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Oszillometrische Pulswellenmessung - Alters- und geschlechtsspezifische Verteilungsmuster und Stellenwert in der kardiovaskulären Risikostratifizierung / Oscillometric Pulse Wave Analysis - Age and Gender Specific Distribution Patterns and Status in Cardiovascular Risk StratificationNeedré, Michael January 2018 (has links) (PDF)
Kardiovaskuläre Erkrankungen führen in Deutschland die Todesursachenstatistik an. Es gibt anerkannte Risikofaktoren, die veränderlich (Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht, Hyperlipidämie etc.) oder nicht veränderlich (Geschlecht, Alter, genetische Disposition) sein können. Bei langfristig erhöhten Risikofaktoren lässt sich eine Schädigung des Gefäßsystems feststellen, die sich u.a. durch eine zunehmende Versteifung der elastischen Gefäße ausdrückt.
Der Begriff „Arterielle Gefäßsteifigkeit“ umschreibt strukturelle und funktionelle Eigenschaften des arteriellen Gefäßsystems, die u.a. den pulsatilen aortalen Blutdruckes dämpfen und einen gleichmäßigeren peripheren Blutfluss ermöglichen („Windkesselfunktion“). Neben der physiologischen Alterung gibt es eine Reihe pathologischer Prozesse, die zu einer vorschnellen arteriellen Gefäßsteifigkeit führen: Hypertonus, Diabetes mellitus, Hyperlipidämie, Rauchen, verschiedenste Genpolymorphismen etc. Dort zeigen sich auch die Parameter der Gefäßsteifigkeit pathologisch verändert und ermöglichen auch prognostische Aussagen für kardiovaskuläre Erkrankungen bis hin zu allgemeinen Mortalität in verschiedensten Kollektiven.
Bedeutsamer Parameter der Arteriellen Gefäßsteifigkeit ist die Pulswellen-geschwindigkeit (PWV; in m/s). Diese beschreibt die Geschwindigkeit, mit der sich die Pulswelle entlang des Gefäßsystems ausbreitet. Diese Druckwelle besteht aus der initialen Welle (P1), die an Stellen mit Impedanzänderung (v.a. Übergang von elastischen Arterien zu denen vom muskulären Typ) reflektiert wird. Somit entsteht in der Druckkurve ein späterer zweiter Gipfel (P2) durch die sich überlagernde reflektierte Pulswelle. Es lassen sich in der Druckkurve folgende Augmentationsparameter bestimmen: Die Druckdifferenz zwischen P1 und P2 wird Augmentationsdruck (AP; in mmHg) genannt. Den Anteil von AP an der Blutdruckamplitude bezeichnet man als Augmentationsindex (AIx; in %).
Bekannt ist, dass sich die zentral-aortalen Blutdrücke (zentral systolischer Blutdruck CSBP; in mmHg), z.T. erheblich von den brachial gemessenen Blutdrücken (u.a. peripher systolischer Blutdruck PSBP; in mmHg) unterscheiden. Es ist jedoch der zentral-aortale Blutdruck, der z.B. die Nachlast des Herzen bestimmt. Der Begriff Pulsdruckamplifikation (PP Amp; in %) umschreibt das Verhältnis von peripheren Pulsdruck zu zentralem Pulsdruck (CPP; in mmHg).
Wir verwendeten zur nicht-invasiven Messung der Parameter der Arteriellen Gefäßsteifigkeit und zentralen Blutdrücke den Arteriograph (Tensiomed, Budapest, Ungarn). Die Messungen erfolgten oszillometrisch mittels einer Oberarm-Manschette. Aus der graphischen Auswertung der Druckkurve wurden die Parameter der arteriellen Gefäßsteifigkeit ermittelt. So wurde die PWV aus der Laufzeit der reflektierten Welle berechnet. Auch die übrigen Parameter der Augmentation (AIx, AP) und die zentral-aortalen Blutdrücke (CSBP, CPP, PP Amp) wurden graphisch bestimmt.
