft Grundlagen um eine automatisierte Methode zu entwickeln, welche die Abwesenheit von Lebenszeichen von Schlachtschweinen verifiziert. Die Hypothese hierbei ist die Annahme, dass Schweine, die auf einen schmerzhaften Reiz wie heißes Wasser mehrere Minuten nach der Entblutung reagieren mit dem Risiko eines zumindest teilweise funktionierenden Gehirns behaftet sind.
Die Studie fand an drei kommerziellen Schlachthöfen in Deutschland statt, die verschiedene elektrische Betäubungs- (Kopf-zu-Herz-Durchströmung) und Stechverfahren verwendeten. Insgesamt wurden am Schlachtband 5.301 Mastschweine im Hauptversuch untersucht und mittels Videokameras aufgezeichnet. Um die Abwesenheit von Lebenszeichen am Ende der Nachentblutestrecke, das heißt vier bis fünf Minuten nach Entblutestich, zu überprüfen wurde ein Heißwasser-Reiz mit 65 °C verwendet. Die Dauer der Reizapplikation betrug fünf bzw. 15 Sekunden. Eine automatisierte Reizapplikations-Anlage, erbaut von der Firma BANSS Schlacht- und Fördertechnik GmbH (Biedenkopf), induzierte den Stimulus vor allem im Bereich des Gesichts der Schweine. Als Referenz zu den Beobachtungen der Bewegungen während der Reiz-Applikation wurden Gehirnnerven-Reflexe (Corneal- und Lidschlussreflexe) und Reaktionen auf einen Kniff in die Nasenscheidewand klinisch untersucht. Schweine mit positiven Befunden wurden mittels Bolzenschuss nachbetäubt bzw. getötet.
Die Sensitivität des Heißwasser-Tests lag bei 99 %. Eines von 75 Tieren wies positive Corneal- und Lidschlussreflexe auf, obwohl dieses Schwein auf den Heißwasser-Reiz nicht reagiert hatte. Jedoch konnten deutlich erkennbare Spontanbewegungen jenes Tieres bereits vorher beobachtet werden. Die Spezifität des Heißwasser-Tests lag bei 98 %. Beinah jedes Schwein mit negativen Gehirnnerven-Befunden blieb während der Reizapplikation unauffällig.
3,8 % (n = 199) der untersuchten Schweine zeigten eine Reaktion auf den Heißwasser-Reiz. Es war kein Unterschied zwischen dem fünf bzw. 15 Sekunden anhaltendem Reiz zu ermitteln. Neben einer ineffizienten Entblutung kann die reversible Betäubung als ein weiterer möglicher Grund für dieses Ergebnis genannt werden. Die Elektrische Betäubung ist reversibel, solange kein Herzkammerflimmern sicher ausgelöst wird (HOENDERKEN et al. 1980 und VOGEL et al. 2010). Es kann geschlussfolgert werden, dass die elektrische Kopf-zu-Herz-Durchströmung, die in den hier dargestellten Schlachtbetrieben verwendet wurde, nicht immer zum Herzkammerflimmern geführt hatte.
Die Anzahl der Reaktionen der Schweine auf das heiße Wasser war begrenzt. 92 % der Schweine, die den Kopf während der Reizapplikation geschüttelt hatten und 78 % derer, die eine aufrichtende Bewegung gezeigt hatten, wiesen mindestens einen positiven Gehirnnerven-Befund auf. Auffälligkeiten in den Vordergliedmaßen korrelierten zu 59 % und das Muster “Maul öffnen” zu 52 % mit positiven Gehirnnerven-Befunden. Bewegungen aus dem Becken bzw. den Hintergliedmaße heraus waren nur zu 21 % mit positiven Gehirnnerven-Befunden verbunden. Bei der Betrachtung der Bewegungsmusterkombinationen stellte die Autorin fest, dass nahezu keine Reaktion missachtet werden sollte. Lediglich das Muster „ausschließliche Bewegungen Becken/Hintergliedmaße“ korrelierte in keinem der 59 Fälle mit positiven Gehirnnerven-Befunden. Dieses Ergebnis deckt sich mit den Aussagen von GRANDIN (2013) und den Mitarbeitern des bsi Schwarzenbek (ANON. 2013a), die darauf hinwiesen, dass der caudale Körperabschnitt elektrisch betäubter Schlachtschweine zur Einschätzung ihres möglicherweise vorhandenen Bewusstseins keine Relevanz besitzt.
Während der Untersuchungen wurden außerdem Spontanbewegungen der Schlachtschweine zwischen dem Stechen und dem Heißwasser-Test analysiert. Jedes Tier, das eine Reaktion auf die Heißwasser-Reiz-Applikation zeigte und mindestens einen positiven Befund in der Gehirnnerven-Untersuchung aufwies, hatte vorher das Spontanbewegungsmuster „Maul öffnen“ durchgeführt. Um dem Überwachungs- und Schlachthofpersonal zu vermitteln, welche Spontan-bewegungsmuster bzw. reizinduzierten Reaktionen bei der Beobachtung der Nachentblutestrecke entscheidend sind, wurden entsprechende Arbeitsanweisungen entwickelt. Bereits vorhandene Literatur wurde hierbei mit eingearbeitet (ANIL 1991, ATKINSON et al. 2012 und EFSA 2013).
