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Wirkung von Starter- und Schutzkulturen sowie ihrer Metabolite auf die Infektiosität von murinem Norovirus S 99 und Influenzavirus H1N1 in kurzgereiften Rohwürsten

Viren haben als Ursache lebensmittelassoziierter Infektionen eine große Bedeutung. Sie können vor allem über rohe oder unzureichend erhitzte Lebensmittel übertragen werden. In diesem Zusammenhang werden grüner Salat, Erdbeeren, Himbeeren, Frühlingszwiebeln, Muscheln, halbgetrocknete Tomaten, fäkal verunreinigtes Trinkwasser, Backwaren und Rohwürste als häufige Infektionsquellen genannt. Vor allem kurzgereifte Rohwürste gehören aus mikrobiologischer Sicht zu Risikoprodukten. Um eine gleichbleibende Qualität der Produkte zu gewährleisten, ist die Verwendung von Starterkulturen unerlässlich. Als sogenannte Schutzkulturen sollen sie gleichzeitig die Vermehrung unerwünschter bakterieller Pathogene unterbinden. Bisher ist allerdings nicht bekannt, inwieweit diese zur Virusinaktivierung in kurzgereiften Rohwürsten führen bzw. beitragen. Aus diesem Grund war es das Ziel dieser Arbeit, den Einfluss von rohwurstrelevanten Starter- und Schutzkulturen sowie deren Metabolite (Bacteriocine, Milchsäure) auf die Tenazität und Inaktivierungskinetik von Viren zu prüfen. Die Untersuchungen erfolgten mit dem murinen Norovirus (MNV) S 99 sowie dem humanen Influenzavirus H1N1 (A/WSN/33). Antivirale Effekte wurden zum einen anhand von in-vitro-Studien, zum anderen anhand von experimentell mit Viren kontaminierten kurzgereiften Rohwürsten (Mettwurst/Teewurst) geprüft.
Die Bacteriocine Sakacin A und Nisin zeigten in phosphatgepufferter Salzlösung (PBS) keine viruzide Wirkung gegenüber MNV S 99 und H1N1 (pH 6,2; 24 °C; Exposition: 3 Tage).
Weiterhin wurden anhand von in-vitro-Untersuchungen 29 verschiedene zellfreie Kulturüberstände [Milchsäurebakterien, Staphylococcus spp. (S.), Kocuria (K.) varians] hinsichtlich ihrer antiviralen Wirkung geprüft. Dabei konnte eine signifikante Titerreduktion von MNV S 99 bei Exposition mit
dem Kulturüberstand eines Lactobacillus (Lb.) curvatus-Isolates festgestellt werden (p < 0,05). In mit dieser Kultur fermentiertem Tee- und Mettwurstbrät zeigte sich jedoch kein Effekt.
Die Virustenazität von H1N1 und MNV S 99 konnte mit D,L-Milchsäure unter rohwurstrelevanten Bedingungen (pH 5,0 bis 6,2) sowohl in-vitro als auch im frischen Mettwurstbrät beeinflusst werden. In-vitro erzielte Titerreduktionen lagen bei 2,5 (H1N1) bzw. 3,25 log-Stufen (MNV S 99) nach drei Tagen (24 °C) Lagerung. Im Gegensatz dazu war MNV S 99 im Vergleich zu H1N1 im Mettwurstbrät stabiler. H1N1 konnte unterhalb von pH 5,5 bereits direkt nach dem Einmischen der Influenzaviren in das Wurstbrät nicht mehr nachgewiesen werden. MNV S 99 wurde hingegen erst nach einem Tag Lagerung (22 °C) maximal um 0,7 log-Stufen reduziert (pH 5,2).
Die verwendeten Starter- und Schutzkulturen (Lb. sakei, Lb. curvatus, Lb. paracasei, Lb. plantarum, S. carnosus, S. xylosus, K. varians) zeigten im Mett- und Teewurstbrät im Vergleich zur Kontrolle (ohne Starterkultur) keinen zusätzlichen viruziden Effekt auf MNV S 99. Zunehmende Virustiterreduktionen konnten mit pH-Wert-Erniedrigung beobachtet werden. Nach der Reifung (1 Tag, 22 °C, pH 4,9) von Mettwurst mit Starterkulturen wurde das Virus um maximal 1,65 log-Stufen reduziert. In mit Einzel- beziehungsweise Mehrstamm-Mischkulturen fermentierter Teewurst (7 Tage, 22 °C, pH 4,9) betrug die Titerreduktion maximal 1,10 log-Stufen. Das Influenzavirus H1N1 konnte im Rohwurstbrät mit Starterkulturen auch nach Verwendung hoher Ausgangstiter bereits zu Beginn der Untersuchungen nicht mehr nachgewiesen werden.
Aus den erzielten Daten kann geschlussfolgert werden, dass die Bacteriocine Sakacin A und Nisin nicht als antivirale Zusatzstoffe in Lebensmitteln (z. B. Rohwürste) geeignet sind. Das antivirale Potential von zellfreien Kulturüberständen war Bakterienstamm-spezifisch und nur in-vitro ersichtlich. Daher muss die Nutzung des Lb. curvatus 1-Stammes nicht anderen rohwurstrelevanten Starterkulturen vorgezogen werden. Die Verwendung von Milchsäure als Zusatzstoff im Rohwurstbrät eignet sich nur zum Ausschluss einer viralen Exposition im Zusammenhang mit H1N1. Frische Mettwurst muss allerdings hierzu adäquat gesäuert (pH < 5,5) werden. Neben dem antiviralen Effekt durch gebildete Säure, konnte keine weitere spezies-spezifische antivirale Wirkung verwendeter Starter- und Schutzkulturen auf MNV S 99 festgestellt werden. Die Säureleistung einzelner Kulturen ist demzufolge für eine Virusinaktivierung entscheidend. Das antivirale Potential verwendeter Starter- und Schutzkulturen in Rohwürsten ist im Zusammenhang mit MNV S 99 als gering einzuschätzen. Unter der Annahme, dass murine und humane Noroviren eine ähnliche Tenazität in kurzgereiften Rohwürsten aufweisen, sollten diese Produkte im Zusammenhang mit Noroviren als Risikoprodukte eingestuft werden.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:15-qucosa-154864
Date03 November 2014
CreatorsLange-Starke, Anett
ContributorsUniversität Leipzig, Veterinärmedizinische Fakultät, Prof. Dr. Dr. h.c. Karsten Fehlhaber, Prof. Dr. Dr. h.c. Karsten Fehlhaber, apl. Prof. Dr. Reimar Johne
PublisherUniversitätsbibliothek Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
Languagedeu
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis
Formatapplication/pdf

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