Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde durch einzelmolekülspektroskopischer bzw. -mikroskopischer Methoden in Kombination mit einer mikrofluischen Zel- le unter Potenzialkontrolle die Elektrochemie von einzelnen einwandigen (6,5)- Kohlenstoffnanoröhren untersucht. Hierfür wurde ein Nahinfrarot-Photolumineszenz- Mikroskop aufgebaut und eine speziell an die experimentellen Vorgaben angepasste elektrochemische Zelle entwickelt, insofern als drei Elektroden (Arbeits-, Gegen- und Referenzelektrode) in einen mikrofluidischen Chip integriert wurden. Darüber hinaus war für die Durchführung der Experimente unter Wasser- und Sauerstoffaus- schluss die Konstruktion eines Handschuhkastens notwendig, sowie eine allgemeine Vorbehandlung der Elektrolytlösungen zur Entfernung gelöster Gase und Wasserreste.
Ein weiteres Projekt umfasste den Aufbau einer chemischen Gasphasenabschei- dungsapparatur zur Synthese von Kohlenstoffnanoröhren. Die hierbei durchgeführten Experimente erbrachten Klarheit über den Einfluss der Prozessparameter Druck, Temperatur und Durchflussrate an Edukten.
Aus den PL-Intensitätsänderungen bei Potenzialvariation konnten Reduktions- und Oxidationspotenziale (ERed = 0.15 V; EOx = 1.34 V) einzelner (6,5)-SWNTs gegen- über einer Platin Referenzelektrode und einem daraus resultierenden Redoxpotenzial
von ∆ERedOx = 1.19 V ermittelt werden. Durch diese einzelmolekülspektroskopische
Methode konnte zum einen gewährleistet werden, dass nur dieser spezielle Chira- litätstyp untersucht wurde und zum anderen eine Verfälschung der Resultate durch einen Potenzialabfall wie er typischerweise in CNT-Filmen auftritt aussgeschlossen werden. Eine Kombination der PL-Daten mit der Ramanintensitätsabhängigkeit des (6,5)-SWNT-S2-Übergangs bei Potenzialvariation erlaubte eine genauere Analyse des Löschmechanismus der PL von Kohlenstoffnanoröhren. Mithilfe eines von Her- tel et al. entwickelten diffusionslimitierten Stoßdesaktivierungsmodells konnte eine invers-quadratische Proportionalität zwischen der (6,5)-SWNT-Emission und den spannungsinduzierten Ladungsträgern ausgemacht werden. Auf Grundlage dieses Ergebnisses folgt, dass die über Photolumineszenzänderungen ermittelten Reduktions-und Oxidationswerte nicht mit den Bandkanten der CNTs übereinstimmen müssen, und dass für deren Bestimmung vielmehr auf Raman- bzw. Absorptionsspektroskopi- sche Techniken zurückgegriffen werden muss.
Die einzelmolekülspektroskopische Herangehensweise ermöglichte ferner eine statis- tische Analyse der Verteilung der Reduktions- und Oxidationspotenziale im Vergleich zu den jeweiligen Erwartungswerten. Hierdurch konnte eine Einteilung der Modifika- tionseinflüsse auf das SWNT-Redoxverhalten in zwei Grenzfälle erfolgen. Es wurde angenommen, dass diese als “Dispergiermitteleffekte” und “CNT-Strukturdefekte” be- zeichneten Auswirkungen entweder das Resultat einer heterodispersen Verteilung an DOC auf der CNT-Oberfläche oder eine Folge von Defekten in der CNT-Gitterstruktur waren. In diesem Zusammenhang ergab sich aus der interpartikulären Analyse der Reduktions- und Oxidationswerte eine Korrelation, die einem dominierenden Einfluss der “CNT-Strukturdefekte” zugeordnet werden konnte. Dieser Beobachtung entgegen- gesetzt konnten aber auch über Untersuchungen der Redoxpotenziale innerhalb einer (6,5)-SWNT lokale Bereiche ausgemacht werden, die eine signifikante Abhängigkeit von “Dispergiermitteleffekte” aufwiesen.
Abgesehen von diesen Einflüssen auf den Emissionsverlauf wurde auch eine Be- trachtung der Breite des spannungsgesteuerten Emissionsabfall durchgeführt. Da- raus konnte ermittelt werden, dass diese Ausdehnung eine Konsequenz aus der PL- Löschungseffizienz der Ladungsträger ist und, dass bei einer Verteilung von 0.32 Löschzentren pro Nanometer eine vollständige Abnahme der Photolumineszenzinten- sität induziert wird.
