Für inhalativ applizierte Arzneimittel spielt das Ausmaß der pulmonalen Absorption eine entscheidende Rolle. Für Substanzen, die lokal in der Lunge wirken sollen, sind für eine gute Wirksamkeit hohe lokale Wirkstoffkonzentrationen, und für eine geringe Nebenwirkungsrate niedrige systemische Plasmaspiegel wichtig. Sollen allerdings Substanzen das Lungenepithel überwinden und im systemischen Kreislauf wirken, ist eine hohe systemische Verfügbarkeit für eine gute Wirkung gewünscht. Das Ziel dieser Studie war es mit in vitro und ex vivo Methoden das Absorptions- und Permeationsverhalten von pulmonal applizierten Substanzen zu studieren.
Der Transportmechanismus über das Lungenepithel des langwirksamen ß2-Agonisten Salmeterol wurde mithilfe des humanen ex vivo Lungenperfusionsmodells untersucht. Die Anwendung von L-Carnitin als Hemmstoff von organischen Kationen/Carnitin Transportern (OCT/N) bewirkte eine Verringerung der pulmonalen Absorption von Salmeterol von ca. 90 %, was auf eine Beteiligung von Transportern, möglicherweise des OCTN2 oder OTCN1, für den Transport von Salmeterol über das Lungenepithel hindeutete. Es wurde somit zum ersten Mal erfolgreich gezeigt, dass Salmeterol wahrscheinlich als Substrat der Transportproteine fungiert und der Übertritt über das Lungenepithel von organischen Kationen/Carnitin Transportern abhängig ist. Bisher wurde eine Interaktion von Salmeterol mit den OCT/N nur in in vitro Versuchen studiert und Salmeterol wurde nur als Hemmstoff und nicht als Substrat untersucht. Die Beteiligung eines Transporters für die pulmonale Absorption von Salmeterol steht außerdem im Einklang mit Untersuchungen über weitere ß2-Agonisten wie das kurzwirksame Salbutamol und das langwirksame GW597901. Somit scheinen sowohl lipophile als auch hydrophile ß2-Agonisten Substrate für die OCT/N zu sein.
Die Fähigkeit von IGF-1, nach pulmonaler Applikation in den systemischen Kreislauf zu gelangen, wurde in der vorliegenden Studie mit Hilfe des Lungenperfusionsmodells untersucht. Das IGF-1 wurde gebunden an Trehalose oder an Fibroin als Pulver verabreicht. Die Trehalose sollte eine schnelle Abgabe des IGF 1 bewirken, und das Fibroin sollte zum einen ein Trägermaterial mit schützenden Eigenschaften für das IGF 1 darstellen, und zum anderen sollte eine mögliche verzögerte Freisetzung von IGF-1 aus Fibroin in einem ex vivo Modell untersucht werden, die in vorausgegangenen in vitro Versuchen über 3 h lang vorhanden war. Das Peptid wurde nach der Applikation sowohl der Trehalosepartikel als auch der Fibroinpartikel pulmonal absorbiert und folgte einer linearen Verteilungskinetik. Dieses lineare Absorptionsverhalten des IGF-1 war vergleichbar mit der Kinetik von inhalativem Insulin, die in in vivo Studien beobachtet wurde. Somit konnte gezeigt werden, dass das IGF-1 nach pulmonaler Applikation systemisch verfügbar sein könnte und eine vergleichbare pulmonale Pharmakokinetik wie das strukturell ähnliche Insulin besitzt. Außerdem unterschied sich das Absorptionsverhalten von IGF-1, gebunden an Trehalose, nicht signifikant von dem von IGF-1/Fibroin, was im Gegensatz zu in vitro Untersuchungen stand, in denen das IGF-1 verzögert aus Fibroin freigesetzt wurde. Somit wirkte sich die kontrollierte Abgabe in vitro nicht auf die Verteilungskinetik ex vivo aus. Daraus ergibt sich, dass sowohl Trehalose als auch Fibroin als Trägermaterial für IGF-1 zur pulmonalen Applikation geeignet wären, und dass IGF-1, gebunden an Fibroin eine Formulierung wäre, die zum einen das IGF 1 schützen kann und die zum anderen eine gleiche pulmonale Kinetik wie IGF 1, gebunden an schnell auflösende Trägersubstanzen, besitzt. Außerdem wurde dadurch die Wichtigkeit betont, die Pharmakokinetik von pulmonal verabreichten Substanzen am intakten Organ mit erhaltener Komplexität und Funktionalität zu untersuchen, und dass das Lungenperfusionsmodell hierfür eine geeignete Methode darstellt. Darüber hinaus wurde belegt, dass mithilfe des Lungenperfusionsmodells erfolgreich pharmakokinetische Daten für nieder- und höhermolekulare Substanzen gesammelt werden können, die als Aerosol oder als Pulver appliziert werden.