Als eine wirksame Lösung um den sicheren Tod von Schweinen vor weiteren Schlachtarbeiten sicherzustellen, scheint es sinnvoll entsprechende Spontanbewegungen zu beachten und die Implementierung einer abschließenden Untersuchung mittels eines Heißwasser-Reiz-Tests am Ende der Nachentblutestrecke zu verwirklichen. Selbstverständlich sollten weiterhin die Betäubung und Entblutung der Tiere möglichst sicher kontrolliert werden. Für die Nachbetäubung bzw. Tötung der betroffenen Schweine wird der Einsatz eines Bolzenschussgerätes von der EFSA (2004), dem bsi Schwarzenbek und dem Max Rubner-Institut empfohlen. / Modern slaughter regimes carry a risk of live animals being further processed (SCHÜTTE and BOSTELMANN 2001, TROEGER 2005 and TROEGER and MEILER 2006). This serious animal welfare problem may result from inefficient stunning and/or lack of complete and fast exsanguination of the pigs. In 2009, the European Commission implemented Council Regulation (EC) No. 1099/2009 on the protection of animals at the time of killing (ANON. 2009). The study lays groundwork for developing an automated method to verify the absence of signs of life in slaughter pigs. The hypothesis is that pigs that react to a painful stimulus, like hot water, several minutes after debleeding have the risk of a partly functional brains. The study took place at three commercial abattoirs in Germany using different electrical stunning (head-to-body) and bleeding methods.
In the main part of the study a total of 5,301 finishing pigs was examined and videotaped on line. As a stimulus to check the absence of signs of life right before further processing, namely four to five minutes after sticking, a hot-water-stimulus at 65 °C was utilized. The residence time of the stimulus amounted either five or 15 seconds. An automated construction, built by the company BANSS Schlacht- und Fördertechnik GmbH (Biedenkopf/Germany), implemented the stimulus mainly within the faces of the pigs. As a reference to the observation of movements during the stimulation, brain stem reflexes (corneal and palpebral) and reactions to a nasal septum pinch were clinically examined. Pigs with any positive result were restunned or killed using a captive bolt device.
The sensitivity of the hot-water-test was determined at 99 %. One out of 75 animals exhibited positive corneal- and palpebral-reflexes although this one pig did not show any reaction to the hot water stimulation. However, obvious spontaneous movements of this animal could be observed beforehand. The specificity of the hot-water-test was determined at 98 %. Almost every pig with negative brain stem results remained motionless during the stimulation.
A share of 3.8 % (n = 199) of pigs showed movements during the hot water exposure. Es war kein Unterschied zwischen dem fünf bzw. 15 Sekunden anhaltendem Reiz zu ermitteln. No difference was estimated between the residence times of five versus 15 seconds. Besides inefficient bleeding one possible reason for this result is reversible stunning. Electrical stunning is reversible, unless effective cardiac arrest is caused (HOENDERKEN et al. 1980 and VOGEL et al. 2010). It may be assumed that after head-to-body electrical stunning used by the abattoirs displayed in this study cardiac arrest was not always achieved.
The number of individual responses was limited. 92 % of pigs that shook their heads during the stimulation and 78 % that showed a righting reflex exhibited at least one positive brain stem result. Noticeable front leg activity correlated to 59 % and the movement “opening of the mouth” to 52 % with positive brain stem results. Hips or hind leg movements were only associated with positive brain stem results in 21 % of the cases. By looking at the combinations of movements the author found that nearly no reaction should be ignored. Merely exclusive hips or hind leg movements in none of the 59 cases correlated with brain stem results. This finding is supported by the statements made by GRANDIN (2013) and the staff of the bsi Schwarzenbek (ANON. 2013a), pointing out that the caudal body part of electrically stunned slaughter pigs possesses no relevance to evaluating possible consciousness.
During the study additionally spontaneous movements of the slaughter pigs were analyzed between sticking and the hot water device. Every animal that eventually showed a reaction to the hot water stimulation and exhibited at least one positive result during the brain stem examination had shown spontaneous mouth opening. Appropriate working instructions for the monitoring personnel and the slaughter staff, in order for them to realize which spontaneous movements or stimulus induced reactions during the observations of the debleeding line are relevant, were designed. For this available expertise has additionally been taken into account (ANIL 1991, ATKINSON et al. 2012 and EFSA 2013).
As a suitable solution for ascertaining death before further processing, the idea of paying attention to slaughter pigs that obviously show signs of recovery and the implementation of a “last check” by using a hot water test right before further processing seems reasonable. Of course the stunning and exsanguination should still be safely monitored. The use of a captive bolt device to restun or kill “suspicious” pigs is recommended by the EFSA (2004), the bsi Schwarzenbek and the Max Rubner-Institute.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:15-qucosa-188953 |
Date | 24 November 2015 |
Creators | Arnold, Sophie |
Contributors | Universität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät, Max Rubner-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ernährung und Lebensmittel, Institut für Sicherheit und Qualität bei Fleisch, Prof. Dr. Ernst Lücker, Prof. Dr. Klaus Troeger, Prof. Dr. Ernst Lücker, Ass.-Prof. Dr. Peter Paulsen |
Publisher | Universitätsbibliothek Leipzig |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
Page generated in 0.0035 seconds