Darüber hinaus wurde im Rahmen dieser Arbeit das redoxchemische Verhalten in- dividueller (6,5)-SWNTs in Wechselwirkung mit Ferrocenmolekülen untersucht. Die erhaltenen Ergebnisse ließen annehmen, dass die sich ausbildende Verbindung nicht-kovalenter Natur ist. Zwei verschiedene Gründe führten zu dieser Erkennt- nis: einerseits ließen sich die Ferrocenmoleküle von der CNT-Oberfläche durch ein Durchspülen des mikrofluidischen Kanals mit einer reinen DMF-Lösung entfernen und andererseits war keine dauerhafte Emissionsminderung durch die Ausbildung kovalenter Bindungen zu beobachten. Aus der potenzialabhängigen PL wurde zudem ein Elektronentransfer der Ferrocenmoleküle in die optisch generierten Löcher des CNT-Valenzbandes festgestellt und über eine anregungsintensitätsabhängige Messung die Zunahme dieses Ladungstransfers bei steigendem Photonenfluss nachgewiesen.
Hinsichtlich der Anwendung von Kohlenstoffnanoröhren zur Elektrolyse bzw. Photo- lyse von Wasser wurde auch die Redoxchemie von (6,5)-SWNTs in diesem Solvens untersucht. Bezüglich der Emissionsintensität konnte gezeigt werden, dass diese im Vergleich zu organischen Lösungsmitteln reduziert vorliegt. Außerdem wurde eine irreversible Reaktion nach anodischer Polarisation über eine dauerhafte Löschung der PL beobachtet. Die Bestimmung der hierfür notwendigen Reaktionsumstände erbrachte, dass Wasser, Exzitonen (erzeugt durch optische Anregung) und spannungs- induzierte Löcher im Valenzband zur Bildung einer [SWNT(Q)]-Spezies führen, welche die irreversible Minderung der CNT-Emission verursacht. Darüber hinaus konnte die Reaktionsgeschwindigkeit über eine Kinetik pseudo-nullter-Ordnung be- schrieben werden, unter der Voraussetzung, dass die soeben genannten Parameter konstant verblieben. Desweiteren zeigte sich in einer ferrocenhaltigen Lösung, dass der Löscheffekt der [SWNT(Q)]-Spezies im anodischen Potenzialbereich teilweise reduziert wird. Es wurde angenommen, dass diese Beobachtung auf eine Oxidation der Löschzentren durch die Fc+-Kationen gründet.
Mit Hilfe der CVD-Apparatur gelang es Kohlenstoffnanoröhren zu synthetisieren, wobei Ethanol als Kohlenstoffquelle und ein Eisen-Kobalt-Zeolith-Gemenge als Ka- talysator diente. Die Analyse der verschiedenen Prozessparameter zeigte, dass bei T = 750 °C das beste Verteilungsverhältnis zwischen den gewünschten (6,5)-SWNTs und anderen CNT-Chiralitäten bzw. dem amorphen Kohlenstoff vorliegt. Hierfür war, dass bei T < 750 °C die Verbrennung unerwünschter amorpher Kohlenstoffreste nur geringfügig stattfindet, und dass bei T > 750 °C die Bildung anderer Chiralitäten mit größerem Durchmesser als die (6,5)-SWNT bevorzugt wurde. Die Variation der Durchflussrate hingegen wirkte sich nur in einer absoluten Zunahme aller Chirali- täten aus. Die Steigerung des (6,5)-SWNT-Anteils für höhere Durchflüsse gelang trotzdem durch die geschickte Auswahl geeigneter Druck- und Temperaturwerte. Die Experimente zur Untersuchung der Druckabhängigkeit wiesen auf eine Relation mit dem Gesetz von Le Chatelier hin, insofern als bei einer Druckverringerung eine Verschiebung der Ethanol-Crackreaktion auf Produktseite stattfand. In diesem Zusam- menhang wurde angenommen, dass die damit verstärkt gebildeten Moleküle Ethan, Ethen und Methan den CNT-Anteil zwar erhöhen, jedoch auch eine Steigerung der amorphen Kohlenstoffkonzentration verursachen. Dementsprechend ergab ein Druck von p = 9 mbar das beste (6,5)-SWNT zu dem amorphen Kohlenstoffverhältnis.
