Return to search

Die Entwicklung des prozeduralen Metagedächtnisses über die Lebensspanne / The development of procedural metacognition across the life-span

Der Entwicklungsverlauf metakognitiver Überwachungsprozesse und das Zusammenspiel von Überwachungs- und Kontrollprozessen ist über die gesamte Lebensspanne hinweg nur für isolierte Altersgruppen, nicht aber in Studien, die Teilnehmer vom Kindes- bis zum höheren Erwachsenenalter einschließen, untersucht worden. Diese Lücke sollte mit der vorliegenden Arbeit geschlossen werden, denn gerade solche Designs können dazu beitragen, Aufbau- und Abbauprozesse zu kontrastieren, und Hinweise auf frühzeitig vorhandene sowie im Altersverlauf bestehende Fähigkeiten geben, die dann kompensatorisch genutzt werden können.
Die eigene Arbeit befasste sich dabei mit dem Verlauf einer Vielzahl von pro- und retrospektiven Überwachungsvorgängen über die Lebensspanne. Der Schwerpunkt lag auf dem Einfluss verschiedener Kontextfaktoren (z.B. Komplexität des Lernmaterials, Vorwissen, Strategienutzung) auf die Überwachungsleistung in den jeweiligen Altersstufen. Außerdem wurde überprüft, inwieweit wechselseitige Zusammenhänge zwischen Überwachungs- und Steuerungsprozessen in den untersuchten Altersgruppen unterschiedlich stark ausgeprägt sind.
Diese Fragestellungen wurden in sechs Experimenten mit insgesamt 816 Teilnehmern untersucht. Es handelte sich dabei um Drittklässler im Alter zwischen 7 und 9 Jahren, Jugendliche zwischen 12 und 14 Jahren, jüngere Erwachsene zwischen ca. 18 und 25 Jahren sowie ältere Erwachsene zwischen ca. 60 und 80 Jahren. Erhoben wurden Ease-of-Learning-Urteile (EOLs) bzw. ein globales Verständnisurteil als Maß der Überwachung vor dem eigentlichen Lernprozess, Judgments of Learning (JOLs) als Maß der Überwachung nach dem Lernvorgang und Sicherheitsurteile (SUs) als Maß der Überwachung nach dem Erinnerungsabruf.
Es zeigte sich, dass die Überwachungsleistung sowohl, was die Differenzierungsfähigkeit zwischen richtigen und falschen Antworten, als auch, was die Genauigkeit betrifft, bezüglich der JOLs und der SUs über die gesamte untersuchte Altersspanne hinweg im Wesentlichen konstant und auf recht hohem Niveau blieb. Lediglich bei den EOLs ergaben sich Alterseffekte: Die jüngeren Erwachsenen schnitten besser ab als die anderen Altersgruppen, was mit besseren Fähigkeiten, spätere Lern- und Erinnerungsvorgänge zu antizipieren, erklärt werden kann.
In Bezug auf den Einfluss von Kontextfaktoren konnte nachgewiesen werden, dass sich die Überwachungsleistungen bei verschieden komplexen Materialien (Paar-Assoziationen versus Film- oder Textmaterial) unter günstigen Bedingungen, z.B. wenn die Leistungsvorhersagen stark mit der Erinnerungsabfrage korrespondieren, kaum unterscheiden. Bei Rekognitionsaufgaben fielen die Überwachungsleistungen im Vergleich zu Aufgaben zur freien Erinnerung insgesamt schlechter aus. Ein großes bereichsspezifisches Vorwissen resultierte über alle Maße hinweg eher in einer Überschätzung der eigenen Leistung, bei den SUs jedoch auch in einer verbesserten Leistung im Vergleich zu Personen mit weniger Vorwissen. Ein Strategietraining wirkte sich besonders bei den Grundschülern und den älteren Erwachsenen positiv auf die Überwachungsleistung aus. Die eher gering ausgeprägten Alterseffekte weisen darauf hin, dass die einzelnen Kontextfaktoren über die Lebensspanne hinweg einen vergleichbaren Einfluss zu haben scheinen.
Hinsichtlich sequenzieller Zusammenhänge zwischen Überwachungs- und Steuerungsprozessen (hier operationalisiert durch JOLs und die selbst gesteuerte Lernzeiteinteilung) zeigte sich, dass die Teilnehmer aller Altersgruppen in der Lage waren, sowohl Informationen aus den JOLs für die Anpassung der Lernzeit (Monitoring-affects-control-Modell) als auch – in etwas geringerem Ausmaß – Informationen aus der Lernzeit für die Anpassung der JOLs zu nutzen (Control-affects-monitoring-Modell). Der simultane Wechsel zwischen beiden Modellen stellt einen deutlich komplexeren Vorgang dar und konnte deshalb vor allem bei den Jugendlichen und den älteren Erwachsenen nachgewiesen werden.