Auch in den in der vorliegenden Arbeit durchgeführten in vitro Permeationsversuchen, die mit der Bronchialepithelzelllinie Calu-3 durchgeführt wurden, zeigte IGF-1 vergleichbare lineare Permeationseigenschaften wie das Insulin, mit einem apparenten Permeationskoeffizienten von 1,49 * 10-8 cm/sec für IGF-1 und 2,11 * 10-8 cm/sec für Insulin. Das IGF 1 schien durch die Calu-3 Zellen sowohl parazellulär als auch transzytotisch zu permeieren, wie es für Makromoleküle generell vermutet wird. Durch die Verwendung von Hemmstoffen der Transzytose bzw. bestimmter endozytotischer Mechanismen in den Permeationsstudien konnte gezeigt werden, dass, wie bereits genannt, der Transport durch die Zellen eine wichtige Rolle für den Übertritt von IGF-1 über Calu-3 Zellmonolayer spielte. Die Studien ergaben außerdem, dass die zelluläre Aufnahme des IGF-1 unabhängig von Clathrin und abhängig von Dynamin war.
Der Einsatz einer humanen bronchioalveolären Lavage in den Permeationsversuchen bewirkte zum einen eine Erhöhung des Transportes von IGF 1 durch die Calu-3 Zellen, und zum anderen war die zelluläre Aufnahme in diesem Fall unabhängig von Dynamin und unterschied sich somit von den vorherigen Untersuchungen, in denen keine Lavage eingesetzt wurde. Das bedeutet, dass Faktoren in einer bronchioalveolaren Lavage enthalten waren, die sowohl das Ausmaß der Permeation als auch den Mechanismus der zellulären Aufnahme von IGF-1 in Calu-3 Zellen beeinflussten.
Zusammenfassend konnten in der vorliegenden Arbeit erfolgreich weitere Hinweise für die Beteiligung von Transportern an der pulmonalen Absorption von ß2-Agonisten mithilfe des ex vivo Lungenperfusionsmodells gefunden werden, was somit eine wertvolle Ergänzung zu bisher vorhanden in vitro Studien darstellt. Daneben wurde zum ersten Mal gezeigt, dass das IGF-1 nach Applikation in die Lunge pulmonal absorbiert werden könnte. Das belegt den Nutzen der Lunge als Eintrittsort in den systemischen Kreislauf, was vor allem für peptidische Arzneistoffe von Bedeutung ist. / The extent of the pulmonary absorption plays an important role for drugs applied via inhalation. For substances meant to exhibit local effects within the lung, high local concentrations are crucial for maximum efficacy, and for a low rate of systemic adverse effects low plasma levels are advantageous. But if substances are meant to pass the lung epithelia and act in the systemic circulation a high systemic availability is requested for good efficacy.
The aim of this study was to investigate the absorption and permeation behavior of pulmonarily applied substances using in vitro and ex vivo methods.