Anhand der Arbeiten in dieser Dissertation sind neue Erkenntnisse zwischen der PL-Sensitivität von (6,5)-SWNTs und deren Ladungszustand erhalten worden. Insbe- sondere die genaue Bestimmung der Korrelation zwischen der Photolumineszenz und den induzierten Ladungsträgern ermöglicht einen gezielteren Einsatz von Kohlenstoff- nanoröhren – so zum Beispiel im Bereich der Sensorik. In diesem Zusammenhang zeigen auch die interpartikulären Analysen der Redoxpotenzialverteilung die genau- en Auswirkungen vom Lösungsmittel und der Defektdichte auf die elektronische Struktur der CNTs auf. Darüber hinaus kann aus der Ursachenbestimmung für die Varianz der literaturbekannten Reduktions- bzw. Oxidationspotenziale fortan die ge- eignete spektroskopische Methode zur Evaluierung der Position von Leitungs- und Valenzband in Kohlenstoffnanoröhren besser eingegrenzt werden. Die spektroelektro- chemischen Analysen von (6,5)-SWNTs im Lösungsmittel Wasser und speziell die Bestimmung der Kinetik für die auftretende Reaktion liefern einen tieferen Einblick in die Wechselwirkung (6,5)-SWNT-H2O. Diese Ergebnisse sind insbesondere bei der Verwendung von Kohlenstoffnanoröhren als Elektrodenmaterial für die photolytische bzw. elektrolytische Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff von Bedeu- tung. Neben der Untersuchung der SWNT-Wasser Interaktion unter andoischer und optischer Anregung, die zu einer kovalenten Bindung führte, wurde mit Hilfe der (6,5)- SWNT-Ferrocen Wechselwirkung ein Beispiel für eine nichtkovalente Redoxreaktion dargestellt, womit ein Vergleich dieser beiden Spezies und ihrer unterschiedlichen Auswirkungen auf die elektronische Struktur aufgezeigt werden konnte. / In the present study the electrochemistry of individual (6,5)-single wall carbon nano- tubes was investigated using a combination of electrochemical methods and single molecule fluorescence spectroscopy and microscopy. For this purpose a near infrared photoluminescence microscope was built and an electrochemical cell incorporated into a microfluidic chip was designed. To exclude oxygen and water during the ex- periments a glove box was constructed and for the electrolyte solutions a general preparation routine was executed, which included a degassing and drying of the solvent.
A further project of this thesis was the design of a chemical vapor deposition apparatus to synthesize carbon nanotubes. The experiments provided clarity on the influence of process parameters such as pressure, temperature and flow rate of the reactants.
The emission changes due to potential variation allowed for the determination of the reduction ERed = 0.15 V and oxidation potential EOx = 1.34 V of individual (6,5)- SWNTs with reference to a platinum electrode. Accordingly a total redoxpotential of
∆ERedOx = 1.19 V was obtained. The single molecule spectroscopic approach ensured
further that only one specific CNT-chirality was investigated and that no potential drop like in CNT-films occured. The combination of the PL data and Raman intensity dependencies of the (6,5)-SWNT-S2-transition at potential changes allowed to define the quenching mechanism of the CNT emission. With the use of a difusion limited contact quenching model from Hertel et al. an inverse square proportionality between the (6,5)-SWNT emission and the charge carrier density was shown. Therefore it was concluded that the reduction and oxidation values obtained by emission changes do not correspond to the bandedges of the CNTs and that a determination of the bandgap should be done through absorption or Raman spectroscopy.
The interparticle analysis of the (6,5)-SWNT reduction and oxidation potential sho- wed an absolute potential variation with respect to the reference values. The influences for this changes were classified into two cases: the so called “dispersing agent effects” and the “CNT structure defects”. It was assumed that these were a result of unequal distributed dispersing agents on the CNT surface or defects in the CNT lattice structure. Further, the interparticle determined correlation between reduction and oxidation values was attributed to the “CNT structure defects” and was therefore assumed to exercise the most dominant influence. Conversely, after the investigations of the intraparticle redox potentials, local areas were identified with a dependence to “dispersing agent effects”.
In addition the width of the emission decrease as a result of the oxidation or reduction process of the (6,5)-SWNT was analysed. This investigation led to the conclusion that the charge carriers quenching efficiency mainly contributes to the overall width. Beyond that the data indicated that a distribution of 0.32 quenching centers per nanometer is needed for the total quenching of the photoluminescence.
