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Habitat ecology and long-term development of the macrophyte vegetation of north-west German streams and rivers since the 1950s

Diese Arbeit behandelt die Charakterisierung der Habitate und die Langzeit-Entwicklung über sechs Jahrzehnte der Makrophytenvegetation nordwestdeutscher Bäche und Flüsse, um zum Wissen über die Ökologie aquatischer Makrophyten beizutragen und sie als Bioindikatoren zu nutzen. Siebzig Bäche und Flüsse der Regionen Ems-Hunte Geest, Lüneburger Heide, Allerflachland, nördliches Harzvorland, Fuß des Weser-Leine Berglandes und ostholsteinisches Hügelland sind Bestandteil der Studie, wobei der Schwerpunkt auf der überregionalen Betrachtungsebene liegt. Aus der Analyse der Zusammensetzung und Verbreitung der Makrophytengesellschaften im Zusammenhang mit Gewässergröße und physikalischen und chemischen Wasser- und Sedimenteigenschaften schlossen wir, dass Gewässertiefe und Fließgeschwindigkeit von den gemessenen Variablen den größten Einfluss auf die heutige Gesellschaftszusammensetzung haben, gefolgt vom Gehalt pflanzenverfügbaren Phosphors im Sediment. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass vor der im Untersuchungsgebiet seit den 1950ern stattfindenden, starken Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung, als noch ausgeprägtere Gradienten bei den Nährstoffgehalten der Fließgewässer existiert haben, chemische Größen einen stärkeren Einfluss auf die Makrophytenvorkommen hatten als heute.
Mittels semi-permanenter Dauerflächen haben wir den Vegetationswandel zwischen den 1950ern und 2010 untersucht und einen dramatischen Rückgang der Artenvielfalt festgestellt (der Gesamtartenpool sank um 27.5 % von 51 auf 37 Hydrophytenarten, die Artenzahl pro Aufnahmefläche um 19.4 % von 4.7 auf 3.8 Arten), begleitet von einem umfassenden Bestandsumbau vom Vorherrschen wurzelnder (v.a. potamider) Arten zur Dominanz freischwimmender (v.a. lemnider) Arten. Oligotraphente Arten wie Potamogeton gramineus und P. polygonifolius sind in den Probeflächen ausgestorben und die mesotraphenten Arten Myriophyllum alterniflorum und Ranunculus peltatus in ihrer Auftretenshäufigkeit um mehr als 50 % zurückgegangen, während die eutraphenten Arten Myriophyllum spicatum und Spirodela polyrhiza um mehr als 100 % zugenommen haben. In den Artmerkmalen Blattausdauer und spezifische Blattfläche (SLA) wurden Änderungen festgestellt: In den historischen Makrophytenbeständen der 1950er waren immergrüne Arten und Arten mit dünnen Blättern oder solchen mit viel arenchymatischem Gewebe häufig (große SLA), während die rezenten Bestände von 2010 durch sommergrüne Arten und solche mit robuster Struktur (geringe SLA) gekennzeichnet sind. Die Veränderungen in der Arten-zusammensetzung waren am tiefgreifendsten in der Region Ems-Hunte Geest, wo weitläufige Niedermoore durch Entwässerung insbesondere seit der Eindeichung des Dümmer Sees (1953) intensiv bewirtschaftetem Agrarland gewichen sind, und weniger ausgeprägt in der Lüneburger Heide, einer der wenigen Tieflandsregionen Deutschlands, in der noch Fließgewässer mit kaum durch den Menschen veränderter Struktur zu finden sind.
Auf der syntaxonomischen Ebene zeigte die Anwendung zweier unterschiedlicher pflanzensoziologischer Klassifikationssysteme tiefe Veränderungen in der Struktur der Makrophytengesellschaften über sechs Jahrzehnte auf. Alle dokumentierten Vegetations-bestände konnten einer der Klassen Potamogetonetea, Lemnetea, Phragmitetea oder Fontinalietea zugeordnet werden. Während Batrachietalia/Batrachion und Potamogetonetalia /Potamogetonion-Bestände stark zurückgegangen sind, haben Nymphaeetalia/Nymphaeion-Gesellschaften zugenommen. Die beobachtete Zunahme pflanzensoziologisch schwach charakterisierter Bestände (Fragmentgesellschaften) deutet auf Verluste bei den hoch-spezialisierten Arten hin. Im Schnitt waren sich die rezenten Vegetationsbestände signifikant ähnlicher (SBC=0.25) als die historischen (0.22), was eine Homogenisierung der Fließgewässervegetation Nordwestdeutschlands offenbart.
Beschleunigte Eutrophierungsprozesse in den Gewässern und wasserbauliche Maßnahmen in der intensiv genutzten Kulturlandschaft haben zu einer Uniformierung der Fließgewässerhabitate geführt, worin neben häufigen Störereignissen die Hauptursache für die Verluste in Artenreichtum und Vielfalt der Makrophytenvegetation gesehen werden kann. Weitere Anstrengungen zur Reduzierung der Nährstofffrachten, sowie eine Erhöhung der Habitatheterogenität durch strukturverbessernde Renaturierungsmaßnahmen und ökologisch verträgliche Unterhaltungstechniken und -zeitpunkte sind notwendig, um den Diversitäts-rückgang in der Makrophytenvegetation nordwestdeutscher Bäche und Flüsse aufzuhalten und umzukehren. Eine artenreiche Vegetation ist ein wichtiger Baustein in Fließgewässer-Ökosystemen, deren Funktionsfähigkeit nicht zuletzt auch für das menschliche Wohlergehen von Bedeutung ist.

Identiferoai:union.ndltd.org:uni-goettingen.de/oai:ediss.uni-goettingen.de:11858/00-1735-0000-0001-BC30-F
Date28 May 2013
CreatorsSteffen, Kristina
ContributorsLeuschner, Christoph Prof. Dr.
Source SetsGeorg-August-Universität Göttingen
LanguageEnglish
Detected LanguageGerman
TypedoctoralThesis

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