Insgesamt gesehen belegen die Ergebnisse der sechs Experimente, dass metakognitive Überwachungsfähigkeiten bereits recht früh, d.h. im mittleren Grundschulalter, gut ausgeprägt sind und auch bei älteren Erwachsenen noch lange auf gutem Niveau erhalten bleiben. Lediglich der flexible Wechsel zwischen Überwachungs- und Kontrollprozessen scheint in diesen beiden Altersgruppen noch Schwierigkeiten zu bereiten. Die ähnliche Wirkweise der Kontextfaktoren in den einzelnen Altersgruppen weist auf vergleichbare zugrunde liegende Prozesse hin. Die grundsätzlich guten metakognitiven Leistungen bei Kindern und älteren Erwachsenen sollten demnach genutzt werden, um Gedächtnisprozesse insbesondere in diesen Altersgruppen zu fördern. / The development of metacognitive monitoring processes and the interplay between monitoring and control has been studied so far only in isolated age groups. Studies including participants from childhood to older adulthood are still needed. The present work aims to fill this gap in order to contrast potential construction and deterioration processes and to gain information about cognitive abilities which can compensate for potential deficiencies in the respective age groups. Consequently, the present studies include a vast number of prospective and retrospective monitoring processes and examine their development across the life span. The main focus was the impact of different contextual factors (i.e. task complexity, previous knowledge, strategy use) on monitoring performance in the respective age groups. Additionally, differences in the interplay between monitoring and control processes were studied. Six experiments with a total of 816 participants were conducted, who consisted of four groups: third-graders between 7 and 9 years of age, adolescents between 12 and 14 years, younger adults between 18 and 25 years, and older adults between 60 and 80 years. The main measures of interest were Ease-of-Learning Judgments (EOLs), sometimes replaced by a general judgment of comprehension, Judgments of Learning (JOLs), and Confidence Judgments (CJs), in order to operationalize monitoring before learning, after learning, and after recall.
The results show that monitoring performance in JOLs and CJs remained on a constantly high level throughout the investigated age span, both in differentiation between correct and incorrect items and in monitoring accuracy. Age effects were found only in EOLs: here younger adults outperformed the other age groups, thus showing better abilities to anticipate subsequent learning and recall processes. Concerning the impact of contextual factors, monitoring performance was on a similar level with? stimuli of different complexity (paired associates vs. films and texts), provided that the conditions were favorable (for example where there was a high level of correspondence between performance prediction and recall format). In recognition tasks, monitoring performance was somewhat lower than in free recall tasks. Higher domain-specific knowledge resulted in an overestimation of performance, but also in an enhanced monitoring performance in CJs, as compared to those of participants with less previous knowledge. A strategy training had a positive impact on monitoring performance, especially in children and older adults. The rather low age effects indicate that the contextual factors investigated seem to have a similar influence throughout the life-span.
In terms of sequential relations between monitoring and control processes (measured through JOLs and self-paced study time), results show that participants of all age groups were able to use information from JOLs to adapt their study time (monitoring-affects-control model) as well as – to a somewhat lower extent – to use information about the time they spent studying to adapt their JOLs (control-affects-monitoring model). A simultaneous change between both models seems to be more complex and thus could only be found in adolescents and younger adults.
In sum, the six experiments prove that metacognitive abilities reach a good level in middle elementary school and remain fairly stable into older adulthood. The only exception concerns the flexible interchange between monitoring and control processes, which seems to be more challenging for children and older adults. The similar impact of contextual variables in all age groups indicates that the underlying processes are comparable. Thus, the fact that children’s and older adults’ metacognitive performance is generally good means that it should be harnessed to foster memory skills in these two age groups particularly.

Identiferoai:union.ndltd.org:uni-wuerzburg.de/oai:opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de:15042
Date January 2016
CreatorsLöffler, Elisabeth Therese
Source SetsUniversity of Würzburg
Languagedeu
Detected LanguageGerman
Typedoctoralthesis, doc-type:doctoralThesis
Formatapplication/pdf
Rightshttps://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.de, info:eu-repo/semantics/openAccess

Page generated in 0.0032 seconds