Die Menschheit arbeitet schon seit Jahrtausenden daran, wie die Umgebungstemperatur auf gezielte Art und Weise unterschritten werden kann, um z. B. Lebensmittel länger haltbar zu machen. Im 19. Jahrhundert wurde dafür mit der Entwicklung von Kältemaschinen eine technische Lösung gefunden. Diese können die Temperatur künstlich absenken, benötigen zu diesem Zweck jedoch eine ausreichende Energiezufuhr. Im Zuge der Klimaerwärmung wird die Energieeffizienz einer solchen Kühlung immer wichtiger. Eine Alternative zu den gängigen Gaskompressionsanlagen stellen dabei festkörperbasierte Kühlmethoden dar. Dafür werden unter anderem Materialien mit einer spontanen, langreichweitigen Ordnung eingesetzt. In diesen kann ein äußeres Feld eine Phasenumwandlung induzieren, welche dann zum Kühlen genutzt wird. Abhängig vom eingesetzten Material können unterschiedliche Arten von Feldern verwendet werden (z. B. magnetische, elektrische, elastische oder hydrostatische). Die abgeleiteten Kühlverfahren werden entsprechend als Magneto-, Elektro , Elasto- bzw. Barokalorik bezeichnet. Das Anlegen bzw. Entfernen eines solchen Feldes sorgt für eine Phasenumwandlung im Material. Dabei kann der Festkörper Wärme von der Umgebung aufnehmen und sie später auch wieder abgeben, wenn die Richtung des Phasenüberganges umgekehrt wird, was die Konstruktion eines Kühlkreislaufs möglich macht. Die verwendeten Materialien müssen dafür optimiert werden.
Bei der ersten in dieser Arbeit untersuchten Materialgruppe handelt es sich um Heusler-Legierungen. Diese zeichnen sich durch gute Werte in vielen für die Kühlung relevanten Eigenschaften aus. Problematisch ist jedoch die vergleichsweise große thermische Hysterese, welche in der komplexen, martensitischen Phasenumwandlung begründet liegt. Das Verständnis des resultierenden, martensitischen Gefüges ist ein wichtiger Schritt, um die funktionalen Eigenschaften zu verbessern und damit auch Ansätze zur Reduktion der Hysterese effektiver verfolgen zu können. Für die Untersuchung wurde das Prototyp-System Ni-Mn-Ga(-Co) in Form von epitaktischen Dünnschichten ausgewählt. Das auftretende, martensitische Gefüge mit seinen alle Längenskalen umfassenden, hierarchischen Zwillingsstrukturen wurde schon ausführlich untersucht. Die dafür verwendeten Ansätze setzen sich jedoch in der Regel nur einzeln mit einer speziellen Längenskala auseinander. Ein Ziel dieser Arbeit ist es daher, die bestehenden Modelle zu kombinieren. Es wird gezeigt, dass es im Wesentlichen möglich ist, mit einem einzigen Schlüsselparameter alle Längenskalen geschlossen zu beschreiben, wobei ein aus fünf Ebenen bestehendes Modell genutzt wird. Um dieses Konzept auch mittels Röntgenbeugung verifizieren zu können, wird zusätzlich eine Beugungssimulation in MATLAB implementiert und mit Beugungsexperimenten verglichen.
Aus der zweiten betrachteten Materialgruppe, den Antiperowskiten, wurden Mn3GaC und Mn3GaN ausgewählt. Diese Verbindungen weisen keine martensitische Umwandlung auf und ermöglichen es, eine zusätzliche Einflussgröße – das Aufbringen einer biaxialen Dehnung – zu untersuchen. Dafür wurden die beiden Materialien epitaktisch mittels Laserstrahlverdampfen auf PMN-PT Substraten aufgewachsen und das Schichtwachstum optimiert. Anschließend konnte für Mn3GaN in einer ersten Voruntersuchung gezeigt werden, dass die biaxiale Dehnung ausreichend ist, um einen teilweisen Phasenübergang zwischen der antiferromagnetischen und der paramagnetischen Phase zu induzieren.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:76847 |
Date | 01 December 2021 |
Creators | Schwabe, Stefan |
Contributors | Nielsch, Kornelius, Hütten, Andreas, Wagner, Martin F.-X., Technische Universität Dresden |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | info:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
Page generated in 0.0037 seconds