Spelling suggestions: "subject:"entwicklungsstadium"" "subject:"planungsstadium""
1 |
Qualitätsentwicklung von Buchenvoranbauten (Fagus sylvatica L.) nach unplanmäßigem, sturmbedingtem Verlust des Fichtenschirms / Quality of advanced planted European beech (Fagus sylvatica L.) after the unscheduled loss of Norway spruce shelterwood in stormsWeidig, Johannes 12 July 2016 (has links) (PDF)
Hintergrund und Zielstellung
Im Zuge des Waldumbaus wird die Rotbuche (Fagus sylvatica L.) über Voranbau in Fichtenreinbestände eingebracht. Deren Bewirtschaftung zielt meist auf die Erzeugung von Wertholz ab. In diesem Zusammenhang dient der Fichtenschirm als Instrument der Steuerung der Ressourcenversorgung und damit der Qualifizierung der Buchen („edle Halbschattform“). Die in der Vergangenheit zumeist niederdurchforstungsartige Behandlung bedingt jedoch, dass viele Fichtenbestände hinsichtlich ihrer Stabilität keine geeigneten Ausgangsbedingungen für eine langfristige Schirmstellung bieten. Die Schadbilder infolge immer häufiger auftretender Windwurfereignisse verdeutlichen dies eindrucksvoll und belegen unmissverständlich, dass diesbezüglich Handlungsbedarf besteht. Die vorliegende Untersuchung ging daher den Folgen eines unplanmäßigen, sturmbedingten Schirmverlusts für Wachstum und Qualität vorangebauter Rotbuchen nach. In diesem Zusammenhang wurden auch der Einfluss von Pflanzendichte und Entwicklungsstadium des Voranbaus geprüft.
Material und Methoden
In den beiden Modellregionen „Thüringer Wald und Hügelland“ sowie „Sächsisches Erzgebirge und Vorland“ wurden Qualitätserhebungen (vgl. BÖRNER ET AL. 2003) auf insgesamt 29 Buchenvoranbauflächen durchgeführt. Auf 17 dieser Flächen wurde der Fichtenschirm im Januar 2007 durch den Orkan KYRILL meist vollständig geworfen. Seitdem entwickelten sich die Rotbuchen ohne Schirmschutz. Alle weiteren Voranbauten stehen nach wie vor unter Fichtenschirm und dienen als Referenz für Wachstum und Qualität. Jedem Voranbau wurde das auf den Freistellungszeitpunkt bezogene Entwicklungsstadium (vor oder nach Dickungsschluss) zugewiesen.
Zur repräsentativen und objektiven Festlegung der Aufnahmeeinheiten in den Flächen wurde ein rasterbasiertes Probekreisverfahren gewählt. Das quadratische Gitternetz mit einer Weite von 20 m wurde mittels GPS im Gelände eingemessen. Die Rasterschnittpunkte bildeten zugleich die Zentren der 19,95 m² großen Probekreise (Plotradius: 2,52 m). Die Datenaufnahme erfolgte auf insgesamt 204 repräsentativen Plots. In jedem Probekreis wurde die Pflanzenzahl erhoben und auf Hektarwerte hochgerechnet. Für die Referenzflächen erfolgte hier weiterhin eine Ansprache des Überschirmungsgrads. Einbezogen wurden nur Plots mit locker-lichtem Fichtenschirm. Die Datenerhebung wurde an den maximal sechs höchsten Buchen eines jeden Probekreises vorgenommen und konzentrierte sich damit auf die (vor-)herrschenden und somit vitalsten Bestandesglieder. Daraus resultierte ein Stichprobenumfang von 895 Einzelbäumen. Die Datenaufnahme fand nach Abschluss der Vegetationsperiode 2012 statt, sodass seit der Freistellung sechs Jahre vergangen waren.
Mathematisch-statistische Auswertung
Aufgrund der räumlich geschachtelten Versuchsanlage kamen bevorzugt gemischte Modelle zur Anwendung. In Abhängigkeit vom Skalenniveau der Response-Variable und dem vorliegenden Verteilungstyp wurden lineare gemischte Modelle (LMM) oder aber generalisierte lineare gemischte Modelle (GLMM) eingesetzt. Multinomialdaten mit einer festen Rangordnung der Response-Kategorien wurden mit einem erweiterten logistischen Regressionsmodell, der Proportional Odds Logistic Regression (POLR), analysiert. Zur Umsetzung aller beschriebenen Methoden wurde die Statistiksoftware R (Version 3.0.1) genutzt.
