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Bilder der Anderen. Kritische Diskursanalyse der westdeutschen und britischen Presseberichterstattung zur Zeit der zweiten Berlin-Krise (1958-62)Merk-Carinci, Dorothea January 2020 (has links) (PDF)
1. Kapitel: Einleitung
Das Kapitel der Einleitung erläutert die Zielsetzung und Fragestellung dieser Arbeit unter Angabe der verwendeten Primärquellen, zu denen die Zeitungsartikel, Archivdokumente, die Transkriptionen der qualitativen Interviews gehören sowie den aktuellen Forschungsstand. Ziel dieser Arbeit ist es zum einen, auf inhaltlicher Ebene die Auto- und Heterobilder sowie Stereotype in der westdeutschen und britischen überregionalen Presse herauszuarbeiten und diese vor dem Hintergrund des außenpolitischen bilateralen Verhältnisses zu interpretieren. Zum anderen sollen jene Eigen- und Fremdbilder strukturell in die Argumentationen der jeweils nationalen Pressetexte eingeordnet werden und auf ihre Funktion hin überprüft werden. In der vorliegenden Dissertation wird angenommen, dass Stereotype und Bilder „des Anderen“ gezielt in die Argumentationen der nationalen Pressetexte eingebettet sind und dort argumentative Funktionen erfüllen, wie etwa die Verstärkung eines Arguments oder die Herstellung von Plausibilität, Interpretation und Einordnung eines Ereignisses oder dessen gesellschaftliche Legitimation. Daher verbindet diese Arbeit die Methodik der „Kritischen Diskursanalyse“ (KDA) mit der „Imagologie“. Das Forschungsparadigma der KDA lautet nach Siegfried Jäger, den Diskurs auf seine ikonographischen Mittel hin zu untersuchen. Manfred Beller und Joep Leerssen definieren den Forschungsanspruch der Imagologie wie folgt: “Imagology aims to understand a discourse rather than a society“. Weder die KDA gelangt zu einer näheren Klassifizierung der zu untersuchenden „ikonographischen Mittel“, noch unternimmt die „Imagologie“ den Versuch, den Begriff „discourse“ näher zu bestimmen. Daher wird in dieser Arbeit diese Lücke geschlossen und beide Methodiken an ihrer Schnittstelle miteinander verbunden. Es ist das Hauptanliegen dieser Arbeit, die diskursive Konstruktion des deutsch-britischen Verhältnis im jeweiligen Pressediskurs beider Länder im Untersuchungszeitraum dieser Arbeit tiefgreifend zu analysieren und die dem jeweiligen Diskurs zugrundeliegenden „Aussagen“ im Sinne Foucaults herauszuarbeiten. Zudem sollen allgemein-gültige Ergebnisse zur Tradierung von Stereotypen und dem positiven und negativen Tenor der überregionalen Berichterstattung unter Berücksichtigung des außenpolitischen Kontextes in Betracht gezogen werden. Die Auswirkungen des Pressediskurses auf das öffentliche Denken soll anhand von Archivdokumenten bzw. von qualitativen Interviews punktuell gezeigt werden.
2. Kapitel: Diskurs und Kritische Diskursanalyse
Im zweiten Kapitel wird zunächst der Diskursbegriff nach Michel Foucault mit den Wirkmechanismen und Strukturen von Diskursen begründet. Wichtig dabei ist der „Wissen/Macht-Komplex“, der die diskursive Aushandlung von „allgemein gültigem Wissen“ innerhalb einer Gesellschaft beschreibt. Dieses „Wissen“ enthält die Tradierung gültiger Argumentationsformen inklusive Eigen- und Fremdbilder in der Presse. Der Begriff „Aushandlung“ impliziert dabei, dass es sich um einen diffizilen diskursiven Prozess handelt. „Wissen und Macht“ sind laut Foucault intrinsisch miteinander verbunden. Macht generiert Wissen, Wissen impliziert Macht. Demnach haben die als gültig ausgehandelten Argumentationsformen und Bilder in den Pressetexten eine Wirkungsmacht, Bewusstsein innerhalb einer Gesellschaft formen. In Foucaults diskursanalytische Theorien, die selbst keine konkreten Analyseschemata zur Untersuchung von (Medien-) Diskursen beinhalten, fließen die Weiterführungen von Sara Mills, Ruth Wodak und Norman Fairclough mit ein. Konkrete Vorgaben zur praktischen Analyse von Mediendiskursen legte der Linguist Sigfried Jäger des Duisburger Instituts für Sprach- und Sozialforschung vor. Jäger definiert verschiedene Diskursebenen innerhalb einer Gesellschaft, bei denen der Mediendiskurs zwischen der Politiker- und Alltagsebene angesiedelt ist. Jäger beschreibt, dass der Mediendiskurs in sich relativ homogen ist, da die großen Leitmedien ihre Informationen von wenigen offiziellen Presseagenturen beziehen. Dies bedeutet, dass die Nachrichten zur Aktualität im Fernsehen relativ gleich denen im Radio oder den Zeitungen sind. Im Fall dieser Arbeit ist bestätigt, dass die Presse den dominanten Mediendiskurs sowohl in der BRD als auch in GB zur politischen Information darstellt. Die Pressetexte mit ihren Argumenten, ihrem Tenor und den Selbst- und Fremdbildern zu den Ereignissen der zweiten Berlin-Krise hatten demnach eine große Wirkung auf ihre Leser, zu denen nachweislich auch die Regierungsoberhäupter Adenauer und Macmillan zählen. Trotz der angenommen Homogenität des Mediendiskurses besitzt jede Presse- und Medieninstitution eine eigene „diskursive Position“ gemäß ihrer Ausrichtung, die nachhaltig den Tenor ihrer Nachrichten bestimmen. Grundsätzlich teilt man in einer Gesellschaft Wissen darüber, welche Ausrichtung die „großen Zeitungen“ haben. So ist etwa der Guardian und die SZ sozialliberal, die Times, FAZ, Die Welt und der Daily Telegraph konservativ eingestellt.
