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Kulturelle Werte von Landschaft als Gegenstand der Landschaftsplanung

Um kulturelle Werte von Landschaft in Landschaftsplanungen stärker zu berücksichtigen wurden sie in dieser Arbeit als kulturelle Landschaftsfunktionen bestimmt, die sich in ein System aus Landschaftsfunktionen einordnen, wie es Landschaftsplanungen insgesamt zugrunde liegen kann.

Neben bereits ausdifferenzierten naturhaushalterischen Landschaftsfunktionen umfasst es damit folgende kulturelle Landschaftsfunktionen:
- bedeutungstragende und sinnstiftende Funktion
- Handlungsfunktion
- ästhetische und stimmungsstiftende Funktion
- Kommunikationsfunktion
- Wissensfunktion
- Kontinuitätsfunktion
- Gestaltungs- und Ausdrucksfunktion
- Ordnungs- und Orientierungsfunktion
Ihnen sind jeweils Teilfunktionen zugeordnet.

Die kulturellen Funktionen stehen in einem hierarchischen Verhältnis zueinander. Übergeordnete kulturelle Funktionen sind die bedeutungstragende und sinnstiftende sowie die Handlungsfunktion. Die Funktionen können sich wechselseitig bedingen oder in Konkurrenz zueinander stehen. Nachdem Werte nicht aus der Landschaft, sondern nur aus der Gesellschaft bestimmt werden können, bildete die Untersuchung der gesellschaftlichen Konzepte hinter den zentralen Begriffen „Werte“, „Raum und Landschaft“ sowie „Kultur“ eine Grundlage zu ihrer Bestimmung. Ein Schwerpunkt lag auf der Auswertung sozialwissenschaftlicher Theorien. Dabei wurde auch ein auf Planungstauglichkeit angelegtes Verständnis der zentralen Begriffe dieser Arbeit geschaffen. Gewählt wurde ein utilitaristischer und zweckrationaler Zugang zu Werten, ein anthropologischer Zugang zu Kultur und ein konstitutions- und handlungstheoretischer Zugang zu Raum und Landschaft; Landschaft wird als Spezifikation von Raum verstanden. Die andere Grundlage zur Bestimmung kultureller Werte bildete die Untersuchung von Entwicklungstrends, von sozialempirischen Untersuchungen sowie eine Untersuchung prosaischer Darstellungen. An die Ausprägung der kulturellen Funktionen sowie von Raum und Landschaft insgesamt wurden im Ergebnis der Untersuchungen Anforderungen in Form von Hypothesen formuliert, die den Zugang zu Raum und Landschaft weiter erklären. Sie haben den Charakter von Prinzipien, insofern Präferenzen in hohem Maße gebietsspezifisch sind. In der Planung gängige Wertmaßstäbe und Urteile werden damit zum Teil in Frage stellt, so die Hypothese eines ästhetisierenden Zugangs zu Landschaft. Andere werden spezifischer gefasst, so die Rolle von Elementen für die Konstitution oder die Rolle von Wissen und von Natürlichkeit für das Schönheitserleben einer Landschaft.

Einige zentrale Hypothesen, die Anlass für diese Arbeit waren bzw. die aus dem theoretischen Teil der Untersuchung entwickelt wurden, konnten im sozialempirischen Teil nicht bestätigt werden. Dies gilt maßgeblich für die Zukunftsperspektive, die Landschaft enthält, die jedoch im Regelfall nicht gefragt ist. Wertgebend ist landschaftliche Kontinuität, die Geschichten erzählt, indem sie die Vergangenheit aufzeigt und Erinnerungen manifest macht. Nicht vollständig aufrecht erhalten werden konnte die im theoretischen Teil der Arbeit aufgebaute Hypothese, dass Landschaftsplanungen stärker gruppenspezifisch anzulegen sind. Verbleibt hier eine Überprüfung des Milieukonzepts auf landschaftsspezifische Fragestellungen, so zeigt sich andererseits relativ klar, dass Landschaft eher für das gruppenübergreifend Geteilte steht. Sie ist nicht Gegenstand eines Luxusgeschmacks, sondern Gemeingut. Klarer zu unterscheiden sind jedoch die Erwartungshaltungen aufgrund der Perspektive als Einheimischer oder Tourist. Für die Planung bedeutet das eine deutlichere Unterscheidung zwischen der Definition der landschaftlichen Eigenart und eines landschaftlichen Images. Beide können für die Konstruktion eines Leitbildes Maßstäbe setzten, wobei ein eigenartbasiertes Leitbild eher den Ansprüchen einer gemeinwohlorientierten Planung genügt, ein Image eher auch einem Bedürfnis nach Inszenierung nachkommt.