Ergebnisse
• Wachstum und Zuwachsreaktion: Sechs Jahre nach dem Sturmereignis besteht kein signifikanter Höhenunterschied zwischen den Buchen auf Sturmflächen und unter Schirm. Allerdings stiegen die Haupttrieblängen ab dem zweiten Jahr der Freistellung an, sodass der Wachstumsgang der freigestellten Individuen signifikant von dem der überschirmten Bäume abweicht. Hohe Stammzahldichten im Voranbau fördern das Höhenwachstum. Das Durchmesserwachstum profitiert im Vergleich dazu deutlich stärker von der Freistellung, wie die signifikant größeren Wurzelhalsdurchmesser der freigestellten Buchen belegen. Entsprechend intensiv fiel auch die Reaktion des Radialzuwachses aus, die ohne Verzögerung bereits im Jahr der Freistellung einsetzte. Der stärkste Grünast zeigt einen im Vergleich zum Stamm synchronen Wachstumsgang, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Unabhängig von der Überschirmung dämpfen hohe Bestandesdichten das Durchmesserwachstum. Gemessen am H/D-Verhältnis weisen die Buchen unter Schirm sowie bei hoher Pflanzendichte einen schlankeren Wuchs auf. Zwischen den beiden Entwicklungsstadien, das heißt vor oder nach Dickungsschluss, bestand kein Unterschied.
• Astigkeit und Astreinigung: Sechs Jahre nach dem Schirmverlust sind an den freigestellten Buchen signifikant größere Astdurchmesser bei zugleich steileren Astwinkeln zu erkennen. Mit zunehmender Pflanzenzahl im Voranbau werden die Buchen feinastiger, während der Astwinkel unbeeinflusst bleibt. ASIX und Grünastdichte sinken nur auf der Freifläche merklich, erreichen dadurch aber ab Pflanzenzahlen von 8.500 St./ha bzw. 6.000 St/ha niedrigere Werte als Buchen unter Schirm. Zwischen den beiden Entwicklungsstadien sind hinsichtlich der Wirkung des Schirmverlusts keine Unterschiede zu verzeichnen. Totastanzahl und grünastfreie Schaftlänge hingegen werden durch die Freistellung nicht beeinflusst. Auf der Freifläche wurden jedoch stärkere Totäste gefunden. Mit zunehmender Pflanzenzahl im Voranbau steigen Anzahl und Durchmesser der Totäste sowie die grünastfreie Schaftlänge signifikant. Am deutlichsten tritt dieses Phänomen bei Voranbauten nach Dickungsschluss zutage.
• Schaft- und Kronenmorphologie sowie Häufigkeit von Z-Baum-Anwärtern: Sechs Jahre nach dem Schirmverlust sind an freigestellten Buchen signifikant häufiger Steiläste und vor allem Zwiesel erkennbar. Im Stadium vor Dickungsschluss treten auf Freiflächen doppelt bis dreifach so häufig Tiefzwiesel auf wie unter Fichtenschirm. Mit zunehmender Pflanzenzahl im Voranbau sinkt die Zwieselanzahl moderat, der Anteil tief gezwieselter Buchen sogar rapide. Dadurch kommen im Stadium nach Dickungsschluss ab 9.000 Buchen pro Hektar unabhängig von der Überschirmung kaum noch Tiefzwiesel vor. Die gutachterliche Qualitätsansprache bestätigt, dass durchschnittlich etwa 60–70 % aller Buchen auf den KYRILL-Flächen den Zwieseltypen zuzurechnen sind, während unter Fichtenschirm mit ca. 90 % die (sehr) guten Formen dominieren. Mit zunehmender Bestandesdichte steigt der Anteil der besseren Qualitäten tendenziell, jedoch nicht signifikant. Die gutachterliche Qualitätsansprache zeigt eine sehr hohe Übereinstimmung mit der anhand von ASIX, Astwinkel und Zwieselzahl einer Buche modellierten Qualitätsklasse. Unter Fichtenschirm ist die Dichte der Z-Baum-Anwärter grundsätzlich sechsmal so hoch wie in freigestellten Voranbauten. Diese steigt aber unabhängig vom Schirm mit der Pflanzendichte des Voranbaus signifikant an.
