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Thermisch vorgespanntes Glas mit nachgeschliffenen Kanten

Glas wird mit dem Ziel, die Festigkeits- und Sicherheitseigenschaften zu verbessern, thermisch vorgespannt und zu Verbundglas laminiert. Nur so ist es möglich, Bauteile wie Treppen, Träger und Stützen transparent zu gestalten oder sogar Ganzglaskonstruktionen auszuführen. Gleichzeitig werden an diese Glasbauteile höchste ästhetische Ansprüche gestellt. Diese Ansprüche können aktuell nicht immer erfüllt werden. Aus dem Veredelungsprozess von Verbundglas resultiert ein Kantenversatz zwischen den Einzelgläsern, der die optische Qualität der frei sichtbaren Kanten erheblich beeinträchtigt. Darüber hinaus führt dieser Kantenversatz bei Lasteinleitung über die Kante zu einer ungleichmäßigen und damit ungünstigen Lastverteilung auf die Einzelgläser.

Das Nachschleifen der Verbundglaskante ermöglicht, die optische Beeinträchtigung zu beheben und eine ebene Kantenoberfläche zu schaffen. Bei thermisch vorgespanntem Glas verursacht das Nachschleifen allerdings einen mechanischen Eingriff in den thermischen Vorspannungszustand, der sinkende Festigkeiten zur Folge haben kann. Dies stellt ein erhebliches Risiko dar, da das Bauteil unplanmäßig versagen könnte. Eine wissenschaftlich belegte Beurteilung des Versagensrisikos ist derzeit nicht verfügbar. Die europäische Normung schließt das Nachschleifen deshalb vollständig aus. Die vorliegende Arbeit trägt dazu bei, diese Lücke zu schließen und verfolgt das Ziel, den Einfluss des Nachschleifens auf thermisch vorgespannte Gläser zu charakterisieren.

Eine Auseinandersetzung mit der Herstellung und Veredelung von Flachglas führt zur Ausgangssituation für das Nachschleifen und den zu berücksichtigenden Einflussgrößen. Das daraus abgeleitete experimentelle Versuchsprogramm beinhaltet die zweistufige Untersuchung von 240 Probekörpern aus Einscheiben-Sicherheitsglas und Teilvorgespanntem Glas mit variierender Glasdicke. Diese wurden in unterschiedlichen Nachschleiftiefen bearbeitet. Zunächst erfolgt die umfangreiche Analyse des thermischen Vorspannungszustands mit Hilfe von spannungsoptischen Messmethoden. Der zweite Schritt beinhaltet Bruchversuche zur Bestimmung der Festigkeit sowie begleitende mikroskopische Untersuchungen des bruchverursachenden Defektes.

Die Analyse der Korrelation zwischen den Ergebnissen der thermischen Vorspannung und dem Bruchverhalten erlaubt die Beschreibung des Einflusses des Nachschleifens auf thermisch vorgespanntes Glas. Daraus geht hervor, dass die thermische Vorspannung an der Kante mit steigender Nachschleiftiefe sinkt. Mit den Vorspannungswerten sinkt auch die Beanspruchbarkeit der Gläser. Die verbleibenden charakteristischen Festigkeiten unterschreiten jedoch nicht zwangsläufig die normativ geforderten Grenzwerte. In Abhängigkeit von Glasart und Glasdicke ist das Nachschleifen in definierten Grenzen möglich, ohne ein unplanmäßiges Versagensrisiko hervorzurufen.

Aus den Ergebnissen der Probekörper dieser Arbeit geht hervor, dass Teilvorgespanntes Glas, in Abhängigkeit von der Glasdicke, maximal 3 mm nachgeschliffen werden konnte, ohne die in den Produktnormen geforderten Festigkeiten zu unterschreiten. Im Gegensatz dazu lag die Grenze bei Einscheiben-Sicherheitsglas schon bei 1 mm Nachschleiftiefe. Auf dieser Grundlage sowie der Zusammenführung aller Ergebnisse dieser Arbeit erfolgt die Herleitung von konstruktiven sowie verfahrenstechnischen Empfehlungen, die sich positiv auf die nach dem Nachschleifen verbleibende Festigkeit auswirken. Für die Ingenieurpraxis wird zudem ein Nachweiskonzept für thermisch vorgespannte Gläser mit nachgeschliffenen Kanten erarbeitet.

