Return to search

Vorkommen und metabolischer Transit alimentärer 1,2 Dicarbonylverbindungen

1,2-Dicarbonylverbindungen spielen aufgrund ihrer Reaktivität gegenüber Aminosäureseitenketten von Proteinen eine Schlüsselrolle bei der Bildung von Maillard Reaktionsprodukten (MRP) und werden auch im Zusammenhang mit der Entstehung pathophysiologischer Konsequenzen bei metabolischen Erkrankungen diskutiert. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage nach der physiologischen Relevanz alimentär aufgenommener 1,2 Dicarbonylverbindungen. Das Ziel der vorliegenden Arbeit war zunächst eine Bestandsaufnahme zum Vorkommen von 1,2-Dicarbonylverbindungen in einem Spektrum von Lebensmitteln, gefolgt von Untersuchungen zum metabolischen Transit von 3 Desoxyglucoson (3-DG) und Methylglyoxal (MGO) bzw. spezifischer Metabolite in Abhängigkeit der alimentären Aufnahme und zur Stabilität der Verbindungen während einer simulierten gastrointestinalen Verdauung.

1a Die 1,2-Dicarbonylverbindungen 3-DG, 3 Desoxygalactoson (3-DGal), MGO und Glyoxal (GO) sowie das Zuckerabbauprodukt 5-Hydroxymethylfurfural (HMF) als ein wichtiger Indikator für Erhitzungsprozesse in Lebensmitteln wurden in 173 Lebensmittelproben mittels einer optimierten RP-HPLC-Methode mit UV-Detektion bestimmt. Darunter waren neben alkoholfreien und alkoholischen Getränken auch süße Aufstriche, Brot- und Backwaren. In allen untersuchten Lebensmittelproben war 3 DG die quantitativ bedeutendste 1,2 Dicarbonylverbindung. Hohe 3-DG-Gehalte wurden in Bonbons, Honig und süßen Aufstrichen (Mediane: 165–626 mg/kg) und in Essig (Aceto balsamico bis 2622 mg/L) analysiert. Lebensmittel wie Fruchtsäfte, Bier, Brot- und Backwaren wiesen geringere 3 DG-Gehalte auf (Median: 27–129 mg/L bzw. mg/kg). In allen untersuchten Lebensmitteln lagen die Gehalte des 3-DG höher als die des HMF. 3-DGal konnte erstmals in nahezu allen Lebensmittel detektiert werden, mit einem Maximalwert von 162 mg/L in Aceto balsamico. In dieser Probe wurde auch ein hoher MGO-Gehalt (53 mg/L) gemessen. GO kommt in etwa gleichen Konzentrationsbereichen wie MGO vor. Generell lagen die Gehalte für 3-DGal höher als die für MGO. Eine Ausnahme stellt der untersuchte Manuka-Honig dar (463 mg MGO/kg).

1b Auf Basis der quantitativen Daten wurden Gehalte von 1,2-Dicarbonylverbindungen in verzehrüblichen Portionsgrößen verschiedener Lebensmittel berechnet und eine tägliche alimentäre Aufnahme von 20–160 mg (0,1–1,0 mmol) 3-DG und 5–20 mg (0,1–0,3 mmol) MGO abgeschätzt.

2a Der metabolische Transit von 3-DG und MGO wurde jeweils in einer dreitägigen Ernährungsstudie untersucht. Während der 3 Tage hatten die Probanden eine Dicarbonyl- und MRP-freie Diät (Rohkosternährung) einzuhalten. Am Morgen des zweiten Tages erhielten die Probanden eine definierte Menge 3-DG bzw. MGO (je 500 µmol), enthalten in Waldhonig bzw. Manuka-Honig. In den 24 h Urinproben der 3-DG-Interventionsstudie wurde 3-DG und dessen Metabolit 3-Desoxyfructose (3-DF) analysiert, außerdem Pyrralin und 3 DG-Hydroimidazolon (3-DG-H) als 3-DG-spezifisches MRP. In den 24 h Urinproben der MGO-Interventionsstudie wurde MGO und dessen Metabolit D-Lactat analysiert, außerdem MGO-Hydroimidazolon 1 (MG-H1) als charakteristisches MRP des MGO. Alle Verbindungen waren in den Urinproben nachweisbar.