Darüber hinaus teilt Jäger die Presseberichterstattung in ihre Bestandteile. Diese sind etwa die Berichterstattung über ein bestimmtes Thema, den „Diskursstrang“. Pressetexte, die ein bestimmtes Thema behandeln, nennt er „Diskursfragmente“. Demnach bilden alle Diskursfragmente zu einem Thema den Diskursstrang, der sich diachron gemäß der (außen-)politischen Situation entwickelt. Jäger bezeichnet ihn metaphorisch als „Fluss von Wissen durch die Zeit“. Analysiert man ein Ereignis, über das in den Medien viel berichtet wird, stellt dies ein „diskursives Ereignis“ dar. Für Jäger stellen diese Orientierungspunkte dar, da sie eine „Momentaufnahme“ des Diskursstranges abbilden und zeigen, welche Bilder, Argumente und diskursiven Mechanismen zu einem bestimmten Zeitpunkt tradiert wurden bzw. „gültig“ waren. Die diachrone Aneinanderreihung von Ergebnissen aus mehreren diskursiven Ereignissen zeigt dann Entwicklungen und Veränderungen in einem Diskursstrang auf, dessen Einwirkungen vor dem Hintergrund der politischen Ebene interpretiert werden können.
3. Kapitel: Imagologie und Stereotypenforschung
Das Kapitel behandelt die Bildung, Funktionen und Tradierung von Eigen- und Fremdbildkonstruktionen als kulturelle Konstrukte im öffentlichen Diskurs, dem die Berichterstattung angehört. Ursprünglich in der vergleichenden Literaturwissenschaft situiert, weiten Beller & Leerssen das Untersuchungsfeld der Imagologie von literarischen Texten auf Texte „as forms of cultural representation“ aus. Dem sind Zeitungsartikel überregionaler Qualitätszeitungen ebenso zuzuordnen. In diesem Kapitel werden die „Images“ als Oberbegriff erläutert, aus denen sich das Bild, Stereotyp, Vorurteil und Feindbild ableiten. Zudem wird das Nationenbild behandelt. Der Schwerpunkt der Darstellungen in dieser Arbeit liegt dabei auf dem Stereotypenbegriff. Eingehend erläutert dieses Kapitel die identitätsstiftende Funktion von Eigen- und Fremdbildern, wobei ebenso die Aspekte des Wandels und der Beständigkeit von Stereotypen beleuchtet werden. Die Eigen- und Fremdbildkonstruktionen werden in den Kontext der Presseberichterstattung, insbesondere der Auslandsberichterstattung, eingebettet und deren Merkmale skizziert. Demnach wird die Struktur der Presseberichterstattung erläutert, in dem die Stereotype und Bilder eingebettet werden. Ebenso wird die Relation zwischen verbalem Ausdruck eines Stereotyps und dessen kognitive Assoziierung behandelt, wobei der konturierte Charakter eines Stereotyps gezeigt werden soll.
