Im Zentrum der vorliegenden Arbeit steht die Untersuchung der Temperamalerei in München zwischen 1850 und 1914. Die Temperamalerei entwickelte sich in diesem Zeitraum zu einem maltechnischen Trend, dem sich Vertreter unterschiedlichster Kunstrichtungen anschlossen. Die vorliegende Untersuchung ergänzt bisherige Studien zu diesem Themengebiet, die sich vorwiegend auf die Auswertung von Schriftquellen stützten, durch einen interdisziplinären Forschungsansatz, der erstmals kunsttechnologische Untersuchungen von Gemälden mit einer umfassenden Auswertung der Quellen kombiniert. Im Fokus steht die individuelle maltechnische Entwicklung von vier Künstlern, die zu den einflussreichsten Protagonisten der Münchner Kunstszene gehörten: Arnold Böcklin (1827–1901), Franz von Stuck (1863–1928), Franz von Lenbach (1836–1904) sowie Wassily Kandinsky (1866–1944).
Es wird beleuchtet, wie diese äußerst unterschiedlichen Künstlerpersönlichkeiten die Temperamalerei erlernten, welche Vorbilder sie hatten und wie sie ihr maltechnisches Wissen untereinander weitergaben. Ferner wird untersucht, welchen Stellenwert die Maltechnik in ihrer Malerei einnahm und inwiefern ein Zusammenhang von Bildinhalt, formaler Gestaltung und maltechnischer Umsetzung besteht. Die Untersuchung zeigt auch die zeittypische, breite Palette der Malmaterialien und ihre Kombinationen im Bildaufbau auf: Diverse selbst hergestellte Temperafarben und kommerzielle Tempera-Tubenfarbenprodukte kamen wahlweise in einer schichtenweisen Malerei oder als Primamalerei zur Anwendung. Daraus resultiert ein breites Spektrum unterschiedlicher Erscheinungsbilder, die von einer im klassischen Sinn Tempera-ansichtigen Malerei mit strichelndem Farbauftrag bis zu einer nass-in-nass modellierten Primamalerei reichen, welche üblicherweise mit der Ölmalerei in Verbindung gebracht wird. Folglich erweiterten sich im Vergleich zu klassischen Ölmalerei mithilfe der Temperafarben die individuellen, maltechnischen Ausdrucksmöglichkeiten der Künstler. Dies ist neben einer verbesserten Haltbarkeit der Gemälde und einer rationelleren Arbeitsweise der wesentliche Grund für die Faszination, die die Temperamalerei auf die untersuchten Künstler ausübte. / This study focusses on the investigation of tempera easel painting techniques in Munich between 1850 and 1914. During this period, tempera painting evolved to a trend that was joined by various artists of different art movements. This investigation complements previous studies on this topic, which mainly relied on the analysis of written sources, with an interdisciplinary approach that combines art technological examinations and a comprehensive evaluation of the written sources. The main focus is to investigate the individual painting techniques of four important protagonists of the Munich art scene at that time: Arnold Böcklin (1827–1901), Franz von Stuck (1863–1928), Franz von Lenbach (1836–1904) and Wassily Kandinsky (1866–1944).
The study outlines how they learned to paint in tempera, which models they had and how they passed on their practical knowledge. Furthermore, it shows up the wide range of painting materials and the various possibilities of their application: The artists could choose between various self-made tempera paints and commercially available tempera paint tubes, which they applied either alla prima or in layers. This results in a wide range of different paint appearances, ranging from a tempera-like appearance in the classical sense up to a wet-on-wet modelled alla prima painting, which is conventionally associated with the visual appearance of oil painting. Consequently, tempera painting helped them to extend their individual means of expression compared to traditional oil painting, which is – in addition to an improved durability and a more rational way of painting – the main reason for their fascination of the tempera painting technique.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:82622 |
Date | 12 December 2022 |
Creators | Neugebauer, Wibke |
Contributors | Dietemann, Patrick, Haller, Ursula, Stege, Heike, Hochschule für Bildende Künste Dresden |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | info:eu-repo/semantics/updatedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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