Landschaftsplanungen sind darin zu stärken, produktiven Landnutzungen ein Landschaftsnutzungsinteresse gegenüberzustellen, das zumeist nichtproduktiver und immaterieller Art ist. Dieses Landschafts-nutzungsinteresse ist über die kulturellen Landschaftsfunktionen abgebildet. In Landschaftsplanungen sollten sie entsprechend differenziert betrachtet werden, um die unmittelbaren gesellschaftlichen Anforderungen an Landschaft umfänglich aufzubereiten und zur Verhandlung zu stellen. Sie materiellen klar benennbaren Interessen allein als Komplexparameter und übergreifende emotionale Bedeutungszuschreibungen gegenüber zu stellen, stärkt ihre Verhandlungsposition nicht. Gerade auch im Zuge eines zunehmenden Landnutzungsdrucks ist dies notwendig. Zu sondieren, welche Rolle einer jeden der kulturellen Funktionen für die künftige Entwicklung einer Landschaft zukommt, sollte darüber hinaus Bestandteil eines Planungsprozesses werden, insofern gerade auch dienende Funktionen für die Ausjustierung der Richtung der weiteren Entwicklung notwendig sind, die sich ansonsten schnell auf Fortschreibungen der Vergangenheit anhand einer expertenbasierten Vorstellung von der Eigenart einer Landschaft nach romantischem Ideal beschränken kann. Im Gegenzug wären auch die Landnutzungsinteressen einer gesellschaftlichen Aushandlung der Inanspruchnahme des Gemeinguts Landschaft besser zugänglich zu machen, indem sie beispielsweise fachplanerisch ebenso raumspezifisch und umfassend aufbereitet und der abwägenden Gesamtplanung zugänglich gemacht werden. Als Forderung betrifft das vor allen die Landwirtschaft.

Einen konzeptionellen Anschluss finden die Ergebnisse dieser Arbeit im Konzept der Ökosystemdienstleistungen. Es eröffnet den Zugang zu einer stärkeren Integration ökonomischer und insbesondere sozialempirischer Methoden in Landschaftsplanungen. Zur methodischen Stärkung von Landschafsplanungen, insbesondere für die raumspezifische Integration der gesellschaftlichen Aspekte, die es im Zusammenhang mit kulturellen Werten von Landschaft in Landschaftsplanungen stärker zu berücksichtigen gilt, wird darin in Ergänzung zu nutzerunabhängigen Methoden und explizit über partizipative Methoden hinaus ein großes Potenzial gesehen. Gefragt ist also ein Methodenmix, der sich auch vor dem Hintergrund einer inkonsistenten theoretischen Basis weniger an theoretischer Stringenz orientieren kann.

Der interdisziplinäre Anspruch an Landschaftsplanungen steigt damit. Er kann sich im Ergebnis z. B. in einer Verräumlichung sozialer Dimensionen und der beschreibenden Erfassung der expliziten und impliziten Dimension landschaftlicher Werte beispielsweise in Storylines äußern. Einer stringenten Erfassung landschaftlicher Funktionen auch in ihrer kulturellen Dimension und einer methodischen Weiterentwicklung unbenommen bleibt es originäre planerische Herausforderung in jedem Einzelfall, mit dem Nichtfaktischen umzugehen. Eine Leitbildentwicklung unter diesen Vorzeichen kann erheblich von der Anwendung von Szenarien profitieren. Szenarien können auch den gesellschaftlichen Diskurs über die angestrebte Entwicklung unter Anerkennung der Variabilität, die Eigenart als zentraler planerischer Wertmaßstab innewohnt, stärken.

In der Konsequenz können diese Ansätze zu einer Demokratisierung einer Landschaftsplanung beitragen, die stärker auf die Handlungs- und Lebensrealität der Menschen ausgerichtet und stärker als Aushandlungsinstanz über Verfügungsrechte verstanden werden sollte.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:14-qucosa-213546
Date21 November 2016
CreatorsStarick, Anja
ContributorsTechnische Universität Dresden, Fakultät Architektur, Prof. Dr. Catrin Schmidt, Prof. Dr. Diedrich Bruns, Prof. Dr. Catrin Schmidt, Prof. Dr. Diedrich Bruns
PublisherSaechsische Landesbibliothek- Staats- und Universitaetsbibliothek Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
Languagedeu
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis
Formatapplication/pdf

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