4. Kapitel: Methodische Vorgehensweise
Dieses Kapitel fasst, basierend auf der erläuterten Methodik der Kritischen Diskursanalyse aus Kapitel 2 und den Grundlagen der Stereotypenforschung in Kapitel 3 die konkrete Vorgehensweise und methodische Anwendung dieser Arbeit zusammen. Behandelt wird die konkrete Auswahl relevanter Pressetexte für die quantitative und qualitative Analyse von westdeutschen und britischen Zeitungsartikeln der jeweils drei großen überregionalen Tageszeitungen, die das Korpus dieser Dissertation bilden (Times, Daily Telegraph, Manchester Guardian, FAZ, SZ und Die Welt). Die diskursiven Ereignisse des Untersuchungszeitraumes werden erläutert, ebenso wie die Klassifizierung der drei untersuchten Diskursstränge, die das deutsch-britische Verhältnis zur Zeit der zweiten Berlin-Krise von 1958 bis 1962 diskursiv aushandeln. Die konkrete Vorgehensweise aus Struktur- und Feinanalyse, die auf die drei Diskursstränge angewandt wird, wird geschildert. Dabei wird bereits der „Tenor der Berichterstattung“ geschildert, der die drei untersuchten Diskursstränge dominiert. Neben der Tradierung von negativen, neutralen oder positiven Stereotypen im überregionalen Pressediskurs eines Landes entscheidet auch die subtilere „Stimmung“ im Pressetext über die Formulierung eines positiven oder negativen Fremdbildes. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen in Abgleich mit den Archivdokumenten zum politischen Hintergrund, dass der Tenor der Berichterstattung eines Landes über die fremde Nation an das außenpolitische Verhältnis gebunden ist – zur Zeit von Macmillans Moskau-Reise im Februar 1959 stellt die britische Außenpolitik eine Bedrohung für den Kurs Adenauers dar mit der Konsequenz, dass in beiden Pressediskursen ein negativer Tenor mit einer großen Anzahl negativer Fremdbilder zirkulierte. Als Macmillan 1960 von seiner Entspannungspolitik in Zentraleuropa Abstand nimmt und sich der kontinentaleuropäischen Wirtschaftsbeziehungen zuwendet, verbessert sich sowohl der Tenor als auch die wechselseitigen Heterobilder über den Anderen in beiden Pressediskursen. Demnach hängt die negative Tradierung von Fremdbildern von der diskursiven Konstellation ab, die in den überregionalen Leitmedien dem außenpolitischen Kurs der jeweiligen Regierung folgt.
5. Kapitel: Das britische und westdeutsche Pressewesen
Im 5. Kapitel wird das westdeutsche Pressewesen dem britischen gegenübergestellt. Zunächst soll gezeigt werden, dass die Zeitungen im Untersuchungszeitraum dieser Arbeit das dominante Leitmedium zur politischen Information darstellen, da die „ephemeren“ Medien wie Radio und Fernsehen zwar in beiden Ländern zahlenmäßig (bereits) weit verbreitet waren, sich zur intensiven politischen Information jedoch (noch) nicht durchgesetzt hatten. Dies hat zur Folge, dass der Presseberichterstattung über die britische und westdeutsche Außenpolitik zur zweiten Berlin-Krise eine noch größere Wirkungsmacht zukommt, deren inhaltliche Analyse sich eignet, dominante Grundaussagen des britischen und westdeutschen Pressediskurses in Form von Argumentationsmustern und der Tradierung von Fremdbildern zu Legitimierungszwecken herauszuarbeiten. Von diesen kann angenommen werden, dass sie eine sehr starke Wirkmacht zur Bewusstseinsbildung über die jeweils fremde Nation bei den Lesern hatten, zu denen nachweislich auch die führenden Politiker beider Länder zählten. Danach werden die sechs überregionalen Zeitungen in ihrer Pressegeschichte sowie ihrer zahlenmäßigen Verbreitung vorgestellt und ihre „Diskursposition“, d.h. in ihrer (politischen) Ausrichtung im gesellschaftlichen Diskurs, genannt. Da diese Arbeit eine relative Homogenität der überregionalen Leitmedien annimmt, wird die Diskursposition der einzelnen Tageszeitungen in dieser Untersuchung vernachlässigt. Es werden zudem wesentliche Unterschiede des westdeutschen und britischen Pressewesens erläutert und die Kriterien einer „überregionalen Tageszeitungen“ definiert. Abschließend werden beide Pressewesen miteinander verglichen und in den historischen Kontext der zweiten Berlin-Krise eingeordnet.
6. Kapitel: Die zweite Berlin-Krise als diskursiver Kontext
Dieses Kapitel erläutert die außen- und weltpolitischen Hintergründe des längsten Konfliktes des Kalten Krieges, die im August 1961 zur sichtbaren Teilung Deutschlands in Ost- und West führte. Der historische Hintergrund wird mit Archivdokumenten aus dem Bundesarchiv Koblenz sowie dem Politischen Archiv des Auswärtigen Amtes gestützt. Gezeigt werden die Rollen und Verantwortlichkeiten der alliierten Siegermächte Großbritannien, den USA und Frankreich gegenüber den sowjetischen Forderungen Chruschtschows, das Viermächteabkommen aufzukündigen und die alliierten Truppen aus Westberlin abzuziehen. Mit der Schilderung des historischen Hintergrundes wird zudem der Untersuchungszeitraum dieser Arbeit festgelegt, der mit dem Chruschtschow-Ultimatum vom 27.11.1958 beginnt und mit dem Beginn der Kuba-Krise im Oktober 1962 endet. Neben der Schilderung des Verlaufes der zweiten Berlin-Krise wird das deutsch-britische Verhältnis in diesem Zeitraum eingehend geschildert. Betont werden die Rolle Großbritanniens in der Außenpolitik Adenauers sowie umgekehrt, Deutschland bzw. Berlin in der britischen Außenpolitik. Darüber hinaus behandelt dieses Kapitel dominante Deutschlandbilder der britischen Öffentlichkeit sowie die Englandbilder der westdeutschen Bevölkerung. Inhalte politischer Dokumente stützen vorherrschende Haltungen beider Regierungen zueinander, die dem Zweck dienen, Einflüsse auf den jeweiligen Pressediskurs eines Landes zu erkennen, bzw. aus diskursanalytischer Sicht, die Politikerebene von der Medienebene zu trennen.
