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Perioperative Prozessanalyse bei Patienten mit Frakturen der HalswirbelsäuleNiese-Anke, Mary 10 July 2020 (has links)
In deutschen Krankenhäusern rückte in den letzten Jahren eine effiziente und wirtschaftliche Leistungserbringung zunehmend in den Vordergrund. Gerade vor dem demographischen Hintergrund einer alternden Bevölkerung werden weitere Veränderungen und Optimierungen notwendig sein, wobei Untersuchungen perioperativer Prozesszeiten als ein Analyseinstrument zur Verfügung stehen.
Ziel dieser Arbeit war die Erstellung einer Prozessanalyse der operativen Therapie bei älteren Patienten mit Halswirbelsäulenfrakturen, typischen Altersverletzungen, am Universitätsklinikum Leipzig.
Das untersuchte Kollektiv wies einen Altersmittelwert von 67 Jahren mit einem deutlich größeren Anteil männlicher Patienten (61,2\%) auf. Männer erlitten vor allem bis zum Alter von 79 Jahren (81,2\%) HWS-Frakturen. Hingegen fand sich dieses Verletzungsmuster bei Frauen in reichlich der Hälfte aller Fälle (51,6\%) im höheren Alter (ab 80 Jahren). Frakturen des Dens axis traten mit 65,2\% sehr häufig und zunehmend in höherem Lebensalter auf.
Für die operative Versorgung von Halswirbelsäulen-Frakturen stehen verschiedene Zugangswege zur Verfügung. In der Untersuchungsgruppe kam das ventrale Verfahren mit 76,1\% (Anzahl 251) deutlich häufiger als der dorsale Zugang mit 23,9\% (79) zum Einsatz.
Die ermittelten anästhesiologischen Kennzahlen von HWS-Operationen zeigten im Vergleich zu anderen Arbeiten höhere Werte. Der Anteil Anästhesie-kontrollierter Zeit an der Gesamtzeit (Präsenz-Zeit Anästhesiologie-Arzt) betrug 30,1\%.
Die Anästhesie-Einleitungsdauer stieg mit zunehmendem Patientenalter an (von Gruppe 1 zu 2 - Zunahme von 5 Minuten (p = 0,029), von Gruppe 1 zu 3 - Zunahme von 7 Minuten (p < 0,01)). Durch mögliche Multimorbidität stellt die anästhesiologische Versorgung älterer Menschen eine besondere Herausforderung dar und längere Vorbereitungszeiten für eine ausgedehnte kardiovaskuläre Überwachung bei älteren Operierten könnten die ermittelten zunehmenden Prozesszeiten bedingt haben.
Mit steigendem Lebensalter ergab sich für die Schnitt-Naht-Zeit dagegen ein kontinuierlicher Abfall (von Gruppe 1 zu 2 um durchschnittlich 24 Minuten (p = 0,019), von Gruppe 1 zu 3 um 49 Minuten (p < 0,001))). Diese Verkürzung wurde von einem höheren Anteil von Frakturen des Dens axis begleitet (Dens axis-Fraktur: Gruppe 1: 36,3\%, Gruppe 2: 63,4\%, Gruppe 3: 95,2\%, p < 0,01), welche hauptsächlich in Rückenlage mit entsprechend kürzeren OP-Zeiten versorgt wurden. Mit steigendem Alter der Operierten war ein größerer Zeitanteil der Anästhesieeinleitung in Relation zur Operationszeit zu verzeichnen (Verhältnis Einleitungsdauer/Schnitt-Naht-Zeit von Gruppe 1 bis 3: 16\%, 24\%, 34\%).
Die Betrachtung der perioperativen Prozesszeiten erfolgte zudem in Abhängigkeit von Patientenalter und operativem Zugangsweg. Das ventrale Verfahren ging mit Zunahme des Patientenalters mit einer längeren Anästhesie-Einleitungsdauer einher (Vergleich von Gruppe 1 und 2 - 4 Minuten (n.s.), Gruppe 1 und 3 - 8 Minuten (p < 0,01)). Die Schnitt-Naht-Zeit des ventralen Verfahrens sank mit steigendem Alter (Gruppe 1 und 2: p < 0,01; Gruppe 1 und 3: p < 0,01). Für den dorsalen Zugangsweg hingegen konnte keine signifikante altersabhängige Änderung dieser Zeit dargestellt werden. Die Gegenüberstellung der beiden OP-Verfahren innerhalb der drei Gruppen ergab für die Schnitt-Naht-Zeiten in Bauchlage für alle Altersklassen verlängerte Zeiten (Gruppe 1: 34 min, p < 0,05; Gruppe 2: 100 min, p < 0,01, Gruppe 3: 104 min, p < 0,01). Zudem führte die Maßnahme, einen Patienten für den dorsalen Zugang in Bauchlage zu bringen, zu verlängerten Prozesszeiten. Dies dauerte in Altergruppe 3 bei über 80-Jährigen 10 Minuten mehr (p < 0,01).
Zusammenfassend ließ sich somit aus der vorliegenden Arbeit schließen, dass dorsale Zugangswege zur Halswirbelsäule verlängerte Anästhesie- und Chirurgie-kontrollierte Zeiten im Vergleich zu ventralen Zugängen bedeuteten und sich damit als deutlich aufwendigeres Verfahren darstellten.
Für ventrale Zugänge wurden die altersbedingt verlängerten Anästhesie-kontrollierten Zeiten durch kürzere Schnitt-Naht-Zeiten mehr als kompensiert, was letztlich eine Folge des veränderten Verletzungsmusters bei zunehmendem Patientenalter war.
Dorsale Eingriffe im Bereich der Halswirbelsäule stellen somit durch einen insgesamt höheren Aufwand eine besondere Herausforderung dar, sind jedoch für ausgewählte Indikationen notwendig.
Durch verlängerte anästhesiologische Prozesszeiten mit zunehmendem Alter bei ventralen Verfahren könnten höhere Kosten (z.B. Personalkosten in der Anästhesie) entstehen. Beachtenswert wäre dieser Aspekt vor allem in Bezug auf den demografischen Wandel und einen möglicherweise damit einhergehenden Anstieg dieser OP-Verfahren. Ansatzpunkte für Optimierungen und zur Effizienzsteigerung könnten aus anästhesiologischer Sicht in diesem Bereich liegen, was eine genauere Analyse einzelner Prozesse bedürfen würde.
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