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Der Comic als semiotisch komplexer Text: Spezifische Probleme seiner Übersetzung. Eine Untersuchung anhand der französischen Comic-Serie \"Astérix\" und ihrer deutschen Übersetzungen

Dass Comics nicht nur Unterhaltungswert besitzen, sondern durchaus auch von wissenschaftlich-theoretischem Interesse sind, beweisen zahlreiche Arbeiten mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten. Neben den Beiträgen, die auf einer allgemeineren Ebene einen Überblick über die Geschichte, die verschiedenen Publikations- und Herstellungsformen, die einzelnen Bestandteile, die Funktionsweise und die stilistischen und thematischen Varianten des Comics vermitteln (z.B. Fuchs/Reitberger, 1971 und 1978, Havas/Habarta, 1992 und 1993 und McCloud, 1995), gibt es auch Untersuchungen, die sich speziell mit einzelnen Aspekten der Textsorte beschäftigen. Dazu gehören bspw. semiotische Ansätze wie die von Krafft (1978) und Fresnault-Deruelle (1972), die erziehungswissenschaftlich orientierte Auseinandersetzung mit dem Gegenstand (z.B. Grünewald, 1991 und 2000) und die Arbeiten aus Literaturwissenschaft (z.B. Stoll, 1974) und Sprachwissenschaft (z.B. Rothe, 1974 und Krieger, 2003).
Auch die Translatologie hat sich mit dem Thema Comic auseinandergesetzt. Eine Übersicht über generelle Probleme bei der Übersetzung dieser Textsorte bietet Schmitt (1997a). Einen ähnlich allgemeinen Anspruch haben die Arbeiten von Spillner (1980) und Schwarz (1989). Mit Sprachspielen als Teilaspekt der Comic-Übersetzung am Beispiel der französischen „Astérix“-Serie haben sich Grassegger (1985) und Schmitt (1997) beschäftigt.
Praktische Relevanz bekommen derartige Untersuchungen durch die Situation auf dem deutschen Comic-Markt, der bis heute von ausländischen Lizenzausgaben beherrscht wird (vgl. Grünewald, 2000:2 und Schmitt, 1999:266). Der größte Anteil liegt dabei auf Übersetzungen aus dem Französischen (vgl. Schmitt, 1999:267) und inzwischen, bedingt durch den „Manga-Boom“ (vgl. DER SPIEGEL 10/2001), auch aus dem Japanischen. Von grundlegendem theoretischen Interesse ist die translatologische Auseinandersetzung mit dem Phänomen Comic deshalb, weil sie im Zusammenhang mit der charakteristischen Wort-Bild-Einheit dieser Textsorte die generelle Frage danach berührt, welche konstitutiven Merkmale einen Text als solchen kennzeichnen und inwieweit auch nonverbale Elemente im Übersetzungsprozess Berücksichtigung finden müssen (vgl. dazu auch Schmitt, 1997a:619).
Mit der vorliegenden Arbeit soll eine weitere Annäherung an die semiotisch komplexe Textsorte Comic aus translatorischer Perspektive erfolgen. Da zum Comic aus allgemein künstlerisch-ästhetischer Sicht bereits zahlreiche Arbeiten vorliegen und das Thema, wie oben festgestellt, auch schon Gegenstand übersetzungswissenschaftlicher Beiträge war, wird hier der Analyse konkreter Fallbeispiele aus der Serie „Astérix“ von René Goscinny und Albert Uderzo und der jeweiligen deutschen Übersetzungslösungen besonderes Gewicht verliehen. Einzelne „Astérix“-Bände wurden in der Sekundärliteratur bislang hauptsächlich im Hinblick auf die Problematik der Sprachspiele untersucht (s. oben), während die für das Comic-Übersetzen ebenfalls relevanten typografischen und grafischen Besonderheiten und expliziten Bezüge auf die Ausgangskultur kaum Erwähnung fanden.
