Return to search

Charakterisierung von Mausmutanten als Modellsysteme für hereditäre Zapfendystropien

Die Zapfenphotorezeptoren (ZPR) sind verantwortlich für das Scharf- und Farbensehen. Ein totaler Funktionsverlust der ZPR, welcher beim Menschen zur Achromatopsie führt, hat eine Degeneration der ZPR zur Folge. Die pathologischen Vorgänge, die zur Degeneration der ZPR führen sind noch nicht restlos entschlüsselt worden. Zur Analyse der ZPR-Degeneration werden Tiermodelle genutzt, wobei bisher nur wenige Tiermodelle vorhanden sind. Ziel dieser Arbeit ist die Untersuchung und Charakterisierung von Mausmodellen, die Mutationen in funktionell bedeutsamen Genen der ZPR tragen. Hierbei handelt es sich entweder um ein weiteres potentielles Kandidatengen für ZPR-Dystrophien, das SLC24A2 Gen, oder um das PDE6C Gen, welches als ursächlich für Achromatopsie identifiziert wurde.
Die Tiere der verschiedenen Mauslinien wurden anhand ihrer Ohrkennung genotypisiert und für die verschiedenen molekularbiologischen Verfahren euthanasiert. Von den Augen wurde entweder das gesamte Auge, das eye cup, oder die Netzhaut weiterverarbeitet. Es wurde eine Methode zur Anrei¬cherung der ZPR mit fluorescence activated cell sorting (FACS) erarbeitet. Des Weiteren kamen Techniken auf der DNA-, RNA- und Protein- Ebene (PCR, RT-PCR, Klonieren, Western blot) sowie histologische und immunhistologische Techniken zur Anwendung. Die Tiere wurden in vivo mithilfe von bildgebenden Verfahren (Scanning Laser Ophthalmology (SLO)) untersucht und funktionell durch die Elektroretinographie (ERG) charakterisiert.
Für diese Studie wurde die Cone-GFP (die grünes fluoreszierendes Protein in den ZPR produziert) Mauslinie zur Entwicklung der ZPR-Anreicherung eingesetzt und analysiert. Die slc24a2ENU-Maus¬mutante wurde extern hergestellt, wobei durch eine ENU-induzierte Mutagenese eine Punktmutation im slc24a2-Gen, welches für den NCKX2 Austauscher kodiert, an Position 1722 (c.1722g>t) gene¬riert wurde. Als weiteres Mausmodell wird die spontan aufgetretene Mausmutante cpfl1 (cone photo¬receptor function loss 1) untersucht, die zwei unterschiedliche Mutationen im pde6c-Gen besitzt. Durch Kreuzen dieser Mauslinien untereinander und mit der Trα -/- Mauslinie (knock-out Mutation der Stäbchen Transducin α-Untereinheit) wurden die Doppelmutanten Linien slc24a2ENUxCone-GFP, slc24a2ENUxTrα-/- und cpfl1xCone-GFP hergestellt und untersucht.
Bei Cone-GFP Mäusen konnten ZPR mittels FACS angereichert und gezielt untersucht werden. In der angereicherten ZPR-Population wurde bei RT-PCR Analysen zum einen nur eine Spleißvariante des NCKX2-Austauschers detektiert, während bei RT-PCR Analysen von ganzen Augen mehrere Spleißvarianten des NCKX2-Austauschers gefunden wurden. Zum Zweiten wurden weitere Mitglie¬der der NCKX-Familie in der angereicherten ZPR-Population (NCKX-1, 4) detektiert.
Bei der slc24a2ENU-Mausmutante konnte die Mutation im slc24a2-Gen sowohl auf DNA- als auch auf RNA- Ebene nachgewiesen werden, jedoch nicht auf Proteinebene. Sowohl bei morphologischen (SLO und Histologie) als auch funktionellen (ERG) Untersuchungen wurden keine Unterschiede zwischen Wildtyp und Mutante in der Retina erkannt. Mithilfe der SLO wurde bei allen Tieren eine verlängerte Persistenz der arteria hyaloidea beobachtet. Das ERG war bei der slc24a2xTrα-/- Dop¬pelmutanten gegenüber der reinen Trα-/- ohne Veränderung. Bei den slc24a2ENUxCone GFP Mäusen und den reinen Cone-GFP Mäusen konnte im Alter von einem Jahr keine Amplitude mehr im ERG gemessen werden. Bei der SLO (bei beiden Doppelmutanten) wurden bei einigen Mäusen autofluo¬reszierende Punkte, so genannte „AF-dots“ beobachtet. Eine Ursache hierfür konnte nicht erbracht werden. Vergleichende genomische DNA-Untersuchungen von Intron 4 