2b Am ersten Tag der 3-DG-Interventionsstudie betrug der Median der renalen 3-DG- und 3 DF-Exkretion aller 9 Probanden 4,6 bzw. 77 µmol/d. Am Tag der definierten 3-DG-Aufnahme (Tag 2) stieg der Median der renalen 3-DG- und 3-DF-Exkretion signifikant auf 7,5 bzw. 147 µmol/d an. An Tag 3 unterschieden sich die täglichen renalen Ausscheidungen von 3-DG und 3-DF nicht signifikant von denen an Tag 1 (P > 0,05). Der Median der renalen Wiederfindung des an Tag 2 alimentär aufgenommenen 3-DG wurde mit 14 % abgeschätzt (Spannweite: 6–25 %). Der Median der renalen Exkretion von Pyrralin und 3-DG-H sank im Verlauf der dreitägigen Studie von 2,5 bzw. 1,0 auf 1,2 µmol/d bzw. 0,5 µmol/d. Diese Ergebnisse deuten erstmalig darauf hin, dass 3-DG aus der Nahrung resorbiert, resorbiertes 3 DG zu 3-DF metabolisiert und resorbiertes 3-DG hauptsächlich als 3-DF renal eliminiert wird. Die Exkretion der untersuchten MRP erwies sich in dieser Studie als nicht abhängig von der alimentären Aufnahme des 3 DG.

2c Die renale MGO- sowie D-Lactat-Ausscheidung wies keinen Zusammenhang mit der oralen Aufnahme einer hohen MGO-Menge auf. An allen 3 Tagen der MGO-Interventionsstudie lag die renale MGO-Exkretion aller 4 Probanden zwischen 0,11 und 0,30 µmol/d und die D-Lactat-Ausscheidung zwischen 52 und 224 µmol/d. Der Median der renalen MG-H1-Ausscheidung sank im Verlauf der dreitägigen Studie von 3,8 auf 1,2 µmol/d an Tag 3. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass keine Resorption des MGO in die Zirkulation erfolgte.

3a Zur Beurteilung der Stabilität von 3-DG und MGO während der gastrointestinalen Verdauung wurde ein zweistufiges System von Hellwig et al. (2013b) adaptiert, bestehend aus einer zweistündigen „Magenstufe“ (Pepsin, pH = 2) und einer sechsstündigen „Darmstufe“ (Pankreatin/Trypsin, pH = 7,5). Für die Verdauungssimulation wurden jeweils wässrige 3 DG- und MGO-Standardlösungen mit Konzentrationen im lebensmittelrelevanten Bereich eingesetzt. Weiterhin wurde die simulierte Verdauung in Anwesenheit von Casein als Modellprotein, durchgeführt.

3b Nach achtstündiger simulierter Verdauung war im Verdauungsansatz noch 70 ± 10 % der initialen 3-DG-Menge bestimmbar. Die Anwesenheit des Caseins zeigte keinen Effekt auf die 3-DG-Konzentration. Damit dürfte nach gastrointestinaler Verdauung ein Großteil des alimentär aufgenommenen 3-DG zur Resorption zur Verfügung stehen.

3c Im Gegensatz zum 3-DG sank die MGO-Konzentration im Verlauf der achtstündigen simulierten Verdauung auf 15 ± 4 % der Ausgangskonzentration. In Anwesenheit von Casein verstärkte sich die Abnahme der MGO-Konzentration auf 9 ± 1 %. Es konnte gezeigt werden, dass die Abnahme der MGO-Konzentration auf Reaktionen mit den in den Verdauungsansätzen enthaltenen Enzymen und Proteinen zurückzuführen ist. MGO wird damit nach gastrointestinaler Verdauung nur noch in begrenztem Maße zur Resorption zur Verfügung.

Die in der vorliegenden Arbeit gewonnenen Resultate lassen den Schluss zu, dass die biologische Verfügbarkeit alimentärer 1,2-Dicarbonylverbindungen gering (3-DG) bis vernachlässigbar (MGO) ist und selbst stark erhitzte Lebensmittel damit keinen maßgeblichen Beitrag zum „Gesamtpool“ an Dicarbonylverbindungen in vivo und den damit möglicherweise einhergehenden physiologischen Konsequenzen leisten.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:14-qucosa-149434
Date05 August 2014
CreatorsDegen, Julia
ContributorsTechnische Universität Dresden, Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften, Prof. Dr. rer. nat. Dr.-Ing. habil. Thomas Henle, Ao.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr.techn. Michael Murkovic
PublisherSaechsische Landesbibliothek- Staats- und Universitaetsbibliothek Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
Languagedeu
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis
Formatapplication/pdf

Page generated in 0.0079 seconds