Für Lebertransplantationen bei Patienten mit hepatozellulärem Karzinom stellt sich angesichts der defizitären Organspendesituation die berechtigte Frage, unter welchen Bedingungen diese Form der Therapie ein gutes Outcome für die Patienten verspricht und somit keine Verschwendung der ohnehin knappen Ressourcen darstellt.
Ziel dieser Arbeit war es, ein Kollektiv aus 98 Patienten, die an einem hepatozellulären Karzinom erkrankten und im Zeitraum von 1994 bis einschließlich 2010 am Universitätsklinikum Leipzig eine Lebertransplantation erhielten, retrospektiv zu charakterisieren und den Einfluss mehrerer Faktoren auf das Outcome der Patienten zu untersuchen. Bei den Faktoren handelte es sich um die Wartezeit, den präoperativen Einsatz der TACE, den präoperativen AFP-Serumspiegel, sowie die Tumorzahl und -größe. Der Nachbeobachtungszeitraum lag bei 3 Jahren.
Die Charakterisierung des Kollektivs erbrachte folgende Ergebnisse:
Das Kollektiv bestand zu rund 80% aus Männern. Das mediane Alter zum Zeitpunkt der Transplantation lag bei 59 Jahren. Die Transplantationszahlen bei HCC-Patienten sind am UKL seit Einführung des MELD-Scores 2006 deutlich angestiegen. Die mediane Wartezeit hat sich seit Einführung des MELD-Scores nicht wesentlich verändert. Sie betrug 7,3 Monate in der Prä-MELD-Ära und 6,9 Monate in der MELD-Ära. Mit über 60% war der Alkoholabusus die häufigste Ursache für die Entstehung des hepatozellulären Karzinoms. An zweiter Stelle stand die Hepatitis-C-Infektion. In der Diagnostik des HCC spielte die Computertomographie die größte Rolle. Die Sensitivität des AFP zur Erfassung des HCC (>400 ng/ml) war mit Werten unter 30% sehr niedrig. Die TACE war die mit Abstand am häufigsten durchgeführte, neoadjuvante Maßnahme. Zum Zeitpunkt der Transplantation befanden sich rund 75% der Patienten in einem Stadium bis maximal T2. Das Auftreten von solitären und multifokalen HCCs war in etwa gleich häufig (46,9% vs. 53,1%). Die Milan-Kriterien waren bei knapp 39% der Patienten im postoperativen Explantat-Befund überschritten. Nach Transplantation traten bei 26 Patienten Abstoßungsreaktionen auf. 8 Patienten mussten aufgrund eines Transplantatversagens retransplantiert werden. Das postoperative Überleben (intention-to-treat) betrug 75,5% (6 Monate), 71,4% (1 Jahr) und 63,3% (3 Jahre). Die entsprechenden Rezidivraten lagen bei 11,2%, 14,3% und 22,4%. Rezidiven traten am häufigsten in der Spenderleber auf, gefolgt von einem Befall der Lymphknoten und Knochen.
Ein signifikanter Einfluss auf das Outcome der Patienten konnte für das AFP, die Tumorzahl und die Milan-Kriterien nachgewiesen werden:
Präoperative AFP-Spiegel unter 100 ng/ml zeigten eine signifikant niedrigere Rezidivrate. Multifokale Tumoren waren mit einem signifikant schlechteren 3-Jahres-Überleben verknüpft. Bei Erfüllung der Milan-Kriterien (im postoperativen Explantat-Befund) war die Rezidivrate signifikant und die Überlebensrate deutlich besser.
Für die Wartezeit konnte seit Einführung des MELD-Scores eine positive Entwicklung festgestellt werden. Das 3-Jahresüberleben hat sich bei Wartezeiten unter 12 Monaten um 22,5% verbessert. Die Rezidivrate ist bei Wartezeiten über 12 Monate um 15,3% gesunken.
Für den Einfluss der TACE auf das Outcome der Patienten konnten keine signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Auch andere Studien belegten bisher lediglich einen Vorteil für das erfolgreiche Downstaging gegenüber Patienten, bei denen die TACE erfolglos blieb. Für die Untersuchung des tatsächlichen Nutzens einer TACE vor Transplantation werden daher Studien mit höherem Evidenzgrad benötigt.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:15-qucosa-205991 |
Date | 05 July 2016 |
Creators | Kienlein, Andreas |
Contributors | Universität Leipzig, Medizinische Fakultät, Prof. Dr. Michael Bartels, Prof. Dr Thomas Berg, Prof. Dr. Hüseyin Bektas |
Publisher | Universitätsbibliothek Leipzig |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
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