Die Erkenntnisse dieser Arbeit zeigen, dass das Potential des Nachschleifens als zusätzlicher Veredelungsschritt von thermisch vorgespannten Verbundgläsern genutzt werden kann. Sie belegen, auf Basis umfangreicher wissenschaftlicher Untersuchungen, dass kein unplanmäßiges Versagensrisiko durch das Nachschleifen entsteht, wenn bestimmte Grenzwerte eingehalten werden. Die aus dem Umfang der Versuche dieser Arbeit abgeleiteten Empfehlungen und das entwickelte Nachweiskonzept eröffnen einen Weg für den zukünftigen Einsatz des Nachschleifens von thermisch vorgespannten Gläsern, um Glasbauteile mit ebenen und optisch hervorragenden Verbundglaskanten schaffen zu können.:1 Einleitung
2 Glasherstellung und -veredelung
3 Thermische Vorspannung
4 Festigkeit und Bruchverhalten
5 Gesamtergebnisse und Empfehlungen
6 Zusammenfassung und Ausblick
7 Literatur / To enhance the strength and safety of glass members, glass is often both thermally toughened and laminated. This enables the realisation of transparent components such as staircases, beams and columns, or even all-glass constructions. Additionally, these glass constructions must meet the demand on high aesthetic quality. Currently, it is not always possible to reach these demand. Processing laminated glass can cause an edge offset between the individual glass panes, which significantly affects the optical quality of visible glass edges. Moreover, in the case of glass components with load introduction into the laminated glass edge, the offset leads to an uneven and adverse load splitting on the individual glass panes.

Regrinding laminated glass edges provides the opportunity to remove the optical deficit and establish smooth edges. However, regrinding of thermally toughened glass causes a mechanical intervention into the residual stress state that could lead to a decrease in strength. This poses a considerable risk, as the glass component could fail unexpectedly. Despite this significant risk, there are currently no scientifically established risk assessment methods for the influence of regrinding. Therefore, the European standards exclude the regrinding of thermally toughened glass. Accordingly, this thesis aims to address this deficiency by characterising the effect of regrinding on thermally toughened glass.

In this thesis, extensive analysis of flat glass production and processing of glass lead to the influencing variables, which has to be considered in the examination of regrinding. The derived two-stage testing programme includes 240 specimens made of fully tempered glass and heat-strengthened glass of varying thicknesses. Specimens underwent regrinding to varying depths. Firstly, the analysis of the residual stress state is carried out with stress-optical measuring methods. Afterwards, fracture tests are executed to determine the strength. Accompanying studies include microscopic examinations of the defects in the glass causing the fracture.

Measured residual stress state and fracture stress are correlated in order to characterise the influence of the regrinding process on thermally toughened glass. The study demonstrated that increasing regrinding depths lead to a decrease in the residual stress at the edge. As a result, the resultant strength also decreases. However, the remaining characteristic strengths are not necessarily below the normatively regulated characteristic strengths. Depending on the glass type and thickness, regrinding is possible within defined limits without causing an unexpected risk of failure.

The results of the tested specimens of this thesis indicate that, depending on the glass thickness, regrinding of heat-strengthened glass is possible up to a maximum of 3 mm regrinding depth without a reduction in strength below standardised limits. In contrast, the maximum limit of regrinding fully tempered glass was 1 mm. On this basis, as well as, the combination of all experimental results of this thesis, constructive and procedural recommendations which positively affect the remaining strength after regrinding are derived. In addition, a verification concept for thermally toughened glass with reground edges is developed.

Finally, the results of this thesis show that the regrinding process can be implemented as an additional finishing step for thermally toughened laminated glass. Based on comprehensive scientific studies, the outcome verifies that regrinding up to defined limits does not result in risk of premature failure. The derived recommendations and developed verification concept, which results from the examinations of this thesis, establish opportunities for future use of reground laminated thermally toughened glass to create glass components with smooth edges of the highest optical quality.:1 Einleitung
2 Glasherstellung und -veredelung
3 Thermische Vorspannung
4 Festigkeit und Bruchverhalten
5 Gesamtergebnisse und Empfehlungen
6 Zusammenfassung und Ausblick
7 Literatur

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:70671
Date29 April 2020
CreatorsLohr, Katharina
ContributorsWeller, Bernhard, Siebert, Geralt, Reich, Stefan, Technische Universität Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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