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Untersuchung von Arzneimittelrückständen im Abwasser der Stadt Dresden

Humanarzneimittel sind ein unverzichtbarer Bestandteil der modernen Medizin und die jährlichen Verschreibungsmengen in Deutschland steigen stetig an. Nach der Einnahme wird das Arzneimittel im menschlichen Körper je nach Substanz unterschiedlich stark verstoffwechselt und teilweise unverändert, teilweise metabolisiert über Urin und Fäzes wieder ausgeschieden. Bereits 1977 gelang der erste positive Nachweis von Arzneimittelmetaboliten im Abwasser. Seitdem haben zahlreiche Studien diesen Sachverhalt untersucht und eine Vielzahl unterschiedlichster Arzneimittel aus unterschiedlichen Wirkstoffgruppen sowie einige ihrer Metaboliten im Abwasser detektiert. Die Studien zeigen auch, dass die moderne Abwasserbehandlungstechnik nicht dafür geeignet ist, diese Rückstände aus dem Abwasser zu entfernen. Mit dem behandelten Abwasser verlassen die Arzneimittel und Metaboliten die Kläranlage, gelangen von dort in die Oberflächengewässer und konnten sogar im Grund- und vereinzelt auch im Trinkwasser nachgewiesen werden. Einige Untersuchungen belegen, dass es zu negativen Auswirkungen für die aquatische Umwelt kommen kann. So verursacht z. B. der Eintrag von Ethinylestradiol in die aquatische Umwelt Reproduktionsfehler bei Fischen.

In Deutschland sind ca. 2 300 Wirkstoffe für den Einsatz in der Humanmedizin zugelassen. Zur Minimierung von Zeit- und Kostenaufwand ist eine Identifikation relevanter Arzneimittel mit hohen Verschreibungsmengen vor der Entwicklung einer Analysenmethode und der Durchführung eines Monitorings unumgänglich. Dies wurde anhand der von der Krankenkasse AOK PLUS zur Verfügung gestellten Verschreibungsdaten für das Einzugsgebiet der Kläranlage Dresden-Kaditz durchgeführt. Nach Möglichkeit sollten außerdem relevante Metaboliten identifiziert und ebenfalls in die Analyse integriert werden. Ziel dieser Arbeit war die Identifikation relevanter Arzneimittel und Metaboliten, die Entwicklung geeigneter Methoden zur Analyse und der Nachweis dieser Rückstände im Abwasser der Stadt Dresden sowie die Bestimmung der Mengen, die über die Kläranlage Dresden-Kaditz in die Elbe entlassen werden. Die Analytik von Abwasserproben mit der Zielstellung der Quantifizierung von Arzneimittelrückständen erfolgt nahezu ausschließlich über die Verwendung von Festphasenextraktion (SPE), Hochleistungsflüssigchromatographie (HPLC) und Tandem-Massenspektrometrie (MS/MS) unter Anwendung der Elektrosprayionisation (ESI). Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung einer geeigneten SPE-HPLC-ESI-MS/MS-Methode zur Analyse möglichst vieler Analyten in Abwasserproben mittels einer Analysenmethode.