Schlussfolgerung und Handlungsempfehlungen
Der Fichtenschirm hat eine herausragende Bedeutung für die Qualitätsdifferenzierung von Buchenvoranbauten. Eine locker-lichte Überschirmung stellt den geeigneten Kompromiss zwischen vitalem Wachstum und Qualitätsentwicklung der Buchen dar. Ungeachtet aller weiteren Faktoren bewirkt ein plötzlicher, unplanmäßiger Schirmverlust gravierende Qualitäts-einbußen der an den Halbschatten adaptierten Buchen. Sehr gute Qualitäten, das heißt wipfelschäftige Buchen mit gering dimensionierten, horizontal ausgerichteten Ästen und zügiger Astreinigung, sind nur durch die Kombination aus langfristig stabiler Überschirmung und Pflanzendichten im Voranbau ab 6.000–8.000 St./ha zu erreichen. Eine Kompensation des Freistellungseffekts ist durch hohe Pflanzenzahlen im Voranbau nur in sehr begrenztem Umfang möglich. Ein hoher Seitendruck kann den fehlenden Schirmdruck demnach nicht ersetzen. Selbst bei höchster Bestandesdichte waren die Formen auf den Freiflächen weitaus schlechter als unter Schirm. Dies gilt unabhängig vom Entwicklungsstadium der Voranbauten. Der Bestandesschluss bewahrt also offenbar nicht vor freistellungsbedingten Qualitätsverlusten. Allerdings gewährleisten Pflanzendichten ab 8.000–9.000 St./ha, dass die Tiefzwieselbildung in geschlossenen Buchendickungen auch bei einer abrupten Freistellung weitgehend unterbleibt und eine hinreichende Anzahl von Z-Baum-Anwärtern zur Verfügung steht.
Ist es erst einmal zu einem Schirmverlust über einem Buchenvoranbau gekommen, bestehen kaum Möglichkeiten, aktiv zugunsten der Buchenqualität tätig zu werden. Die einzige Chance besteht im gezielten Erhalt bestehender Z-Baum-Anwärter und deren konsequenter Pflege. Für zukünftige Waldumbaumaßnahmen wird deshalb ein standort- und risikodifferenziertes Vorgehen beim Buchenvoranbau empfohlen. Dieses sollte sich an erster Stelle an der Stabilitätssituation des Fichtenschirms orientieren. Ausschließlich bei gegebener Stabilität ist das Produktionsziel Buchenwertholz als realistisch einzustufen, sodass kostenintensive Voranbauten mit den oben genannten Pflanzendichten angelegt werden sollten (Funktionsumbau). Bei einer offensichtlich (sehr) hohen Prädisposition der Fichtenschirme gegenüber Sturm und Borkenkäferbefall ist stattdessen ein extensiver Voranbau mit reduzierter Pflanzenzahl vorzuziehen. Dieser zielt im Sinn eines Nachhaltsumbaus primär auf eine Stabilisierung der Waldökosysteme ab und trägt zur Erhöhung der Flexibilität der zukünftigen Waldbewirtschaftung bei (WAGNER 2007, 2008). / Backround and Objectives
In the course of forest conversion European beech (Fagus sylvatica L.) is introduced in spruce monocultures by advanced planting. Management of beech stands aims mostly on production the of high quality timber. In this context, the shelterwood of spruce officiates as an instrument for controlling resource availability and thus to qualify advanced planted beech. But because of low-thinning treatment in past, most spruce stands do not provide suitable conditions for long-term shelterwood with regard to their missing stability. The situation of forest damage due to periodic windthrow events illustrate this impressively and show need for action. Therefore, the present study analyzed the consequences of an unplanned, storm-related loss of canopy for growth and quality of advanced planted beech. In this context, the influence of stand density and developmental stage of advanced regeneration will be examined as well.
Material and Methods
In two model regions "Thuringian Forest” (middle of Germany) and "Saxon Oremountains” (East of Germany) quality investigations (cf. BÖRNER ET AL. 2003) were carried out on a total of 29 advanced planted beech stands. In 17 of these stands the spruce canopy was mostly completely thrown by hurricane KYRILL in January of 2007. Thus, the beech trees have grown without shelter since then. The other advanced regeneration stands are still under spruce canopy and serve as a reference for growth and quality. A developmental stage (before or after thicket-stage) was designated to each advanced planting site in reference to the time of overhead canopy release.
For representative and objective definition of experimental plots a grid-based plotdesign was used. The square grid with distance of 20 m was calibrated by GPS in the field. The grid inter-sections built the centers of 19.95 m² circular sample areas (plot radius 2.52 m). Data was collected on a total of 204 representative plots. On each plot, the number of beech plants was collected and extrapolated to hectare values. In addition, the canopy closure was also estimated for reference plots within the sample plots. For data collection only plots with moderate canopy closure were included (maximum area of canopy gaps: one crown projection). Data collection was carried out at maximum of six highest trees per plot. Thus it is concentrated on (pre-) dominant and therefore most vital individuals. This resulted in a sample size of 895 trees. The data collection was started after growing season in 2012, six years after canopy release.
