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Untersuchungen zur Pharmakokinetik und emetischen Wirkung des Amaryllidaceen-Alkaloids Lycorin beim Hund: Beeinflussung durch etablierte Antiemetika

Lycorin gilt bei vielen Amaryllidaceae als Hauptalkaloid und die Aufnahme dieser Pflanzen ist eine häufige Vergiftungsursache bei Mensch und Tier. Als Hauptsymptome infolge dieser Pflanzenvergiftungen werden Nausea und Emesis genannt, aber systematische Untersuchungen zu diesen biologischen Effekten, zum Wirkmechanismus und zur Pharmakokinetik von Lycorin, das als auslösendes Agens angenommen wird, existieren bislang nicht. In der vorliegenden Arbeit werden die Zusammenhänge zwischen verabreichter Lycorin-dosis und Lycorin-induzierter Nausea und Emesis, die Beeinflussbarkeit dieser emetischen Effekte durch etablierte Antiemetika und die Pharmakokinetik von Lycorin in einem cross-over und vehikel-kontrollierten Design in vivo untersucht. Die Studie wurde an elf Beagle-Hunden beider Geschlechter durchgeführt. Die Lycorin-induzierten emetischen Effekte wurden quantifiziert und über Videoaufzeichnungen zeitnah dokumentiert. Nausea wird hierbei mittels eines Scoring-Systems quantifiziert, während die Parameter Latenzzeit, Dauer und Anzahl der Brechakte zur Beurteilung der Emesis herangezogen werden. Die subkutane Applikation von Lycorin induziert, beginnend ab einer Dosis von 0,5 mg/kg KGW Nausea und Vomitus. Eine statistische Signifikanz ist allerdings erst ab 1,0 mg/kg und ein maximaler emetischer Effekt bei einer Dosis von 2 mg/kg (ED100) zu verzeichnen. Die Ergebnisse zeigen eine Korrelation zwischen applizierter Lycorin-Dosis und Nausea-Score sowie der Anzahl der Brechakte. Lycorin-induzierte Nausea und Emesis sind in den vorliegenden Untersuchungen selbstlimitierend und dauern maximal 2,5 Stunden an. Lycorin weist in den untersuchten Dosierungen von 0,25 mg/kg bis 2,0 mg/kg eine lineare Plasmakinetik auf. Nach subkutaner Gabe werden maximale Plasmakonzentrationen (Cmax) nach 0,5 h gemessen, die mittlere Plasma-Halbwertszeit beträgt 0,67 h nach subkutaner, respektive 0,51 h nach intravenöser Applikation. Die errechnete orale Bioverfügbarkeit beträgt ca. 40 %. Das Auftreten von Nausea und Emesis, sowie deren Verlauf decken sich weitestgehend mit dem Verlauf der Lycorinkonzentration im Plasma. In keiner der untersuchten Dosisstufen sind blutchemische oder hämatologische Abweichungen aufgetreten. Um Rückschlüsse auf die Zielstrukturen von Lycorin und somit auf den emetischen Wirkungsmechanismus der Lycorin-induzierten Emesis und Nausea zu gewinnen, wurden die Hunde jeweils mit Diphenhydramin, Maropitant, Metoclopramid, Ondansetron oder Scopolamin vorbehandelt. Diese therapeutisch etablierten Antiemetika besitzen eine selektive Rezeptoraffinität und entfalten ihre antiemetische Wirkung über einen Antagonismus an histaminergen H1- (Diphenhydramin), dopaminergen D2- (Metoclopramid), muskarinergen M1-3- (Scopolamin), serotoninergen 5-HT3- (Ondansetron) oder Neurokinin-1-Rezeptoren (NK1) (Maropitant). Durch die Bindung des jeweiligen Antiemetikums an die spezifischen Rezeptoren, soll die anschließende Bindung von Lycorin an den gleichen Rezeptoren verhindert oder reduziert werden, was sich in einer Reduktion oder Abwesenheit von Nausea und Emesis auswirkt. Die Vorbehandlung mit Ondansetron ist mit einer signifikanten Verminderung der Anzahl der Brechakte verbunden und durch die Vorbehandlung mit Maropitant kann Lycorin-induzierte Emesis komplett verhindert werden. Einzig Ondansetron reduziert darüber hinaus den Ausprägungsgrad der Nausea und verlängert die Latenzzeit bis zum Auftreten von Vomitus, was eine Beteiligung von 5-HT3 Rezeptoren bei lycorin-induzierter Nausea nahe legt. Histaminerge (H1), dopaminerge (D2) und muskarinerge (M1-3) Rezeptoren sind vermutlich nicht an Lycorin-induzierter Nausea und Emesis beteiligt. Die Befunde der vorliegenden Arbeit weisen darauf hin, dass Lycorin bei Vergiftungen mit Pflanzen oder Pflanzenteilen, die zu den Amaryllidaceae gehören, eine entscheidende Bedeutung für die klinische Symptomatik und den Verlauf von Intoxikationen hat. Nach den Ergebnissen dieser Arbeit sind eine prädominierende Beteiligung von NK1- und eine etwas geringer ausgeprägte Beteiligung von 5-HT3-Rezeptoren im emetischen Wirkmechanismus wahrscheinlich. Somit erscheint die therapeutische Anwendung von Maropitant beim Hund (und evtl. Apreptitant beim Menschen) und/oder Ondansetron zur symptomatischen Behandlung anhaltender Nausea und Emesis bei Pflanzenvergiftungen mit Amaryllidacaen bei denen die Wirkung von Lycorin dominiert, wissenschaftlich begründet und klinisch von Vorteil gegenüber anderen antiemetischen Prinzipien zu sein.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:15-qucosa-129898
Date04 December 2013
CreatorsKretzing, Sascha
ContributorsInstitut für Pharmakologie, Pharmazie und Toxikologie, Veterinärmedizinische Fakultät/, Rudolf-Boehm-Institut für Pharmakologie und Toxikologie, Selbständige Abteilung für Klinische Pharmakologie, Medizinische Fakultät/, PD Dr. Getu Abraham, PD Dr. Ralf Regenthal, PD Dr. Getu Abraham, PD Dr. Ralf Regenthal, Prof. Dr. Hermann Ammer, Prof. Dr. Wolfgang Nörenberg
PublisherUniversitätsbibliothek Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman, English
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis
Formatapplication/pdf, application/pdf, application/zip

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