7. Kapitel: Kategorisierung der Diskursstränge
Hier werden die drei in dieser Arbeit analysierten Diskursstränge inhaltlich umrissen. Diskursstränge, die Bilder des Anderen enthalten, jedoch nicht wechselseitig in beiden auftreten, werden in Punkt 7.4 genannt. Dabei handelt es sich um Diskursstränge, die spezifisch für ein Land stehen, die fremde Nation jedoch thematisieren. So behandelt Großbritannien verstärkt das Thema „NS-Prozesse“ im eigenen spezifischen Diskurs anders als dies in der westdeutschen Presse geschieht.
8. Kapitel: Diskursstrang 1: Der Staatsbesuch von Theodor Heuss: Oktober 1958
Mehrere Faktoren begründen den Staatsbesuch von Theodor Heuss als ersten offiziellen Empfang eines deutschen Regierungsoberhauptes durch die britische Monarchin seit 1907 als diskursives Event zu behandeln und in die Analyse miteinzubeziehen, obwohl er Ende Oktober 1958, knapp einen Monat vor dem Beginn der zweiten Berlin-Krise, durch das Chruschtschow-Ultimatum stattfand. Erstens repräsentieren sowohl der Bundespräsident als auch die britische Monarchin die Bevölkerung ihres Landes und nicht die außenpolitische Linie. Demnach steht das Verhältnis beider Bevölkerungen zueinander im Mittelpunkt der Berichterstattung. Zweitens bestätigen mehrere Quellen, dass der Heuss-Besuch das Ende der Nachkriegsära im deutsch-britischen Verhältnis einläutete. Demnach stand dem Besuch eine große diskursive Aushandlung über die Presse beider Länder bevor, das deutsch-britische Verhältnis, das sich insbesondere durch den Zweiten Weltkrieg zu einer Feindschaft wandelte, neu auszuhandeln. Von britischer Seite bestand eine große Reserviertheit und Kühle gegenüber dem westdeutschen Gast, die die britische Presse dominierte. Die westdeutschen Zeitungen berichteten ausführlich über die Ehrung und Würde des königlichen Empfangs und bezogen sich anschließend auf das negative Echo der britischen Zeitungen. Die britische Presse zeichnete dabei das Bild des „deutschen Charakters“ als obrigkeitshörigen, gefügigen, materialistischen und unmoralischen Deutschen, der seine Vergangenheit mit dem Konsum des Wirtschaftswunders verdrängt. Heuss dagegen sei „not this kind of German“. Von deutscher Seite seien „Engländer auch keine Italiener“. Nationale Bilder des Anderen dienen der Legitimierung und Einordnung in den eigenen diskursiven Kontext, die Haltung und Reaktion des Anderen logisch zu interpretieren. Sowohl die qualitative als auch quantitative Analyse der Presseartikel in den westdeutschen und britischen Zeitungen ergeben, dass das Bild vom Anderen in seiner Anzahl negativ ist, was auf ein vorherrschend negatives Bild und Grundaussauge insbesondere im britischen Diskurs gegenüber den Deutschen schließen lässt. Es zeigt sich zudem, dass die dominanten Unterthemen der britischen und westdeutschen Presse analog zu der Hierarchie der am meisten verwendeten negativen Fremdbildern sind. Demnach überwiegt zahlenmäßig in der britischen Presse das Bild des unmoralischen und militanten Deutschen, das in Analogie zum am meisten vorhandenen Unterthema der NS-Vergangenheit steht. Von deutscher Seite ist das Bild der kühlen, reservierten und unhöflichen Briten dominant, das am gewichtigsten das Unterthema der „Reaktion der britischen Bevölkerung und der britischen Presse“ interpretierend unterstützt. Heterobilder und -stereotype sind demnach in die Struktur der Presseberichterstattung eingebettet und erfüllen bestimmte Funktionen, meist die der Verstärkung der Argumentationen zur Herstellung von Plausibilität und Logik. Indem die westdeutsche Presse die Briten als „arrogant allem Fremden gegenüber“ charakterisiert, dient dies der Einordnung und Erklärung für die berichtete kühle Reaktion der britischen Bevölkerung auf den deutschen Gast. Indem die britische Presse ein Kontinuitätsbild der Deutschen als „militant und unmoralisch“ tradiert, ist die reservierte Haltung der eigenen Bevölkerung gegenüber den unmoralischen Deutschen gerechtfertigt. Zugleich stilisieren sich die Briten selbst als „moralisch“ im Hinblick auf ihre politische Tradition und Konstitution. Die diskursive Aushandlung des deutsch-britischen Verhältnis zum Heuss-Staatsbesuch dient der „Aktualisierung“ des jeweiligen Fremdbildes, wodurch aus diskursanalytischer Sichtweise „viel Wissen produziert wird“. Die mediale Neuaushandlung der deutsch-britischen Beziehungen wird durch Berichte etwa des deutschen Botschafters in London sowie von Heuss selbst ergänzt, die erläutern, dass es sich um eine berichtete kühle Reserviertheit der britischen Bevölkerung gegenüber dem deutschen Staatsgast handelt und nicht um eine tatsächlich erlebte Ablehnung aus Sicht beider Politiker. Theodor Heuss berichtigte diese Tatsache sogar in seiner Neuansprache an das deutsche Volk vom 31.01.1958, bei der er sagte, dass er viel Wärme erfahren habe und dass verantwortliche Journalisten einberufen wurden. Trotz der überwiegend negativen Tradierung der Bilder des Anderen während des Heuss-Besuchs ist eine Verbesserung des Tenors in beiden nationalen Pressediskursen zu erkennen, die etwa im Januar bei den wohlwollenden Berichten über die Assoziierung Großbritanniens an den europäischen Markt deutlich erkennbar ist, jedoch durch die Herausforderungen der zweiten Berlin-Krise ab Januar 1959 deutlich in den Hintergrund rückt.
