Der Umgang mit Verkehrslärm ist eine wachsende Herausforderung für Städte. Denn während Ballungsräume immer stärker wachsen und somit höhere Verkehrsaufkommen entstehen, gibt es auch immer mehr Bewohner, welche vor den Auswirkungen des Lärms geschützt werden müssen. Ein geeigneter Rückzugsraum zur Erholung der Stadtbevölkerung von Verkehrslärm sind städtische Grünflächen, doch auch diese sind stetig steigenden Verkehrslärmpegeln ausgesetzt. Im Rahmen der Umgebungslärmrichtlinie sollen daher Grünflächen als „Ruhige Gebiete“ geschützt und entwickelt werden. Jedoch sind bisher keine Richtlinien vorhanden, wie diese im Kontext der Lärmkompensation gestaltet werden sollen.
Die vorliegende Arbeit betrachtet daher Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen Lärm und urbanen Grünflächen. Dabei soll untersucht werden, wie Grünflächen gestaltet sein sollten, damit diese einen möglichst hohen Lärmentlastungseffekt erzielen. Hierbei wird geprüft, welchen Einfluss verschiedene Faktoren auf die individuelle Lärmwahrnehmung und die Wahl der persönlichen Aufenthaltsbereiche der Nutzer in Grünflächen haben. Die Einflussfaktoren wurden basierend auf der Literaturanalyse in drei Einflussgruppen aufgeteilt: Die Soundscape als Geräuschumgebung, die Grünfläche als räumliche Umgebung sowie der Nutzer als wahrnehmende Person. Für jede Einflussgruppe wurden mehrere Hypothesen aufgestellt, sodass insgesamt 13 Hypothesen zur Prüfung vorlagen. Eine besonders starke Forschungslücke wurde hierbei bezüglich der Verdeckung der Vegetation aufgezeigt, da es diesbezüglich zwei konträre Theorien gibt, welche beide durch verschiedene Studien gestützt werden.
Zur Datenerhebung wurden drei verschiedene Methoden verwendet: Zunächst die Methodik der Soundwalks, bei welcher die Teilnehmer eine vordefinierte Route entlanggehen und an ausgewählten Punkten die Soundscape bezüglich ihrer individuellen Lärmwahrnehmung bewerten. Die Soundwalks wurden im Großen Garten in Dresden durchgeführt und an vier Terminen nahmen insgesamt 33 Teilnehmer teil. Danach wurde ein Set an unterschiedlichen Grünflächen in Dresden ausgewählt, in denen die beiden quantitative Untersuchungen durchgeführt wurden: Zum einen Strukturierte Interviews, bei welchen Nutzer in den verschiedenen Grünflächen bezüglich ihrer individuellen Lärmwahrnehmung befragt wurden. Zum anderen wurden Quantitative Beobachtungen durchgeführt, welche dazu dienten, die in den Grünflächen aufgesuchten Aufenthaltsbereiche einer großen Anzahl von Nutzern zu erfassen. Im Rahmen dieser beiden quantitativen Datenerhebungsmethoden wurden 388 Personen befragt sowie 12.680 Personen beobachtet.
Die Auswertung der erhobenen Daten ergab, dass es mehrere Faktoren gibt, welche einen besonders deutlichen Einfluss auf die Wahrnehmung von Lärm in städtischen Grünflächen haben. Zum einen ist dies – recht offensichtlich – der vor Ort vorherrschende Lärm. Dieser kann durch die Höhe der Schalldruckpegel, psychoakustische Parameter, den Anteil an verlärmter Fläche und die wahrgenommene Stärke von Verkehrslärm charakterisiert werden. Je höher diese Werte sind, desto schlechter wird die individuelle Lärmwahrnehmung bewertet. Einen positiven Einfluss hat diesbezüglich jedoch die Anwesenheit von Naturgeräuschen. Aufgrund von Multisensorik hat allerdings auch die visuelle Wahrnehmung einen starken Einfluss auf die Geräuschwahrnehmung. Hierbei ist zum einen die visuelle Qualität zu nennen, denn umso ansprechender eine Grünfläche gestaltet ist, desto geringer wird der Lärm dort wahrgenommen. Zudem wirkt sich eine komplette Verdeckung der Lärmquelle – insbesondere bei Straßenverkehr – ebenfalls positiv auf die Lärmwahrnehmung aus. Dies unterstützt somit die Theorie der Aufmerksamkeitsfokussierung, welche besagt, dass möglichst wenige Sinne einen unangenehmen Reiz wahrnehmen sollen. Daher führt auch eine semi-transparente Verdeckung der Lärmquelle noch nicht zu einer signifikanten Verbesserung der Wahrnehmung, sondern erst eine komplette Verdeckung dieses visuellen Reizes. Der letzte untersuchte Faktor war der des Nutzers. Hierbei konnte aufgezeigt werden, dass Nutzer für lärmsensible Aktivitäten vermehrt auch ruhigere Grünflächenbereiche aufsuchen. Um Aktivitäten durchzuführen, welche ortsgebunden sind und somit fest montiertes Grünflächenmobiliar wie Sitzbänke oder Spielplätze benötigen, werden hingegen auch öfter lautere Bereiche genutzt.
Insgesamt konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass die Auswirkungen des Verkehrslärms bezogen auf die Grünfläche verringert werden, wenn diese möglichst wenige Verkehrsgeräusche, sondern vermehrt Naturgeräusche aufweist, von einer hohen visuellen Gestaltungsqualität geprägt ist und die Lärmquellen an den Rändern komplett verdeckt. Abschließend erfolgte basierend auf diesen Erkenntnissen die Erstellung eines Maßnahmenkatalogs, welcher förderliche Ziele und Maßnahmen zur Verbesserung der Grünflächen vorstellt. Diese sind insbesondere im Kontext der „Ruhigen Gebiete“ geeignet, um die Lärmwahrnehmung in städtischen Grünflächen subjektiv zu mindern.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:85019 |
Date | 28 April 2023 |
Creators | Zapf, Verena |
Contributors | Schmidt, Catrin, Altinsoy, Ercan, Technische Universität Dresden |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | info:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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