des pde6c Gens zwischen der cpfl1-Maus und dem Wildtyp C57Bl/6 zeigten bei der cpfl1-Maus eine im Vorfeld bereits auf RNA-Ebene beschriebene 116bp Insertion als Anteil einer 1522bp großen genomischen Insertion ist. Zusätzlich wurde eine 1bp Deletion im Exon 7 des pde6c Gens bei der cpfl1-Maus detektiert (c.1042delT). Beide Mutationen bedingen eine Verschiebung des Leserasters (frame shift), das wiederum zu einem verfrühten Stopcodon führt (p.E289fsX297 und p.L348fsX362). Vergleichende RT-PCR Untersu¬chungen der pde6c Transkripte zwischen der cpfl1-Maus mit ihrem Parentalstamm BALB/c erbrach¬ten, dass beide die 116bp Insertion tragen. Bei der ERG Untersuchung der cpfl1-Maus (im Alter von drei und sechs Wochen) konnte keine ZPR-Antwort registriert werden. Bei einer vergleichenden SLO-Verlaufsstudie (3., 4., 6. und 8. Lebenswoche) zwischen der Cone-GFP und der Doppelmutanten cpfl1xCone-GFP Maus zeigte sich, dass die Anzahl der ZPR zu Beginn der Studie gleich sind, im weiteren Verlauf bei der Doppelmutante immer stärker abnehmen und mit 8 Wochen nur noch im ventralen Bereich vorhanden sind. Es konnte in dieser Arbeit gezeigt werden, dass die Cone-GFP Maus ein potentiell sehr wichtiges Mausmodell werden kann, um weiterführende Grund-lagenforschung an ZPR zu ermöglichen. Zum einen können ZPR durch FACS angereichert werden und zum anderen ist eine eindeutige und einfache Darstellung der ZPR in vivo durch die SLO-Technik möglich. Jedoch ist es wichtig, den Untersuchungszeitpunkt innerhalb der ersten 2 Monate anzusetzen, da die ZPR der Cone-GFP Maus danach fortschreitend degenerieren. Aufgrund der RT-PCR Untersuchung der NCKX-Familie in der angereicherten ZPR-Population der Cone-GFP Maus konnten weitere Mitglieder der NCKX Austauscher Familie in den ZPR identifiziert werden, wodurch die Aussage, dass der NCKX2-Austauscher die einzige Möglichkeit darstellt, um Ca2+-Ionen aus dem Außensegment der ZPR zu schleusen, relativiert werden muss. Die Slc24a2ENU-Mausmutante zeigt keinen offensichtlichen degenerativen retinalen Phänotyp. Die einzige Besonderheit stellt die sporadisch auftretende persistierende Arteria hyaloidea dar. Der bei einigen doppelmutanten Tieren auftretende retinale Phänotyp, der „AF-dots“-Phänotyp, ist möglich¬erweise auf den Stammhintergrund (C3H) zurückzuführen. Weitere Untersuchungen sind zur Klärung dieser Frage notwendig. Die cpfl1-Maus ist das erste Modell für Achromatopsie, bei dem die Pathologie durch Mutationen im pde6c-Gen ausgelöst wird. Das cpfl1-Allel besitzt zwei unterschiedliche Mutationen, die beide zu einem verfrühten Abbruch der Proteinsynthese führen. Durch RNA-Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die cpfl1-Maus sich nur in der 1 bp Deletion von dem Parentalstamm BALB/c unterscheidet. Jedoch scheinen beide Mutationen einen Anteil an der Herausbildung des Phänotyps der cpfl1-Maus zu haben. Im Rahmen der vergleichenden Verlaufsstudie mit Doppelmutanten cpfl1xCone-GFP wurde als pathologischer Vorgang eine Degeneration und keine Aplasie der ZPR nachgewiesen, da im Alter von 3 Wochen noch eine normale Anzahl an ZPR vorhanden ist.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:15-qucosa-78452
Date23 November 2011
CreatorsStieger, Susann
ContributorsUniversität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät, Universitätsklinikum Tübingen, Department für Augenheilkunde, Prof. Dr. med. vet. Gerhard Oechtering, Prof. Dr. rer. nat. Bernd Wissinger, Prof. Dr. med. vet. Gerhard Oechtering, Prof. Dr. rer. nat. Bernd Wissinger, Prof. Dr. med. vet. Andras Komaromy
PublisherUniversitätsbibliothek Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
Languagedeu
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis
Formatapplication/pdf

Page generated in 0.0015 seconds