Integration eines Antidoping-Informationsmoduls in VETIDATA und Bewertung der Antidoping-Bestimmungen am Beispiel von Alkaloiden

Einleitung:
Im Pferdesport kann es heutzutage durch die starke Verbesserung der Sensitivität der eingesetzten Nachweismethoden bereits durch die Aufnahme von mit dopingrelevanten Stoffen kontaminiertem Futter zu positiven Anti-Doping-Proben kommen. Dies trifft insbesondere für Alkaloide zu. Wird nach dem tiermedizinisch begründeten Einsatz von Arzneimitteln bei Sportpferden keine ausreichende Frist beachtet, können auch hierdurch Fälle unabsichtlichen Dopings auftreten.

Ziele der Untersuchung:
Erstes Ziel dieser Arbeit war es, die zur Verhinderung unabsichtlichen Dopings nach Arzneimittelanwendung durch den Tierarzt benötigten Informationen in den webbasierten Veterinärmedizinischen Informationsdienst für Arzneimittelanwendung, Toxikologie und Arzneimittelrecht (VETIDATA) zu integrieren. Dafür sollten insbesondere die Regel der Deutschen Reiterlichen Vereinigung e.V. (FN) und des Weltpferdesportverbandes Fédération Équestre Internationale (FEI) berücksichtigt werden. Die International Federation of Horseracing Authorities (IFHA) hat im Jahr 2014 Rückstandshöchstmengen für die Kontrolle bestimmter dopingrelevanter Futtermittel-kontaminanten festgelegt. Die wissenschaftliche Untersuchung und Validierung der International Residue Limits (IRL) der Alkaloide Atropin, Scopolamin, Morphin, Koffein und Theophyllin war das zweite Ziel dieser Untersuchung.

Material und Methoden:
Zunächst wurde in VETIDATA ein Anti-Doping-Informationsmodul integriert. Zur Speicherung der für die Informationsanzeige benötigen Daten wurden Datenbanktabellen entwickelt und mit dem VETIDATA-System verknüpft. Zur Anzeige der Information wurde anschließend ein Prototyp der Darstellungslogik mit der Programmiersprache PHP erstellt. Dieser diente als Grundlage für die Aufnahme des Anti-Doping-Informationsmoduls in die Webseite von VETIDATA. Zur Bewertung der IRLs der untersuchten Alkaloide wurde eine systematische Metaanalyse durchgeführt. Zuerst wurden die Literaturdatenbanken PubMed, Web of Science, CABI und die Publikationsdatenbanken der deutschsprachigen veterinärmedizinischen Fakultäten und Hochschulen nach potentiell relevanten Veröffentlichungen durchsucht. Nach Anwendung von Inklusionskriterien, die z.B. Alter, Tierart, verabreichten Stoff und dessen Dosis, Applikationsweg und Angaben zu pharmakokinetischen Parametern in den Publikationen berücksichtigten, wurden die für diese Arbeit geeigneten Studien identifiziert und anschließend die darin enthaltenen pharmakokinetischen Daten extrahiert. Die Parameter Clearance, Verteilungsvolumen und Halbwertszeit wurden statistisch auf das Vorliegen einer Normalverteilung geprüft und der jeweilige Mittelwert, das 95%-Konfidenzintervall sowie die Standardabweichung wurden berechnet. Dosis-Urinkonzentrationsverhältnisse wurde mittels linearer Regressionsanalysen untersucht. Diese Daten dienten als Grundlage für die Berechnung geeigneter Grenzwerte mithilfe von in der Literatur beschriebenen Methoden.

Ergebnisse:
Das erstellte Anti-Doping-Informationsmodul beinhaltet Angaben zum Status von 863 Wirkstoffen nach den Regeln der FEI und der FN. Diese umfassen alle in Deutschland in für Pferde zugelassenen Arzneimitteln enthaltenen wirksamen Substanzen sowie alle weiteren bei nicht von der Lebensmittelgewinnung ausgeschlossenen Pferden nach geltendem Recht anwendbaren Stoffe. Diese Informationen können vom Nutzer auf VETIDATA an unterschiedlichen Stellen abgerufen werden und sind direkt mit den für Pferde zugelassenen Tierarzneimitteln verknüpft. Für die Durchführung der Metaanalyse der IRLs wurden 1173 potentiell nutzbare Studien in der Literatur identifiziert. Nach Anwendung der Inklusionskriterien konnten Daten aus 42 Studien in die Metaanalyse inkludiert werden. Diese erlaubten eine statistische Untersuchung pharmakokinetischer Parameter für Morphin, Theophyllin und Koffein, nicht aber für Atropin und Scopolamin. Eine lineare Regressionsanalyse der Dosis-Urinkonzentrationsverhältnisse war bei Scopolamin und Koffein möglich. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen erlaubten in Verbindung mit nicht statistisch bearbeiteten Daten aus den inkludierten Studien die Anwendung einer Methode zur IRL-Bewertung von Atropin und Scopolamin, von zwei Methoden für Morphin und Theophyllin und von drei Methoden für Koffein. Dabei zeigte sich, dass von den untersuchten Stoffen nur die IRLs von Atropin und Theophyllin in geeigneter Höhe festgelegt wurden, um positive Dopingbefunde durch die Aufnahme von geringgradig kontaminierten Futtern zu verhindern. Die IRLs von Morphin, Theophyllin und Koffein sind geeignet, das Bestehen eines relevanten pharmakologischen Effekts nach systemischer Anwendung dieser Stoffe auszuschließen, was für Atropin und Scopolamin aufgrund der mangelhaften Datenlage nicht sicher beurteilt werden konnte. Ein eventuell vorhandener pharmakologischer Effekt nach lokaler Anwendung kann durch die IRLs von Atropin und Scopolamin nicht sicher ausgeschlossen werden. Die Eignung des IRL von Morphin für diesen Zweck wurde als fraglich beurteilt, während diese Fragestellung für Koffein und Theophyllin nicht relevant war. Das Fehlen eines IRL für den aus Koffein bzw. Theophyllin gebildeten aktiven Metaboliten Paraxanthin wurde als erheblicher Mangel am bestehenden IRL-System erkannt.

Schlussfolgerungen:
Die Integration des Anti-Doping-Informationsmoduls in VETIDATA ermöglicht Tierärzten einen einfachen und schnellen Zugang zu den für die Arzneimittelanwendung bei Sportpferden benötigten Informationen. Das IRL-System der IFHA erfüllt in seiner aktuellen Form nicht alle Anforderungen, die im Sinne eines fairen und dopingfreien Pferdesports zu stellen sind. Geeignete Änderungen an diesem System könnten eine Verbesserung der Einschätzung für Koffein und Theophyllin ermöglichen. Systematische Mängel des IRL-Systems erfordern einen strukturell anderen Ansatz zur Kontrolle der auch lokal wirksamen Stoffe Atropin, Scopolamin und Morphin.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:21281
Date23 May 2018
CreatorsHertzsch, Robert
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
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Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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