Nach einer allgemeinen Einführung in das Thema, in der das grafisch-literarische Phänomen Comic definitorisch eingegrenzt und seine Entwicklungsgeschichte, die verschiedenen inhaltlichen und formalen Varianten sowie die herstellungstechnischen Abläufe grob umrissen werden sollen (Abschnitt 2), geht es im Abschnitt 3 der Arbeit um eine übersetzungswissenschaftlich ausgerichtete Betrachtung der charakteristischen Merkmale und typischen Bestandteile der Textsorte Comic. Dabei wird zunächst der Versuch unternommen, zu einer dem Gegenstand angemessenen Textdefinition zu gelangen und die damit eng verbundene Frage nach dem Texttyp zu beantworten (3.1). Unter 3.2 sollen die wesentlichen Konstituenten von Comic-Texten sowie die besonderen Bedingungen ihres Zusammenspiels herausgearbeitet und die sich daraus ergebenden translatorischen Herausforderungen besprochen werden. Die so gewonnenen theoretischen Einsichten werden dann im 4. Abschnitt anhand konkreter Beispiele aus einer umfangreichen Auswahl von „Astérix“-Bänden und ihren Übertragungen ins Deutsche auf ihre praktische Relevanz hin überprüft. Die Serie eignet sich für derartige Untersuchungen in besonderem Maße, weil sie erstens einen großen Umfang aufweist (bisher sind 31 Bände erschienen), zweitens einen hohen Bekanntheitsgrad genießt und deshalb leicht zugänglich ist und drittens im Hinblick auf die mit der Textsorte Comic verbundenen Übersetzungsprobleme insbesondere aufgrund ihrer engen kulturellen Einbettung sowie der bemerkenswerten Quantität und Qualität der enthaltenen Sprachspiele ausgesprochen ergiebig ist. Dass „Astérix“ unter den Comics eine herausragende Stellung einnimmt und deshalb immer wieder Gegenstand theoretischer Betrachtungen ist, bemerken auch Havas/Habarta (1993): „Asterix künstlerisch gesehen, Asterix historisch gesehen, Asterix als Parodie der Geschichte, Asterix als Kinderlektüre auf der einen Seite, Asterix als Erwachsenenlektüre durch versteckte Hinweise und Anspielungen auf der anderen, Asterix in Latein, Asterix in Esperanto, (...) lebende Persönlichkeiten als Nebenfiguren in Asterix und so weiter, und so fort – kaum ein anderer Comic hat so viele interessante Aspekte aufzuweisen, über die zu berichten es sich lohnen würde.“ (ebd., S. 156/158).
Nach einer Vorstellung der Serie sowie ihrer deutschen Übersetzungen (4.1) und einer formalen und inhaltlichen Einordnung in die Textsorte Comic mit Blick auf die anzuwendende Übersetzungsmethode (4.2) werden unter 4.3 spezielle translatorische Probleme, nach thematischen Feldern geordnet, in drei verschiedenen Abschnitten behandelt: Umgang mit typografischen und grafischen Besonderheiten (4.3.1), Kulturspezifik (4.3.2) und Sprachspiele (4.3.3). Neben der Analyse von Belegstellen für Anspielungen und intertextuelle Bezüge im Ausgangstext und den entsprechenden Zieltextlösungen geht es unter der Überschrift „Kulturspezifik“ auch um den Vergleich der Arbeiten von drei verschiedenen „Astérix“-Übersetzern, die in ihrer grundsätzlichen Herangehensweise starke Unterschiede aufweisen (4.3.2.2. und 4.3.2.3).
Eine Zusammenfassung der Ergebnisse erfolgt im Abschnitt 5.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:15-qucosa-124276
Date18 October 2013
CreatorsRohrlack, Henrike
ContributorsUniversität Leipzig, Philologische Fakultät, Dr. phil. Harald Scheel, Dr. phil. Harald Scheel, Universitätsprofessor Gerd Wotjak
PublisherUniversitätsbibliothek Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
Languagedeu
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:masterThesis
Formatapplication/pdf

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