The transport mechanism of the long acting ß2-agonist salmeterol through lung epithelia was studied with the help of an ex vivo lung perfusion model. The organic cation/carnitine transporter inhibitor l-carnitine caused a decrease of the pulmonary absorption of salmeterol of about 90 %, indicating an involvement of transporters, possibly OCTN2 or OCTN1, for the uptake of salmeterol through the lung epithelia. For the first time it was successfully shown that salmeterol acts as a substrate for transport proteins and that its transport through the lung epithelia is dependent on the organic cation/carnitine transporters (OCT/N). So far the interaction of salmeterol with the OCT/N had been studied only in vitro and salmeterol had been solely described as an inhibitor and not as a substrate. Furthermore the results on the pulmonary absorption of salmeterol are in accordance with studies about other ß2-agonists like the short acting salbutamol and the long acting GW597901. Apparently, lipophilic and hydrophilic ß2-agonists are substrates for the OCT/N.
The pulmonary absorption of IGF-1 was investigated in this study using the lung perfusion model. IGF-1 was applied bound to trehalose or fibroin. The trehalose was used for a fast release of IGF-1. The fibroin as a carrier was meant to provide a protection of IGF-1, and a possible sustained release that was shown in previous in vitro assays over about 3 h, was to be studied in an ex vivo model. The peptide was absorbed pulmonarily after application of the treahlose and fibroin microparticles and exhibited linear distribution kinetics. This linear absorption behavior of IGF-1 was comparable to the kinetics of inhaled insulin observed in in vivo studies. Therefore it was shown that IGF-1 might be systemically available after pulmonary application and that IGF 1 displays comparable pulmonary pharmacokinetics to the structurally similar insulin. Additionally, the absorption behavoir of IGF-1 bound to trehalose was not significantly different from IGF 1/fibroin, which was in contrast to in vitro studies showing a sustained release of IGF-1 bound to fibroin. Thus, the in vitro controlled release was not mirrored in the distribution kinetics ex vivo. This suggests that both trehalose and fibroin are suitable carriers for pulmonary application of IGF-1 and that IGF-1 bound to fibroin provides a formulation that is able to protect IGF-1 and possesses comparable pulmonary kinetics to IGF-1 bound to fast dissolving carriers. Additionally these data demonstrated the importance to study the pharmacokinetics of pulmonarily applied substances by using the intact organ with conserved complexity and functionality, and that the human isolated perfused lung is a suitable model. Furthermore it was proven, that pharmakokinetic data of low and high molecular compounds applied as aerosol or powder, can be successfully obtained using the lung perfusion model.
The in vitro permeation experiments of the present study employing Calu-3 bronchial epithelial cells also showed a linear absorption behavior of IGF-1 comparable to that of insulin, with an apparent permeability coefficient of 1,49 * 10-8 cm/sec for IGF-1 and 2,11 * 10-8 cm/sec for insulin. IGF-1 apparently passed the Calu-3 cells via a paracellular and transcytotical mechanisms, which are thought to be the major routes of macromolecules. The use of inhibitors of transcytosis and certain endocytotic pathways showed that the transport through the cells was important for the passage of IGF-1 through Calu-3 cell monolayers, as mentioned before. Furthermore the studies revealed that the cellular uptake of IGF-1 was independent of clathrin and dependent on dynamin.
Human broncheoalveolar lavage caused an increase of the IGF-1 transport through the Calu-3 cells and in contrast to former investigations without a lavage the cellular uptake was independent of dynamin in this case. That implies that the broncheoalveolar lavage contained factors influencing both the extent and the mechanism of the cellular IGF-1 uptake into Calu-3 cells.
In conclusion, this work employing an ex vivo lung perfusion model provides additional evidence for the involvement of transporters in the pulmonary absorption of ß2-agonists. These data demonstrate a valuable extension of knowledge compared to previous in vitro studies. Furthermore, for the first time it has been shown that IGF 1 might be pulmonarily absorbed after application to the lung. This shows the suitability of the lung as point of entrance into the systemic circulation, which is especially interesting for peptide drugs.
Identifer | oai:union.ndltd.org:uni-wuerzburg.de/oai:opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de:11863 |
Date | January 2015 |
Creators | Vollmers, Frederic |
Source Sets | University of Würzburg |
Language | deu |
Detected Language | English |
Type | doctoralthesis, doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
Rights | https://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/doku/lic_mit_pod.php, info:eu-repo/semantics/openAccess |
Page generated in 0.004 seconds