9. Kapitel: Bilaterale Krise zwischen Adenauer und Macmillan: 1959
Der Diskursstrang der bilateralen Krise zwischen Adenauer und Macmillan im Jahr 1959 bildet den „Kern“ der in dieser Arbeit durchgeführten Diskursanalyse. Dies ist damit zu begründen, dass der Diskursstrang von Oktober 1958 bis Januar 1959 eine positive Entwicklung aufzeigt, die durch das zunächst relativ harmonische persönliche Verhältnis zwischen Adenauer und Macmillan aufgrund außenpolitischer Übereinstimmung gekennzeichnet ist. Adenauers Position als Befürworter des britischen Anliegens, sich wirtschaftlich in Europa nicht zu isolieren durch die Schaffung einer Freihandelszone als Gegengewicht zur 1957 gegründeten EWG der Kontinentaleuropäer stößt zunächst auf Wohlwollen der außenpolitischen Interessen Macmillans und Adenauers, der stets eine engere Einbindung Großbritannien an Europa anstrebte. Durch das Chruschtschow-Ultimatum Ende November 1958 und der sich Mitte Januar 1959 herauskristallisierenden entgegengesetzten Positionen im Ost-West-Konflikt verschlechterte sich das bilaterale Verhältnis um ein Vielfaches, das nach der unilateralen Moskau-Reise Macmillans Ende Februar 1959 im April 1959 seinen Höhepunkt nimmt. Der bilaterale Konflikt wird auf den polarisierenden Charakterisierungen des weichen Macmillans gegenüber eines starren Adenauers auf die Personen des britischen und westdeutschen Regierungsoberhauptes übertragen. Von westdeutscher Seite wird dem Misstrauen gegenüber der britischen Außenpolitik mit Beschwichtigungen reagiert. Zugleich tritt Amerika als „Beschützer“ vor den Russen ins Zentrum der westdeutschen Argumentation. Macmillans ergebnislose Moskau-Reise wird in der westdeutschen und britischen Presse unterschiedlich interpretiert: die Briten sehen sie weitestgehend als Erfolg, da Chruschtschow gegen Ende doch noch einer Außenministerkonferenz zustimmte, die ab Mai in Genf stattfand. Die Zeitungen der BRD werten sie einschlägig als „Fehlschlag“. Macmillans einseitige Initiative wirft zugleich die Frage einer „Paris-Bonn-Achse“ auf, da die Moskau-Reise noch stärker zu einer Polarisierung innerhalb der westlichen Allianz führt: de Gaulle steht entschieden zur starren Haltung Adenauers gegenüber der UdSSR, Amerika befürwortet eher Verhandlungen wobei die britische Regierung vollkommen auf Verhandlungen mit Chruschtschow setzt, um die Berlin-Frage zu lösen. Die Begriffe „schwach“ in der westdeutschen Presse und „suspicious“ in der britischen sind die im Verlauf des Jahres 1959 am häufigsten tradierten Bilder des Anderen. Die deutschen Zeitungen stilisieren Macmillans Außenpolitik und Großbritannien als schwächste Alliierte wohingegen die britische Presse Adenauer als „misstrauisch“ gegenüber britischen Motiven charakterisiert. Im April äußerte sich Adenauer im Rundfunk über „Drahtzieher“, die bewusst das deutsch-britische Verhältnis in Großbritannien verschlechtern. Ohne direkt die „Wire-Pullers“ zu nennen, bezieht die britische Presse Adenauers Anschuldigungen Mitte April 1959 auf sich. Es kommt zum Times-Artikel: „Anglo-German relations at low ebb“ sowie zur Bemerkung im Daily Telegraph: „No conspiracy is needed since anti-German feelings exist without being artificially inspired”. Adenauers kritische Äußerungen halten von Juni bis September 1959 an. Während der ersten Phase der Genfer Außenministerkonferenz bleibt ein negativer Tenor in der westdeutschen Presse gegenüber britischen Motiven bestehen, wobei Adenauers Kritik an der britischen Außenpolitik in Zusammenhang mit der (ergebnislosen) Genfer Konferenz zu sehen ist. Ab September ist eine eindeutige Distanzierung