Mathematical and statistical analysis
Due to spatially nested plot design Mixed Models have been applied preferably. Depending on scale level of the response variable and given distribution type, Linear Mixed Models (LMM) or Generalized Linear Mixed Models (GLMM) were used. Multinomial data with fixed order of response categories was analyzed with an extended logistic regression model, the Proportional Odds Logistic Regression (POLR). These calculations were implemented by statistical software R (version 3.0.1).
Results
• Growth and reaction of annual increment: Six years after the storm event there is no significant difference in height between beech trees on storm areas and such under shelterwood. However the annual increment of terminal shoot rose from the second year after release, so the trend of increment deviates significantly from beech trees under shelterwood. High stand density in advanced planting promotes height growth. Diameter growth benefits significantly more from release compared to height growth. So released beech trees showed significantly larger root collar diameters. Reaction of radial increment, which began immediately after release, was appropriately intensive. The thickest living branch shows synchronous trend of increment, but on a lower level. Regardless of canopy cover high stand densities delimitate diameter growth. The H/D-ratio demonstrated that beech trees under shelterwood and in high density stands showed more slender forms. There was no difference between the two developmental stages.
• Branchiness and natural pruning: Six years after the loss of spruce canopy significantly greater branch diameters in combination with steeper branch angles were found on released beech trees. With increasing stand density in advanced planting the beeches showed finer branches while branch angles remain unaffected. ASIX and the density of living branches decreases appreciably for released trees only, so reached lower values than trees under shelterwood by stand densities off 8.500 pcs/ha and 6.000 pcs/ha, respectively. There was no difference of release effect between the developmental stages. Number of dead branches and bole-length without living branches however, were not affected by loss of canopy. However more dead branches were found on beeches in the opening. With increasing stand density in advanced planting, the number and diameter of dead branches and bole-length without living branches increased significantly. This was most distinct for beech stands that reached thicket-stage before release.
• Stem- and crown shape, number of crop tree candidates: Six years after canopy-loss, released beeches showed significantly more steep branches and especially forks. Released stands before thicket-stage showed two to three times as likely deep-forks in relation to stands under spruce canopy. With increasing stand density in advanced planting the number of forks per trees decreased moderately, the proportion of deep-forks even rapidly. In consequence, regardless of the canopy cover, deep-forks only occurred marginally in beech stands after thicket-stage with at least 9.000 pcs./ha. The expert quality estimation confirms that on average about 60–70 % of beeches on KYRILL sites belong to a “fork type”, while under spruce shelterwood (very) good shapes dominate with about 90 %. With increasing stand density, the proportion of good shapes tends to increase, however not significantly. The estimated quality class showed a very high correlation with the modeled one, based on ASIX, branch angle and fork number per beech. The density of crop tree candidates under spruce canopy is basically six times as high as in released stands. However, regardless of shelterwood it increases significantly with stand density.
Conclusion and silvicultural implication:
Spruce canopy is of outstanding importance for quality and differentiation of advance planted beech. A moderate shelterwood is the appropriate compromise between vital growth and good quality development. Regardless of any other factors, a sudden and unplanned loss of canopy effects a loss of quality of shade adapted beech trees. Very good qualities, that means straight to top trees with fine, horizontally oriented branches and timely self-pruning, can only be achieved by combining of long-term shelterwood and stand densities in advanced planting of at least 6.000–8.000 pcs./ha. Compensation of the release effect through high stand density in advanced planting is only possible to a very limited extent. High intraspecific competition cannot replace the lack of shelterwood. Beech shapes were far worse than under shelterwood, even at the highest stand density. This applies regardless of the developmental stage of a beech stand. So closing of advanced planted beech stand (thicket-stage) does not prevent release related quality losses. However, plant densities from 8.000–9.000 pcs./ha ensure that deep fork formation in closed beech thickets is largely suppressed and a sufficient number of crop tree candidates is available, even after abrupt release.