Insgesamt konnte eine Untersuchungsmethode für die Analyse von 56 Analyten (49 Arzneimittel und sieben Metaboliten) unter Verwendung von 24 Internen Standards (davon 22 isotopenmarkierte Substanzen) entwickelt und validiert werden. Die Methode wurde erfolgreich zur Untersuchung von Abwasserproben aus der Kläranlage Dresden-Kaditz eingesetzt. Es wurde ein Monitoring über zehn zusammenhängende Tage durchgeführt. Im Zulauf der Kläranlage konnten die höchsten Konzentrationen für Valsartan (29,7 ± 8,1 μg/L), Levetiracetam (12,5 ± 3,2 μg/L), Gabapentin (13,2 ± 3,3 μg/L) und Metoprolol (4,1 ± 1,0 μg/L) gemessen werden. Im Ablauf der Kläranlage wurden die höchsten Konzentrationen für Valsartan (22,1 ± 5,1 μg/L), Gabapentin (12,1 ± 2,6 μg/L) und Metoprolol (4,4 ± 0,9 μg/L) bestimmt. Um festzustellen, wie effektiv die Kläranlage Arzneimittelrückstände aus dem Abwasser entfernt, wurden die mittleren täglichen Frachten von Zu- und Ablauf, die im zehntägigen Monitoringprogamm bestimmt werden konnten, verglichen. Als Grundlage für die Berechnungen dienten die Ergebnisse des zehntägigen Monitoringprogramms. Wie bereits vielfach festgestellt werden konnte, sind Kläranlagen nicht dafür konzipiert worden, derartige Verunreinigungen aus dem Abwasser zu entfernen. Lediglich fünf von 45 Analyten werden mit einer Eliminierungsrate größer 50 % aus dem Abwasser entfernt und nur für Levetiracetam (Antiepileptikum) konnte mit 98,1 % eine nahezu vollständige Elimination aus dem Abwasser festgestellt werden. Für die anderen 40 Substanzen zeigen die Untersuchungen, dass ein wesentlicher Anteil der Fracht die Kläranlage passiert und in die Umwelt gelangt. Dabei verdeutlichen die Beispiele des O-Desmethylvenlafaxins (ODV, Hauptmetabolit des Venlafaxin) und 10,11-Dihydro-10-Hydroxycarbamazepins (MHD, Hauptmetabolit des Oxcarbazepin), wie wichtig es ist, den Metabolismus der Arzneimittel zu berücksichtigen. Beide Metaboliten konnten in allen Messungen mit höheren Konzentrationen als ihre Muttersubstanzen detektiert werden. Dabei ist außerdem festzuhalten, dass sich trotz struktureller Ähnlichkeit Muttersubstanz und Metabolit im Abwasserbehandlungsprozess sehr unterschiedlich verhalten können. Während MHD und Venlafaxin im Vergleich von Zu- und Ablauf eine geringfügige Verringerung der Fracht zeigen, so sind die Werte für Oxcarbazepin und ODV im Ablauf signifikant höher als im Zulauf. Eine Freisetzung der Analyten kann z. B. durch die Rücktransformation der Substanz aus einer glucuronidierten Form resultieren. Eine Ausscheidung als Glucuronid ist sowohl für Oxcarbazepin als auch für ODV bewiesen und die Möglichkeit der Rücktransformation ist aus früheren Studien bekannt.

Kläranlagen sind nicht dafür geeignet, Arzneimittel- und Metabolitenrückstände vollständig aus dem Abwasser zu entfernen. Vielmehr gelangt ein Großteil der Rückstände in die aquatische Umwelt. Auch wenn die gefundenen Konzentrationen weit unter den therapeutischen Konzentrationen liegen, wie sie zur Behandlung von Menschen notwendig sind, so wird doch klar, dass im Sinne des vorsorgenden Umweltschutzes der Eintrag von Arzneimitteln in die Umwelt zu verhindern, wenigstens aber zu minimieren ist. Hierfür stehen verschiedene Möglichkeiten, wie z. B. die Erweiterung der Kläranlagen um eine vierte Reinigungsstufe oder die Substitution von Arzneimitteln durch besser abbaubare Verbindungen, zur Verfügung. Gegenwärtig wird noch diskutiert, welche Wege zu beschreiten sind. Vermutlich wird sich die Problematik aber nur durch einen gesamtheitlichen Ansatz mit der Kombination verschiedenster Verbesserungsmöglichkeiten lösen lassen.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:14-qucosa-201044
Date19 July 2016
CreatorsGurke, Robert
ContributorsTechnische Universität Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Prof. Dr. Joachim Fauler, Prof. Dr. Joachim Fauler, Prof. Dr. Dimitrios Tsikas
PublisherSaechsische Landesbibliothek- Staats- und Universitaetsbibliothek Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
Languagedeu
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis
Formatapplication/pdf

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