In addition to the redox chemistry analysis of pristine (6.5)-SWNTs, the investigation of the dependency in presence of ferrocene molecules showed that the interaction of the herein forming complex is of non-covalent type. This conclusion was based on two facts: on the one hand, the ferrocene molecules desorbed from the CNT surface when the solvent in the microfluidic channel was exchanged with a pure dimethylformamide solution and on the other hand, no permanent decrease in emission intensity due to covalent bond forming was observed. The potential-dependent PL behavior allowed for the assumption of a charge transfer from the adsorbed ferrocene molecules into the optically generated holes in the CNT. Furthermore the experimental data allowed to assume that this charge transfer increases with higher photon flux.
With regard to applications with carbon nanotubes for electrolysis and photolysis of water, the redox chemistry of (6,5)-SWNTs was investigated in this solvent. With re- spect to the emission intensity in the organic electrolyte, two effects could be identified which were firstly the overall decrease of the PL, and secondly an irreversible reaction during anodic polarization, which manifested itself by a permanent quenching of the photoluminescence. The reaction conditions were determined with the result that water, optical generated electron-hole pairs and potential induced holes in the valence band formed a [SWNT(Q)] species, which caused the irreversible reduction of the CNT emission. Moreover, the evaluated reaction rate followed pseudo-zero-order kinetics, provided that the just mentioned parameters were constant. The investigation of this [SWNT(Q)] species in a ferrocene solution showed that the quenching effect of these defects was reduced for anodic polarisation by assuming an oxidation of the [SWNT(Q)] species by the Fc+ cations.
The CVD apparatus enabled to synthesize carbon nanotubes. Ethanol was used as the carbon source and a mixture of iron and cobalt mixed with a zeolite worked as catalyst. The analysis of the various process parameters showed that the best distribution ratio between the desired (6,5)-SWNTs and other CNT chiralities or amorphous carbon were obtained for T = 750 °C . It was assumed that this behavior is due to the fact that at T < 750 °C burning processes of unwanted amorphous carbon residues only slightly occurred, and that at T > 750 °C the growth mechanism favoured chiralties with larger diameter. By varying the flow rate, only an absolute increase of all chiralities was observed. In this context it should be noted that nevertheless the chirality distribution can be improved to higher yields of (6,5)-SWNTs, by an adaptation of the pressure and temperature during synthesis. The experiments which investigated the impact of reaction pressure changes, indicated a relation in accordance to Le Chatelier law. Therefore lower pressure moved the equilibrium towards product formation of the ethanol-cracking reaction, which increased the molecule concentration of ethane, ethylene and methane and the overall CNT yield. However, this caused also an increment of the absolute amorphous carbon concentration. According to that, it was found that a pressure of p = 9 mbar yielded the best (6.5)-SWNT to amorphous carbon ratio.
The experiments performed in this thesis allowed to gain new insights about the sensitivity of the emission of (6,5)-SWNTs due to charging. Especially the deter- mination of the correlation between the photoluminescence and charging level of the CNTs will allow for a more selective use of carbon nanotubes – for example in sensors. In this context the analysis of the interparticle redoxpotential distribution showed precisely the effects of solvent and defect densities on the electronic structure of CNTs. Further the reasons for different values of the reduction and oxidation
potential, which are found in literature were explained. For the future this information will allow a better selection of the spectroscopic method to determine the band edges of carbon nanotubes. The spectroelectrochemical analysis of the (6,5)-SWNTs in the solvent water and especially the determination of the kinetics for the observed irreversible reaction gave insight in the interaction between water molecules and carbon nanotubes. These results are particularly important, when carbon nanotubes are used as electrode material. For example in the electrochemical and photolytic generation of hydrogen and oxygen of water. Besides the covalent bond forming reaction of (6,5)-SWNTs in water under anodic potential and optical excitation, the non-covalent bonding reaction between ferrocene molecules and SWNTs was shown and analysed. The different impact of these two interaction on the electronic structure could then be demonstrated and explained.
Identifer | oai:union.ndltd.org:uni-wuerzburg.de/oai:opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de:11216 |
Date | January 2014 |
Creators | Rühl, Nicolas |
Source Sets | University of Würzburg |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doctoralthesis, doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
Rights | https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/doku/lic_ohne_pod.php, info:eu-repo/semantics/openAccess |
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