Once an abrupt loss of canopy above advanced planted beech has occurred, there are hardly any opportunities to actively engage in favor of beech quality. The only chance is maintenance of existing crop tree candidates and their consistent care. Therefore, for future forest conversion with beech, a site- and risk-differentiated approach is recommended for advanced planting. This should be based firstly on the stability of shelterwood. Only with high stand stability, the target of high-grade beech-timber is realistic, so costly beech plantings with high stand density mentioned above should be applied. For spruce stand with an obvious (very) high risk towards bark beetles and / or storms, an extensive advanced planting with reduced stand density is preferable. In terms of “Sustainability-conversion” this aims primarily on stabilizing forest ecosystems and increasing flexibility for future forest management (WAGNER 2007, 2008).
|
2 |
Qualitätsentwicklung von Buchenvoranbauten (Fagus sylvatica L.) nach unplanmäßigem, sturmbedingtem Verlust des FichtenschirmsWeidig, Johannes 25 May 2016 (has links)
Hintergrund und Zielstellung
Im Zuge des Waldumbaus wird die Rotbuche (Fagus sylvatica L.) über Voranbau in Fichtenreinbestände eingebracht. Deren Bewirtschaftung zielt meist auf die Erzeugung von Wertholz ab. In diesem Zusammenhang dient der Fichtenschirm als Instrument der Steuerung der Ressourcenversorgung und damit der Qualifizierung der Buchen („edle Halbschattform“). Die in der Vergangenheit zumeist niederdurchforstungsartige Behandlung bedingt jedoch, dass viele Fichtenbestände hinsichtlich ihrer Stabilität keine geeigneten Ausgangsbedingungen für eine langfristige Schirmstellung bieten. Die Schadbilder infolge immer häufiger auftretender Windwurfereignisse verdeutlichen dies eindrucksvoll und belegen unmissverständlich, dass diesbezüglich Handlungsbedarf besteht. Die vorliegende Untersuchung ging daher den Folgen eines unplanmäßigen, sturmbedingten Schirmverlusts für Wachstum und Qualität vorangebauter Rotbuchen nach. In diesem Zusammenhang wurden auch der Einfluss von Pflanzendichte und Entwicklungsstadium des Voranbaus geprüft.
Material und Methoden
In den beiden Modellregionen „Thüringer Wald und Hügelland“ sowie „Sächsisches Erzgebirge und Vorland“ wurden Qualitätserhebungen (vgl. BÖRNER ET AL. 2003) auf insgesamt 29 Buchenvoranbauflächen durchgeführt. Auf 17 dieser Flächen wurde der Fichtenschirm im Januar 2007 durch den Orkan KYRILL meist vollständig geworfen. Seitdem entwickelten sich die Rotbuchen ohne Schirmschutz. Alle weiteren Voranbauten stehen nach wie vor unter Fichtenschirm und dienen als Referenz für Wachstum und Qualität. Jedem Voranbau wurde das auf den Freistellungszeitpunkt bezogene Entwicklungsstadium (vor oder nach Dickungsschluss) zugewiesen.
Zur repräsentativen und objektiven Festlegung der Aufnahmeeinheiten in den Flächen wurde ein rasterbasiertes Probekreisverfahren gewählt. Das quadratische Gitternetz mit einer Weite von 20 m wurde mittels GPS im Gelände eingemessen. Die Rasterschnittpunkte bildeten zugleich die Zentren der 19,95 m² großen Probekreise (Plotradius: 2,52 m). Die Datenaufnahme erfolgte auf insgesamt 204 repräsentativen Plots. In jedem Probekreis wurde die Pflanzenzahl erhoben und auf Hektarwerte hochgerechnet. Für die Referenzflächen erfolgte hier weiterhin eine Ansprache des Überschirmungsgrads. Einbezogen wurden nur Plots mit locker-lichtem Fichtenschirm. Die Datenerhebung wurde an den maximal sechs höchsten Buchen eines jeden Probekreises vorgenommen und konzentrierte sich damit auf die (vor-)herrschenden und somit vitalsten Bestandesglieder. Daraus resultierte ein Stichprobenumfang von 895 Einzelbäumen. Die Datenaufnahme fand nach Abschluss der Vegetationsperiode 2012 statt, sodass seit der Freistellung sechs Jahre vergangen waren.
Mathematisch-statistische Auswertung
Aufgrund der räumlich geschachtelten Versuchsanlage kamen bevorzugt gemischte Modelle zur Anwendung. In Abhängigkeit vom Skalenniveau der Response-Variable und dem vorliegenden Verteilungstyp wurden lineare gemischte Modelle (LMM) oder aber generalisierte lineare gemischte Modelle (GLMM) eingesetzt. Multinomialdaten mit einer festen Rangordnung der Response-Kategorien wurden mit einem erweiterten logistischen Regressionsmodell, der Proportional Odds Logistic Regression (POLR), analysiert. Zur Umsetzung aller beschriebenen Methoden wurde die Statistiksoftware R (Version 3.0.1) genutzt.