sowohl der britischen als auch deutschen Presse zu Adenauers Äußerungen zu bemerken. Dies liegt in der quantitativen Anzahl von Artikeln begründet als auch in der qualitativen Analyse der Presseartikel. Über die dritte Adenauer-Kritik an Großbritannien wird verhältnismäßig wenig und sehr „nüchtern“ berichtet. Daher ist eine Einflussnahme der Regierungen auf eine Verbesserung des bilateralen Verhältnisses in der Presseberichterstattung zu verzeichnen. Als Adenauer im Oktober 1959 bekannt gibt, Ende November 1959 zu bilateralen Gesprächen mit Macmillan nach London zu reisen, richtet sich der Tenor beider Pressediskurse auf die Hoffnung und Zuversicht, dass beide Staatsmänner ihre Differenzen beseitigten. Insbesondere in der britischen Presse ist eine stark betonte Verbesserung des Tenors gegenüber Deutschland zu vermerken, die etwa in Berichten wie „the prospects for next week’s talks are excellent“ zum Ausdruck kommt. Die deutsche Presse bezeichnet die Verschlechterung des deutsch-britischen Verhältnis als „unnötigen Hader“. Auch die Nachbereitung der bilateralen Gespräche hinterlässt einen positiven Einschlag. Die öffentliche Haltung des westdeutschen Außenministers sowie Adenauers selbst, eine Assoziierung der neu gegründeten EFTA mit der EWG zu befürworten, sowie Macmillans Distanzierung von einem Disengagement in Zentraleuropa führt zu jener bilateralen Verbesserung.
Die Analyse ergab, dass die britische Presse Adenauer negativ als „old, suspicious, rigid und authoritarian“ im April, Juni und September im Rahmen seiner Kritik an Macmillan charakterisiert. Britische Außenpolitik wird in der zweiten Hälfte von 1959 als „nüchtern“ und „pragmatisch“ stereotypisiert, in der ersten als „weich, schwach und flexibel“. Auffallend ist, dass, je mehr über die verschlechterten deutsch-britischen Beziehungen berichtet wird, desto stärker das deutsch-französische hervortritt. Die Dominanz der Unterthemen in beiden Pressediskursen im Jahr 1959 zeigt, dass das Gewicht vom außenpolitischen Prinzip bestimmt ist. Für die deutsche Presse sind dies die deutsch-französischen Beziehungen und die außenpolitische Haltung Großbritanniens im Ost-West-Konflikt, für die britische Presse sind dies die Thematik um die Freihandelszone bzw. EFTA sowie die erstarkende Position der BRD als („gleichberechtigter“, „dominanter“) NATO-Partner. Die überregionalen Leitmedien folgen demnach den außenpolitischen Kurs der jeweiligen Regierung.
10. Kapitel: Hinwendung zu Europa? Großbritannien und die EWG ab 1960
Der dritte Diskursstrang behandelt schwerpunktmäßig die diskursive Aushandlung des britischen Selbstbildes in seiner Hinwendung zu Europa gemäß der britischen Außenpolitik. Mit der zunehmenden und schnell wachsenden Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, die zur politischen Union werden soll, verliert die von Großbritannien gegründete EFTA an Kraft. Neben Kennedys Wunsch nach einer Europäischen Integration, die Großbritannien als Mitglied der EWG sehen will, wird die Einheit der westlichen Allianz gegenüber der Sowjetunion auf die Wirtschaft übertragen. Bei Macmillans Besuch in Washington im April 1961 wird dieser Prozess beschleunigt, als der britische Premier am 31.07.1961 im Unterhaus verkündet, ein Beitrittsgesuch zur EWG in Brüssel zustellen. Der Diskursstrang ist zunächst in drei Phasen zu teilen: 1) Deutsch-britische Annäherung zwischen EWG und EFTA von Januar 1960 bis Februar 1961, 2) Erwägung und Beschluss des britischen EWG-Beitrittes: März bis Dezember 1961, 3) Wachsende Skepsis und Distanz Adenauers zum britischen EWG-Beitritt: Januar bis Oktober 1962. Das