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Die Welt der Zeichen und Bilder

Zeichen verschiedenster Art umgeben uns, sind Bestandteile unserer Welt, gewährleisten unser Zusammenleben, indem sie Verständigung ermöglichen. Verständigung gelingt freilich nur dann, wenn wir die Zeichen kennen und wissen, wofür sie stehen. Zunächst denkt man, wenn von Zeichen und Verständigung die Rede ist, gewiss an sprachliche Zeichen, die wir mit ihrer verallgemeinernden Leistung als Mittel der Kommunikation par excellence zu sehen gewöhnt sind. Sicher zögert aber auch niemand, gestischen und mimischen Äußerungen Zeichencharakter zuzusprechen. Man weiß schließlich, was sie bedeuten. Wie aber verhält es sich mit Formeln, Grafiken, Tabellen, Schaubildern, Modellen? Sie sind auch zeichenhaft in dem Sinne, dass ihnen von den an der Kommunikation Beteiligten eine gemeinsame Bedeutung zugesprochen wird. Dass Zeichen einem Zeichenbenutzer etwas präsent machen können, ohne selbst dieses etwas zu sein - das auffälligste Charakteristikum der Zeichen -, gilt auch hier. Schwerfallen wird uns die Einsicht in den Zeichencharakter dieser Phänomene wohl kaum, nur werden wir als Laien Schwierigkeiten haben, wenn wir die solchen Zeichen zugesprochenen Bedeutungen nicht kennen. Irritierend mag zudem bei diesen von Wissenschaftlern oder Technikern vereinbarten Zeichen sein, dass wir eine Mischung von hochabstrakten Zeichen (Zahlen z. B.) und von Zeichen vorfinden, die auf Anschaulichkeit bzw. Ähnlichkeit beruhen (Kurven z. B.). Und wie verhält es sich mit natürlichen Phänomenen? Sind z.B. Krankheitssymptome wie Fieber und Ausschläge oder ist das Blutbild eines Menschen auch zeichenhaft, da uns doch jede dieser Erscheinungen etwas zu sagen hat? Schließlich: Können nicht letztlich alle Gegenstände, die uns umgeben, Zeichenfunktion erhalten? Die gotische Kirche, deren schlanker Kirchturm zum Himmel weist; das Auto einer bestimmten Marke, dass etwas über die finanzielle Situation, den Lebensstil, das Selbstbild seines Besitzers aussagt. Aussagen, die nur dann verstanden werden können, wenn alle Beteiligten die Bedeutung des spitzen Kirchturms oder die der bestimmten Automarke kennen. Kann nicht alles sinnlich Wahrnehmbare zum Zeichen werden, wenn es für die Kommunizierenden eine gemeinsame Bedeutung hat? Die Vielfalt dieser Zeichen gehört ganz selbstverständlich in unseren Alltag. So selbstverständlich, dass wir darüber in der Regel nicht nachdenken. Diese Phänomene bewusst zu machen, soll eine der Aufgaben der Ringvorlesung in diesem Wintersemester sein; nicht als Selbstzweck, sondern aus Notwendigkeit; denn eigentlich kann man sich das Selbstverständliche des Umgangs mit Zeichen und Bildern nicht mehr leisten. Wir haben es nämlich heute in bisher nicht gekanntem Maße mit dem Gebrauch und der Verflechtung von Zeichen zu tun. Die in der Zeit ablaufende verallgemeinernde Darstellung durch Sprache wird zunehmend durch die simultane bildliche Präsentation ergänzt, ja sogar ersetzt. 'Wir leben in einer Bildergesellschaft'.1 Die Zunahme der Bildlichkeit in unserem Alltag, die Veranschaulichung des Lebens durch Film, Fernsehen und andere vergleichbare Medien fordert uns einen anderen Umgang mit der Wirklichkeit ab, als wir ihn traditionell gewöhnt sind. Beim Umgang mit dem PC können wir beobachten, dass die verallgemeinernden sprachlichen Zeichen zunehmend von ikonischen Zeichen (ikons) begleitet, ja sogar durch sie abgelöst werden. Das Wort Drucker z. B. wird durch das Bild des Druckers ersetzt. In größerem Maße als bisher müssen Rezipienten zwischen verschiedenen Rezeptionsweisen „springen“ und auf andere schnell „umschalten“. Das Springen zwischen Fernsehsendungen, das „Zappen'“, mag als extremes Symbol dafür gelten. Wenn man unter Bildern allgemein zunächst einmal die beobachtbaren, auf Ähnlichkeiten beruhenden visuellen Darstellungen der Wirklichkeit versteht, wird man der Rolle bildhafter Darstellungen noch nicht gerecht. Sowohl mit der Funktion dieser materiellen Bilder für die Bedeutungsvermittlung in der multimedialen Gesellschaft wird man sich beschäftigen müssen als auch mit anderen Bildvorstellungen: mit dem inneren, mentalen Bild (die Vorstellung, die wir von den Gegenständen haben), mit dem sprachlichen Bildbegriff (bildhafte Rede) und mit ethischen Bildvorstellungen (deskriptiv und normativ orientierende Leit-, Vor- und Idealbilder). Zu diesem Fragenkomplex haben Vertreter verschiedenster Disziplinen Erkenntnisse beizutragen. Und so kommen der Philosoph, Vertreterinnen der Kunstgeschichte und Theaterwissenschaft, Referenten aus Naturwissenschaft und Mathematik und Experten der Fächer Informatik, Medienwissenschaft, Sprachwissenschaft und Erziehungswissenschaft zur Sprache.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:72303
Date02 October 2020
PublisherUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:lecture, info:eu-repo/semantics/lecture, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess
Relationurn:nbn:de:bsz:15-qucosa2-722327, qucosa:72232

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