Ergebnisse
• Wachstum und Zuwachsreaktion: Sechs Jahre nach dem Sturmereignis besteht kein signifikanter Höhenunterschied zwischen den Buchen auf Sturmflächen und unter Schirm. Allerdings stiegen die Haupttrieblängen ab dem zweiten Jahr der Freistellung an, sodass der Wachstumsgang der freigestellten Individuen signifikant von dem der überschirmten Bäume abweicht. Hohe Stammzahldichten im Voranbau fördern das Höhenwachstum. Das Durchmesserwachstum profitiert im Vergleich dazu deutlich stärker von der Freistellung, wie die signifikant größeren Wurzelhalsdurchmesser der freigestellten Buchen belegen. Entsprechend intensiv fiel auch die Reaktion des Radialzuwachses aus, die ohne Verzögerung bereits im Jahr der Freistellung einsetzte. Der stärkste Grünast zeigt einen im Vergleich zum Stamm synchronen Wachstumsgang, wenn auch auf niedrigerem Niveau. Unabhängig von der Überschirmung dämpfen hohe Bestandesdichten das Durchmesserwachstum. Gemessen am H/D-Verhältnis weisen die Buchen unter Schirm sowie bei hoher Pflanzendichte einen schlankeren Wuchs auf. Zwischen den beiden Entwicklungsstadien, das heißt vor oder nach Dickungsschluss, bestand kein Unterschied.
• Astigkeit und Astreinigung: Sechs Jahre nach dem Schirmverlust sind an den freigestellten Buchen signifikant größere Astdurchmesser bei zugleich steileren Astwinkeln zu erkennen. Mit zunehmender Pflanzenzahl im Voranbau werden die Buchen feinastiger, während der Astwinkel unbeeinflusst bleibt. ASIX und Grünastdichte sinken nur auf der Freifläche merklich, erreichen dadurch aber ab Pflanzenzahlen von 8.500 St./ha bzw. 6.000 St/ha niedrigere Werte als Buchen unter Schirm. Zwischen den beiden Entwicklungsstadien sind hinsichtlich der Wirkung des Schirmverlusts keine Unterschiede zu verzeichnen. Totastanzahl und grünastfreie Schaftlänge hingegen werden durch die Freistellung nicht beeinflusst. Auf der Freifläche wurden jedoch stärkere Totäste gefunden. Mit zunehmender Pflanzenzahl im Voranbau steigen Anzahl und Durchmesser der Totäste sowie die grünastfreie Schaftlänge signifikant. Am deutlichsten tritt dieses Phänomen bei Voranbauten nach Dickungsschluss zutage.
• Schaft- und Kronenmorphologie sowie Häufigkeit von Z-Baum-Anwärtern: Sechs Jahre nach dem Schirmverlust sind an freigestellten Buchen signifikant häufiger Steiläste und vor allem Zwiesel erkennbar. Im Stadium vor Dickungsschluss treten auf Freiflächen doppelt bis dreifach so häufig Tiefzwiesel auf wie unter Fichtenschirm. Mit zunehmender Pflanzenzahl im Voranbau sinkt die Zwieselanzahl moderat, der Anteil tief gezwieselter Buchen sogar rapide. Dadurch kommen im Stadium nach Dickungsschluss ab 9.000 Buchen pro Hektar unabhängig von der Überschirmung kaum noch Tiefzwiesel vor. Die gutachterliche Qualitätsansprache bestätigt, dass durchschnittlich etwa 60–70 % aller Buchen auf den KYRILL-Flächen den Zwieseltypen zuzurechnen sind, während unter Fichtenschirm mit ca. 90 % die (sehr) guten Formen dominieren. Mit zunehmender Bestandesdichte steigt der Anteil der besseren Qualitäten tendenziell, jedoch nicht signifikant. Die gutachterliche Qualitätsansprache zeigt eine sehr hohe Übereinstimmung mit der anhand von ASIX, Astwinkel und Zwieselzahl einer Buche modellierten Qualitätsklasse. Unter Fichtenschirm ist die Dichte der Z-Baum-Anwärter grundsätzlich sechsmal so hoch wie in freigestellten Voranbauten. Diese steigt aber unabhängig vom Schirm mit der Pflanzendichte des Voranbaus signifikant an.