Die Arbeit umfasst Daten aus drei Kollektiven mit insgesamt 2.082 Probanden (68% Männer, mittleres Alter 54 Jahre). Zusätzlich wurden Daten zur kardiovaskulären Anamnese, Medikation und Tabakkonsum erhoben. Nach Ausschluss von Patienten mit bestehender kardiovaskulärer Erkrankung oder Risikofaktoren (KHK, Arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, Raucher, Hypercholesterinämie, bestehende kardiovaskuläre Medikation) gingen die Daten von 1.208 Probanden in die Ermittlung des alters- und geschlechtsspezifischen Verteilungsmusters der Gefäßsteifigkeitsparameter ein.
Zentrale Blutdrücke
Der zentrale systolische Blutdruck (CSBP) zeigte eine kontinuierliche altersabhängige Steigung, deutlicher ausgeprägt bei Frauen. Der CSBP lag in allen Altersklassen unter den jeweiligen peripheren systolischen Werten, es kam im Alter jedoch zu einer Angleichung. Ein signifikanter Geschlechtsunterschied fand sich nur in jüngeren Altersgruppen. Die Pulsdruckamplifikation (PP Amp) zeigte ebenso eine signifikante Altersabhängigkeit sowie Geschlechtsunterschiede in allen Altersgruppen.
Pulswellengeschwindigkeit
Nicht alle Ergebnisse unserer PWV-Messungen zeigten sich normalverteilt. Dies betraf v.a. Frauen ab dem 30. Lebensjahr, Männer ab dem 60. Lebensjahr sowie hohe PWV-Werte von 13-14 m/s. Zum Ausschluss dieser PWV-Werte außerhalb der Normalverteilung prüften wir verschiedene Qualitätskriterien. Wir entschieden uns für Anwendung eines Quotienten aus PWV-SD und PWV ≤ 10%. Somit verblieben für die alters- und geschlechtsspezifische Verteilung der PWV die Messwerte von 649 Personen (77% Männer). Es zeigte sich eine Assoziation mit dem Alter, bei Männer stärker (r²=0,198) als bei Frauen (r²= 0,178). Frauen wiesen in fast allen Altersgruppen höhere Messwerte auf als Männer. Vorher durch die Kriterien ausgeschlossene Probanden zeigten signifikant höhere PWV-Werte als kardiovaskulär Gesunde. In einer schrittweisen Regressionsanalyse blieben Alter, arterieller Mitteldruck, Geschlecht, Jugulum-Symphysen-Abstand sowie Gewicht als unabhängige Determinanten der PWV erhalten. Der oben erwähnte Geschlechtsunterschied stand im Kontrast zu bisherigen Veröffentlichungen, in denen aber andere Messmethoden verwendet wurden. Insgesamt war bei uns auch die Altersabhängigkeit geringer ausgeprägt als in vorherigen Publikationen. Da es bisher keine Veröffentlichung von oszillometrisch gemessenen Referenzwerten bei kardiovaskulär gesunden Erwachsenen gibt, war ein direkter Vergleich nicht möglich. Vergleiche mit anderen nicht-invasiven Messmethoden offenbarten jedoch Abweichungen gerade im höheren Alter sowie bei Frauen. Eine Erklärung ist die Schwierigkeit der graphischen Analyse, gerade dann, wenn die reflektierte Welle frühzeitig am Messort eintrifft. Mehrere Autoren äußerten zudem Bedenken, dass der Reflexionsort altersabhängig variiere. Somit sei eine Messung an nur einem Standort nicht für eine zuverlässige Messung geeignet.
Augmentationsparameter
Bei AP und aortalem AIx zeigte sich bei uns ein altersabhängiger Anstieg: Bei beiden Werten war der Verlauf bei Frauen im jüngeren Alter steiler, ab dem 50. Lebensjahr fanden sich nur noch geringfügig steigende Werte. Bei den Männern hingegen gab es eine durchgängige Steigung bis in hohe Alter. Frauen zeigten in jedem Alter bei beiden Parametern durchgehend höhere Werte. Signifikant beeinflussend waren Alter, Körpergröße, Herzfrequenz, arterieller Mitteldruck sowie das Geschlecht. Dies ist konstant zu vorigen Publikationen, lediglich der konstante Anstieg bei Männern bei uns steht im Gegensatz zu vorbeschriebenen logarithmischen Verläufen.