der Diskursstrang eine starke Fokussierung auf dem britischen Selbstbild besitzt und das Verhältnis Großbritannien vermehrt gegenüber den EWG-Staaten und weniger bilateral behandelt wird, wurde hier auf eine Feinanalyse verzichtet. Ziel der Strukturanalyse ist es, vor dem Hintergrund der zeitweiligen Abwesenheit außenpolitischer Differenzen zwischen beiden Ländern eine starke Verbesserung des Tenors in der britischen und westdeutschen Presseberichterstattung festzustellen, wobei es im Februar 1961 zu einem berichteten „Höhepunkt“ im deutsch-britischen Verhältnis beim bilateralen Treffen zwischen Adenauer und Macmillan in London kommt, der neben dem positiven Tenor auch gerade in der positiven Darstellung Adenauers in der britischen Presse zeigt. Die positive Darstellung Adenauers ist mit seiner Befürwortung eines britischen EWG-Beitrittes verbunden. Auch hier kommt das deutsch-französische Verhältnis zum Tragen: die britische Presse erhofft sich mit Adenauer einen Fürsprecher gegenüber de Gaulle zu haben bzw. die deutsch-französische Achse aufzuweichen. Adenauer dagegen ist über die positive Haltung der Briten gegenüber einer Europäischen Integration positiv gestimmt. Während sich in der zweiten Phase des Diskursstrangs die bilaterale Aushandlung der deutsch-britischen Beziehungen entfernt, da die britischen Zeitungen etwa das Selbstbild um den Verlust der eigenen Souveränität aushandeln und die Berlin-Krise mit dem zweiten Chruschtschow-Ultimatum vom Juni 1961 und der darauf folgenden Abriegelung des Ost-Sektors von Berlin im August 1961 die Aufmerksamkeit der westdeutschen Zeitungen auf den Ost-West-Konflikt richten. Die dritte Phase ab Januar 1962 wird eingeleitet durch Macmillans Besuch in Bonn Anfang Januar 1962. Dabei werden erste Verschlechterungen in der beiderseitigen Berichterstattung deutlich, die sich um die Stationierungskosten der britischen Rhein-Armee ranken, die aufgrund der Teilung Deutschlands im Rahmen der NATO aufgestockt werden muss. Im März äußert sich Adenauer erstmals öffentlich gegenüber einem französischen Journalisten kritisch dem britischen EWG-Beitritt gegenüber. Politische Dokumente vom Dezember 1961 belegen, wie sehr Adenauer de Gaulles distanzierter Haltung zu einem britischen EWG-Beitritt zustimmt, da sonst das politische Konzept der EWG nicht umgesetzt werden könne. Im Juni 1962 äußerte sich der Bundeskanzler erneut konkret kritisch, indem er behauptet, dass eine wirtschaftliche Assoziierung Großbritanniens zur EWG nicht gleich eine Vollmitgliedschaft des Vereinigten Königreiches bedeuten muss. Die westdeutsche Presse distanziert sich zunehmest von Adenauers kritischen Äußerungen wohingegen die britischen Zeitungen Ludwig Erhards und von Brentanos Zustimmung zitieren. Mit Adenauers Staatsbesuch in Paris Anfang Juli und der zelebrierten deutsch-französischen Aussöhnung in der Kathedrale von Reims kommen Feindbilder gegenüber den militanten Deutschen in der britischen Presse erneut hervor. Adenauer wird für die britische Europapolitik zur Bedrohung, da eine demonstrierte Aussöhnung mit de Gaulle gleichbedeutend sei mit einer Distanzierung Bonns vom britischen Anliegen und von einer Fürsprache Adenauers bei de Gaulle für die britische Sonderstellung. Weitere kritische Äußerungen Adenauers im August 1962 verstärken diese Haltung. Die westdeutsche Presse distanziert sich dabei nachweislich von den Äußerungen des „alten Herrn“ und folgen dem Konsens der Bonner Außenpolitik. Mit dem Beginn der Commonwealth-Konferenz in London im September und dem aufkommenden Konflikt der Kuba-Krise endet der Untersuchungszeitraum dieser Arbeit.