Schlussfolgerung und Handlungsempfehlungen
Der Fichtenschirm hat eine herausragende Bedeutung für die Qualitätsdifferenzierung von Buchenvoranbauten. Eine locker-lichte Überschirmung stellt den geeigneten Kompromiss zwischen vitalem Wachstum und Qualitätsentwicklung der Buchen dar. Ungeachtet aller weiteren Faktoren bewirkt ein plötzlicher, unplanmäßiger Schirmverlust gravierende Qualitäts-einbußen der an den Halbschatten adaptierten Buchen. Sehr gute Qualitäten, das heißt wipfelschäftige Buchen mit gering dimensionierten, horizontal ausgerichteten Ästen und zügiger Astreinigung, sind nur durch die Kombination aus langfristig stabiler Überschirmung und Pflanzendichten im Voranbau ab 6.000–8.000 St./ha zu erreichen. Eine Kompensation des Freistellungseffekts ist durch hohe Pflanzenzahlen im Voranbau nur in sehr begrenztem Umfang möglich. Ein hoher Seitendruck kann den fehlenden Schirmdruck demnach nicht ersetzen. Selbst bei höchster Bestandesdichte waren die Formen auf den Freiflächen weitaus schlechter als unter Schirm. Dies gilt unabhängig vom Entwicklungsstadium der Voranbauten. Der Bestandesschluss bewahrt also offenbar nicht vor freistellungsbedingten Qualitätsverlusten. Allerdings gewährleisten Pflanzendichten ab 8.000–9.000 St./ha, dass die Tiefzwieselbildung in geschlossenen Buchendickungen auch bei einer abrupten Freistellung weitgehend unterbleibt und eine hinreichende Anzahl von Z-Baum-Anwärtern zur Verfügung steht.
Ist es erst einmal zu einem Schirmverlust über einem Buchenvoranbau gekommen, bestehen kaum Möglichkeiten, aktiv zugunsten der Buchenqualität tätig zu werden. Die einzige Chance besteht im gezielten Erhalt bestehender Z-Baum-Anwärter und deren konsequenter Pflege. Für zukünftige Waldumbaumaßnahmen wird deshalb ein standort- und risikodifferenziertes Vorgehen beim Buchenvoranbau empfohlen. Dieses sollte sich an erster Stelle an der Stabilitätssituation des Fichtenschirms orientieren. Ausschließlich bei gegebener Stabilität ist das Produktionsziel Buchenwertholz als realistisch einzustufen, sodass kostenintensive Voranbauten mit den oben genannten Pflanzendichten angelegt werden sollten (Funktionsumbau). Bei einer offensichtlich (sehr) hohen Prädisposition der Fichtenschirme gegenüber Sturm und Borkenkäferbefall ist stattdessen ein extensiver Voranbau mit reduzierter Pflanzenzahl vorzuziehen. Dieser zielt im Sinn eines Nachhaltsumbaus primär auf eine Stabilisierung der Waldökosysteme ab und trägt zur Erhöhung der Flexibilität der zukünftigen Waldbewirtschaftung bei (WAGNER 2007, 2008). / Backround and Objectives
In the course of forest conversion European beech (Fagus sylvatica L.) is introduced in spruce monocultures by advanced planting. Management of beech stands aims mostly on production the of high quality timber. In this context, the shelterwood of spruce officiates as an instrument for controlling resource availability and thus to qualify advanced planted beech. But because of low-thinning treatment in past, most spruce stands do not provide suitable conditions for long-term shelterwood with regard to their missing stability. The situation of forest damage due to periodic windthrow events illustrate this impressively and show need for action. Therefore, the present study analyzed the consequences of an unplanned, storm-related loss of canopy for growth and quality of advanced planted beech. In this context, the influence of stand density and developmental stage of advanced regeneration will be examined as well.
Material and Methods
In two model regions "Thuringian Forest” (middle of Germany) and "Saxon Oremountains” (East of Germany) quality investigations (cf. BÖRNER ET AL. 2003) were carried out on a total of 29 advanced planted beech stands. In 17 of these stands the spruce canopy was mostly completely thrown by hurricane KYRILL in January of 2007. Thus, the beech trees have grown without shelter since then. The other advanced regeneration stands are still under spruce canopy and serve as a reference for growth and quality. A developmental stage (before or after thicket-stage) was designated to each advanced planting site in reference to the time of overhead canopy release.
For representative and objective definition of experimental plots a grid-based plotdesign was used. The square grid with distance of 20 m was calibrated by GPS in the field. The grid inter-sections built the centers of 19.95 m² circular sample areas (plot radius 2.52 m). Data was collected on a total of 204 representative plots. On each plot, the number of beech plants was collected and extrapolated to hectare values. In addition, the canopy closure was also estimated for reference plots within the sample plots. For data collection only plots with moderate canopy closure were included (maximum area of canopy gaps: one crown projection). Data collection was carried out at maximum of six highest trees per plot. Thus it is concentrated on (pre-) dominant and therefore most vital individuals. This resulted in a sample size of 895 trees. The data collection was started after growing season in 2012, six years after canopy release.