Risikoscores
Zur individuellen kardiovaskulären Risikoabschätzung wurden verschiedene Score-Systeme entwickelt. Durch nicht-pharmakologische und pharmakologische Maßnahmen wird insbesondere bei Patienten mit hohem Risiko versucht, die Manifestation kardiovaskulärer Erkrankungen zu verhindern.
Risikoscores (Framingham Risk Score, ESC Score, Reynolds Risk Score, Procam Risikoscore) wurden bei insgesamt 1434 Probanden (78% Männer, mittleres Alter 51 Jahre) ermittelt, bestehend aus einem breiten Spektrum von Gesunden und Kranken. Frauen wiesen in der Regel eine höhere Assoziation zu Parametern der Arteriellen Gefäßsteifigkeit auf als Männer. Bei allen Variablen der zentralen Drücke bzw. Gefäßsteifigkeitsparametern gab es signifikante Unterschiede zwischen sogenannten Hochrisiko-Gruppen und Patienten mit niedrigem Risiko. Zentrale Drücke zeigten im Vergleich zu peripheren Korrelaten eine wesentliche höhere Assoziation. Somit kamen wir zu ähnlichen Ergebnissen wie andere Arbeitsgruppen. Wir konnten dies zusätzlich für den Reynolds Risk Score und den Procam Risikoscore zeigen, zu denen bisher keine Ergebnisse publiziert sind.
Weitere Risikofaktoren
Wir untersuchten zudem die Abhängigkeit zwischen weiteren Risikofaktoren (GFR, Homozystein und hsCRP) und arterieller Gefäßsteifigkeit. Bei den Männern zeigten alle eine moderate Korrelation zu Parametern der Arteriellen Gefäßsteifigkeit. Bei Frauen war dies bei GFR und Homozystein der Fall, jedoch zeigte sich hsCRP lediglich mit CPP und CSBP signifikant assoziiert.
Fazit
Durch die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigt sich, dass auch durch oszillometrische Messungen die Parameter der Arteriellen Gefäßsteifigkeiten ermittelt werden können. Es wurden starke Assoziationen zu etablierten Risikoscores und Surrogat-Parametern nachgewiesen. Trotz in der Literatur verbliebenen Zweifel am Messprinzip scheint durch oszillometrisch gemessene Gefäßsteifigkeitsparameter ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko feststellbar. Es zeigten sich jedoch Grenzen der graphischen Auswertung, eine qualitative Überprüfung ist daher bei allen Messungen unerlässlich. / Cardiovascular (CV) diseases remain to be the most common cause of death in Germany. There are known modifiable and non-modifiable risk factors. Long term presence of these risk factors lead to a stiffening of the elastic vessels.
Arterial stiffness refers to structural and functional characteristics of the arterial system. Besides physiological ageing there are a number of pathologic processes that lead to a premature stiffening of the arterial system. Parameters of Pulse Wave Analysis (PWA) become pathologically alterd and thus imply prognostic significance in cardiovascular diseases and even all cause mortality.
Besides Pulse Wave Velocity (PWV) there are several other established PWA parameters: Augmentation Pressure (AP), Augmentation Index (AIx). Additionally it should been noted that central blood pressure (e.g. central systolic blood pressure, CSBP) can significantly differ from brachial blood pressure.
We used the noninvasive system of the Arteriograph (Tensiomed, Hungary) to measure the parameters of arterial stiffnes. Waveforms were recorded oscillometrically with an upper arm cuff. Graphic analysis determined the parameters of Pulse Wave Analysis and central pressure. We measurend in total 2082 subjects (68% men, median age 54 years). The values of 1208 healthy subjects were included in the distribution age and gernder specific distribution patterns.
To determine the significance of oscillometrically measured PWA parameters in cardiovascular risk stratification we calculated established CV Risk factors (Framingham Risk Score, ESC Score, Reynolds Risk Score, Procam risk score) in 1434 subjects (74% men, mean age 51 years) in healthy and non-healthy persons. The vast majority of associations between risk scores and paramters of pulse wave analysis were highly significant.
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