11. Kapitel: Ergebnisse und diskursanalytische Schlussfolgerungen
Zu den zentralen Schlussfolgerungen zählt die Aussage, dass die britische und westdeutsche überregionale Presse den allgemeinen Konsens der Außenpolitik verfolgt. Abweichende Haltungen einzelner Personen, auch gerade die der Regierungsoberhäupter, werden gegebenenfalls ausgegrenzt. Somit hält der überregionale Pressediskurs die Funktion einer Korrektur inne. Einflussnahmen der Politikerebene auf den Tenor der überregionalen Berichterstattung wurden kenntlich gemacht, etwa ab September 1959 vor dem Adenauer-Besuch in London. Die Formulierung negativer Fremdbilder und Stereotype ist in den Zeiten des außenpolitischen Konfliktes quantitativ erhöht. Ein interessantes Ergebnis ist die Dichotomie der tradierten Bilder von Adenauer und Macmillan: im April 1959 stilisiert die westdeutsche Presse Macmillan als „weich“ und „flexibel“ wohingegen die britischen Zeitungen Adenauer als „rigid“ und „authoritarian“ charakterisieren. Die Herausbildung negativer Stereotype ist damit zu begründen, dass die fremde Nation zur Bedrohung für die eigenen Interessen wird, wie im Fall von Macmillans Moskau-Reise oder Adenauers zunehmender Distanzierung zum britischen EWG-Beitritt. In Zeiten der akuten Bedrohung ist zusätzlich eine quantitative wie qualitative Abhängigkeit der britischen und westdeutschen Presseartikel festzustellen. So verlaufen beide Diskursstränge parallel zueinander. Aus qualitativer Sicht finden zahlreiche direkte und indirekte Bezüge der westdeutschen Presse zu britischen Artikeln sowie umgekehrt statt. Im dritten Diskursstrang, der vor dem Hintergrund der vorläufigen Abwesenheit von bilateralen Spannungen artikuliert wurde, treten die direkten Bezugnahmen zwischen der britischen und westdeutschen Presse zurück. Darüber hinaus verbessert sich der Tenor nachhaltig. In dem Moment, als erneut Spannungen auftraten, wie / This doctoral dissertation examines the use of national stereotypes used in British and West German quality newspapers during the second Berlin Wall Crisis (1958 to 1962). As the Berlin Wall Crisis represents the tensest controversy within Cold War history, the national press coverage of West Germany and Great Britain is highly defined by reports on the political events. These are temporarily characterised by the direct confrontation between the West German chancellor Konrad Adenauer and the British Premier Harold Macmillan. The density and acuteness of this Cold War crisis, however, reduces the respective press releases on German and British affairs to a mere political coverage; thus, the analysis of the prevailing British and German newspapers can be regarded as a political discourse analysis.
The methodological approach employed in this work follows the Critical Discourse Analysis according to Ruth Wodak [1], Norman Fairclough [2] and Sara Mills [3] with the aim of displaying the mutual use of auto- and hetero-images of “the Germans” and “the British” in the respective national media and consequently, the discursive construction of national identity. The discourse analysts’ view is supplemented here by the imagologist approach of Manfred Beller [4], which concerns the construction of national images of the Self and the Other in public national discourse. Referring to the above-mentioned dominance of politically related reports in past national press coverage, Critical Discourse Analysis represents a highly suitable methodological approach as it aims at examining the discursive mechanisms of power and ideology in which a text is set. Considering this, Sara Mills defines Critical Discourse Analysis as a “political analysis of text” [5]. The time period examined in this work does not only mark the peak of the East-West conflict but also implements the substantial formation and structure of the European Union as it is still prevalent today. Major negotiations in the national press of that time, such as the entrance of Great Britain into the European Economic Community (EEC) beginning in the late 1950s, reveal arguments, attitudes and images in national press coverage about European affiliation of which many are still valid today. This can be currently noticed in British demands for a European reform as well as in a possible exit from the European Union in 2017. Accordingly, the diachronic view from the news coverage between Germany and Britain during the Berlin Wall Crisis is accomplished by this present outlook on German-British relations. This double-tracked approach allows both a complex portrayal of the historical development of German-British relationship and a definition of the mechanisms of auto- and hetero-images as they occur and change in trans-national media discourse.
References:
[1] Ruth Wodak and Michael Meyer (Eds.). Methods of Critical Discourse Studies. London: Sage, 32016.
[2] Norman Fairclough. Critical Discourse Analysis. The Critical Study of Language. Edinburgh: Longman, 22010.
[3] Sara Mills. Discourse. London: Routledge, 1997.
[4] Manfred Beller and Joep Leerssen (Eds.). Imagology. The Cultural Construction and Literary Representation of National Characters. A Critical Survey. New York: Rodopi, 2007.
[5] Mills: Discourse, p. 131. / Arrogante und nüchterne Briten, ein Bundespräsident, der nicht deutsch sein kann, da er den Briten sympathisch ist oder militante Deutsche, die gemocht werden wollen - so schreiben die überregionalen britischen und westdeutschen Tageszeitungen während einer der brisantesten Krisen des Kalten Krieges übereinander. Die zweite Berlin-Krise (1958 bis 62) repräsentiert dabei eine schicksalhafte Zeit sowohl für die Bundesrepublik als auch für das Vereinigte Königreich. Themen wie die Suche nach einer gemeinsamen westlichen Strategie als Antwort auf sowjetische Ultimaten und die Teilung Deutschlands, die ambivalente britische Außenpolitik gegenüber Berlin, die deutsch-französischen Annäherungen und die Einbindung des Vereinigten Königreiches in die kontinentaleuropäische Wirtschaft dominieren die Pressediskurse beider Nationen.
Diese Studie untersucht die diskursiven Mittel, mit denen die überregionale Presse außenpolitische Ereignisse in den eigenen nationalen Referenzrahmen integriert, und welche Rolle dabei textuelle Stereotype und Charakterisierungen spielen. Mithilfe der Methode der Kritischen Diskursanalyse will diese Arbeit anhand qualitativer und quantitativer Darstellungen jeweils diskursive Mechanismen der westdeutschen und britischen Tagespresse aufzeigen und damit ein kleines Stückchen Licht in die mediale Tradierung eines komplexen deutsch-britischen Verhältnisses bringen.
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