Eine langdauernde Vorinkubation des GPI bzw. des MVD mit Morphin-haltiger Nährlösung (unter in vitro-Bedingungen wird anstelle von Morphin häufig Normorphin verwendet) führte zur Entwicklung von Toleranz und im Falle des GPI zu einer zusätzlichen Abhängigkeits-ähnlichen Reaktion. Die Toleranz manifestierte sich als verminderte Ansprechbarkeit gegenüber dem in Anwesenheit des Morphins akut applizierten Normorphin, während die Gewebeabhängigkeit sich als starke Naloxon-induzierte Kontraktion bemerkbar machte. Diese Kontraktion beruhte auf einer massiven Ausschüttung von Acetylcholin aus den postganglionär parasympathischen Nervenendigungen. Als Erklärung wurde hinzugezogen, dass Naloxon das Morphin von seinen Rezeptoren verdrängt und eine entzugsähnliche Reaktion auslöst.
Da nicht nur eine in vitro-Vorinkubation mit Morphin in den beiden Präparaten zur Empfindlichkeitsabnahme gegenüber Morphin/Normorphin führte sondern auch die mehrtägige, subkutane Implantation eines Morphin-Pellets oder einer Opioid-Lösung enthaltenden osmotischen Minipumpe, haben wir über den letzteren Weg selektive Toleranz gegenüber μ- (Morphin, Fentanyl), δ- (DADLE) und κ-Agonisten (Ethylketocyclazocin, MR 2034, MRZ) hervorgerufen. Nach in vivo-Behandlung mit den genannten Substanzen wurde das GPI präpariert, in einer Nährlösung, die den jeweiligen Agonisten in der ungefähr 80-fachen Toleranz-induzierenden Kon-zentration enthielt, aufgehängt und mit Feldelektroden elektrisch stimuliert. Die Reizparameter wurden so gewählt (supramaximale Spannung, 0.5 ms Reizbreite, 0.1 Hz Frequenz), dass ausschließlich das neuronale Gewebe stimuliert wurde, nicht aber der Glattmuskel.
In vorhergehenden Experimenten konnte die Rezeptorausstattung des GPI nicht eindeutig identifiziert werden. Mit der Erzeugung der selektiven Toleranz an µ-Rezeptoren wurde die akute Wirkung von sowohl μ- als auch δ-Rezeptor-Agonisten wesentlich vermindert. Demgegenüber, übten κ-Rezeptor-Agonisten ihre Wirkung in unveränderter Intensität aus. Die vollständige Kreuz-Toleranz zwischen Morphin und DADLE schloss das Vorhandensein eines δ-Rezeptors aus, während die fehlende Kreuz-Toleranz zwischen Normorphin/DADLE einerseits und Ethylketocyclazocin andererseits das Vorhandensein eines κ-Rezeptors belegte.
Es bedarf einer Erklärung, weshalb die in vivo-Behandlung mit Fentanyl nur geringe Toleranz gegenüber Normorphin auslöste und vice versa (wenig Kreuz-Toleranz), obwohl sich eine hochgradige Toleranz gegenüber derselben Substanz entwickelte. Es wurde geschlussfolgert, dass es verschiedene Subtypen von μ-Rezeptoren gibt, eines mit Empfindlichkeit gegenüber Morphin/Normorphin und ein anderes gegenüber Fentanyl.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:15-qucosa-203943 |
Date | 09 June 2016 |
Creators | Rubini Illes, Patrizia |
Contributors | Rudolph-Boehm-Institut, Medizinische Fakultät, Prof. Dr. med. Michael Schaefer, Prof. em. Dr. med. vet. Rüdiger Schulz, Prof. Dr. Wolfgang Nörenberg, Prof. em. Dr. Volker Höllt |
Publisher | Universitätsbibliothek Leipzig |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
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