Die Rotbuche (Fagus sylvatica L.) ist die bestimmende Baumart der potentiell natürlichen Vegetation in den Wäldern Mittel- und Westeuropas die ökonomisch bedeutsamste Laubbaumart Deutschlands. Obwohl diese spät-sukzessionelle Baumart über eine hohe physiologische Toleranz gegenüber einem weiten Spektrum klimatischer Wuchsbedingungen verfügt, wird die Buche gegenüber anderen temperaten Laubbaumarten als relativ trockensensitiv eingeschätzt. Da im Zuge des globalen Klimawandels mit einer Verschlechterung der klimatischen Wasserbilanz und mit einer Zunahme sommerlicher Trockenperioden gerechnet wird, wird die zukünftige Rolle der Rotbuche in der europäischen Forstwirtschaft derzeit intensiv diskutiert. Diese Studie hatte zum Ziel, hydrologische und klimatische Einflüsse auf die Produktivität und die Vitalität der Rotbuche zu untersuchen. Hierdurch sollen grundlegende Mechanismen der Trockenstressantwort bei dieser trocken-sensitiven Art identifiziert, und Rückschlüsse auf zukünftige Klimaantworten von Buchenbeständen ermöglicht werden. Zu diesem Zweck wurde die ober- und unterirdische Biomasseproduktion von 12 Buchenaltbeständen im Norddeutschen Tiefland entlang eines natürlichen Niederschlagsgradienten (543-816 mm a-1) auf einheitlichem geologischen Substrat ermittelt. Um den zusätzlichen Einfluss der Wasserspeicherkapazität der Böden zu berücksichtigen, wurden Paare von Buchenbeständen untersucht, die unter nahezu identischen klimatischen Bedingungen, jedoch auf Böden unterschiedlicher Textur (sandige versus lehmig-sandige Böden) stockten. Einflüsse der Wasserverfügbarkeit und klimatischer Variationen auf das Wachstum wurden untersucht unter Berücksichtigung (i) der gesamten ober- und unterirdischen Biomasseproduktion, (ii) der Dynamik von Ressourcen-Allokation und Kohlenstoff-Partitionierung, sowie (iii) der Morphologie wasseraufnehmender und -abgebender Oberflächen.
Unerwarteterweise zeigte sich die gesamte Produktivität von Buchen-Altbeständen nur geringfügig von Veränderungen der hydrologischen Regime entlang des Gradienten beeinflusst. Trotz deutlicher Unterschiede in der jährlichen Wasserverfügbarkeit nahmen die oberirdische und die gesamte Biomasseproduktion auf den trockeneren Flächen des Transektes nicht ab. Allerdings führten ausgeprägte früh-sommerliche Wasserdefizite (in den Monaten Juni und Juli) zu deutlichen Einbußen der oberirdischen Biomasseproduktion, und insbesondere der Stammholzproduktion. Entlang des untersuchten Gradienten konnte eine ausgeprägte, kontinuierliche Verschiebung der Allokationsmuster festgestellt werden: Mit abnehmender Wasserverfügbarkeit nahm die Feinwurzelproduktion zu und das Verhältnis von oberirdischer:unterirdischer Biomasseproduktion ab. Anders als oberirdische Komponenten zeigte die Feinwurzelproduktion eine hohe Sensibilität gegenüber Unterschieden hinsichtlich hydrologischer Regime. In Übereinstimmung mit der Optimalitätstheorie der pflanzlichen Ressourcennutzung konnte dieses Allokationsverhalten in sowohl in Reaktion auf veränderte Niederschläge, als auch in Antwort auf auch veränderte Wasserspeicherkapazitäten beobachtet werden. Allokative Anpassungsmechanismen an Wassermangel wurden im Feinwurzelbereich zusätzlich durch morphologische Plastizität (Zunahme im Verhältnis von Oberfläche: Biomasse) und durch Regulierung der räumlichen Verteilung (zunehmende Konzentrierung von Feinwurzeln in der organischen Auflage) komplementiert. Im Gegensatz zu diesen komplexen unterirdischen Trockenheits-Antworten konnten keinerlei Anpassungen der Blattmorphologie an veränderte hydrologische Bedingungen festgestellt werden.
Neben Reaktionen auf Wasserverfügbarkeit wurde die Fruchtbildung als zweiter wesentlicher Einfluss auf das Allokationsverhalten der Buche erkannt. Eine deutliche Ressourcen-Allokation zu Gunsten der Fruchtentwicklung beeinträchtigte maßgeblich das oberirdische vegetative Wachstum, insbesondere den Stammholzzuwachs. Auf Grund einer hohen Attraktionsstärke der Früchte gegenüber C und N führte zunehmende Fruktifizierung auch zu einer Gewichts- (und Größen-) Abnahme der Einzelblätter und somit zu reduzierter Bildung von Blattmasse und Bestandesblattfläche (LAI). Neben dieser Abnahme an assimilierender Blattoberfläche führte auch eine deutliche Senkung der Blatt-Stickstoffgehalte in Folge der reproduktiven Ressourcenwidmung mutmaßlich zu einer Verschlechterung der C-Bilanz, sowohl im Mast- als auch im Folgejahr. Eine Analyse klimatischer Einflussfaktoren auf das Mastverhalten legt nahe, dass die Blütenbildung der Buche durch Überschreitung eines Schwellenwertes der Kohlenstoffassimilation im Frühsommer (Juni-Juli) induziert wird.
Sofern diese Schlüsse zutreffen, unterliegt das zeitliche Muster der Fruktifikations-Antwort auf Witterungsauslöser einer Rückkopplungskontrolle durch pflanzliche Stickstoff-Dynamik. Vor dem Hintergrund anhaltend erhöhter Stickstoffdepositionen ergäbe sich aus diesem Mechanismus eine zusätzliche Belastung für das zukünftige vegetative Wachstum der Buche.
Es ist anzunehmen, dass die in dieser Studie belegte hohe allokative Plastizität in Altbäumen Fagus sylvatica dazu befähigt, ihre hohe Konkurrenzkraft in einem breiten Spektrum hydrologischer Regime zu entfalten. Darüber hinaus werden die hier dargestellten Mechanismen einer langfristigen Trockenheitsanpassung mutmaßlich zu einer gesteigerten Resistenz und Resilienz von Buchen-Altbeständen gegenüber Ereignissen extremer Sommertrockenheit beitragen.
Identifer | oai:union.ndltd.org:uni-goettingen.de/oai:ediss.uni-goettingen.de:11858/00-1735-0000-0022-5FFB-6 |
Date | 16 July 2014 |
Creators | Müller-Haubold, Hilmar |
Contributors | Hertel, Dietrich Dr. |
Source Sets | Georg-August-Universität Göttingen |
Language | English |
Detected Language | German |
Type | doctoralThesis |
Page generated in 0.0029 seconds