Mathematical and statistical analysis
Due to spatially nested plot design Mixed Models have been applied preferably. Depending on scale level of the response variable and given distribution type, Linear Mixed Models (LMM) or Generalized Linear Mixed Models (GLMM) were used. Multinomial data with fixed order of response categories was analyzed with an extended logistic regression model, the Proportional Odds Logistic Regression (POLR). These calculations were implemented by statistical software R (version 3.0.1).
Results
• Growth and reaction of annual increment: Six years after the storm event there is no significant difference in height between beech trees on storm areas and such under shelterwood. However the annual increment of terminal shoot rose from the second year after release, so the trend of increment deviates significantly from beech trees under shelterwood. High stand density in advanced planting promotes height growth. Diameter growth benefits significantly more from release compared to height growth. So released beech trees showed significantly larger root collar diameters. Reaction of radial increment, which began immediately after release, was appropriately intensive. The thickest living branch shows synchronous trend of increment, but on a lower level. Regardless of canopy cover high stand densities delimitate diameter growth. The H/D-ratio demonstrated that beech trees under shelterwood and in high density stands showed more slender forms. There was no difference between the two developmental stages.
• Branchiness and natural pruning: Six years after the loss of spruce canopy significantly greater branch diameters in combination with steeper branch angles were found on released beech trees. With increasing stand density in advanced planting the beeches showed finer branches while branch angles remain unaffected. ASIX and the density of living branches decreases appreciably for released trees only, so reached lower values than trees under shelterwood by stand densities off 8.500 pcs/ha and 6.000 pcs/ha, respectively. There was no difference of release effect between the developmental stages. Number of dead branches and bole-length without living branches however, were not affected by loss of canopy. However more dead branches were found on beeches in the opening. With increasing stand density in advanced planting, the number and diameter of dead branches and bole-length without living branches increased significantly. This was most distinct for beech stands that reached thicket-stage before release.
• Stem- and crown shape, number of crop tree candidates: Six years after canopy-loss, released beeches showed significantly more steep branches and especially forks. Released stands before thicket-stage showed two to three times as likely deep-forks in relation to stands under spruce canopy. With increasing stand density in advanced planting the number of forks per trees decreased moderately, the proportion of deep-forks even rapidly. In consequence, regardless of the canopy cover, deep-forks only occurred marginally in beech stands after thicket-stage with at least 9.000 pcs./ha. The expert quality estimation confirms that on average about 60–70 % of beeches on KYRILL sites belong to a “fork type”, while under spruce shelterwood (very) good shapes dominate with about 90 %. With increasing stand density, the proportion of good shapes tends to increase, however not significantly. The estimated quality class showed a very high correlation with the modeled one, based on ASIX, branch angle and fork number per beech. The density of crop tree candidates under spruce canopy is basically six times as high as in released stands. However, regardless of shelterwood it increases significantly with stand density.
Conclusion and silvicultural implication:
Spruce canopy is of outstanding importance for quality and differentiation of advance planted beech. A moderate shelterwood is the appropriate compromise between vital growth and good quality development. Regardless of any other factors, a sudden and unplanned loss of canopy effects a loss of quality of shade adapted beech trees. Very good qualities, that means straight to top trees with fine, horizontally oriented branches and timely self-pruning, can only be achieved by combining of long-term shelterwood and stand densities in advanced planting of at least 6.000–8.000 pcs./ha. Compensation of the release effect through high stand density in advanced planting is only possible to a very limited extent. High intraspecific competition cannot replace the lack of shelterwood. Beech shapes were far worse than under shelterwood, even at the highest stand density. This applies regardless of the developmental stage of a beech stand. So closing of advanced planted beech stand (thicket-stage) does not prevent release related quality losses. However, plant densities from 8.000–9.000 pcs./ha ensure that deep fork formation in closed beech thickets is largely suppressed and a sufficient number of crop tree candidates is available, even after abrupt release.
Once an abrupt loss of canopy above advanced planted beech has occurred, there are hardly any opportunities to actively engage in favor of beech quality. The only chance is maintenance of existing crop tree candidates and their consistent care. Therefore, for future forest conversion with beech, a site- and risk-differentiated approach is recommended for advanced planting. This should be based firstly on the stability of shelterwood. Only with high stand stability, the target of high-grade beech-timber is realistic, so costly beech plantings with high stand density mentioned above should be applied. For spruce stand with an obvious (very) high risk towards bark beetles and / or storms, an extensive advanced planting with reduced stand density is preferable. In terms of “Sustainability-conversion” this aims primarily on stabilizing forest ecosystems and increasing flexibility for future forest management (WAGNER 2007, 2008).
|
Page generated in 0.0728 seconds