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Zentralnervale Mechanismen von Bewegung und Training: Lokalisation, Modulation und Implikationen

In den letzten Jahren häufen sich Befunde zur positiven Wirkung von körperlicher Aktivität auf kognitive Leistungen und Lernprozesse. Bisher weitestgehend unverstanden sind jedoch die zugrunde liegenden Wirkmechanismen, die unzweifelhaft in der komplexen Struktur und Funktion des Gehirns verborgen liegen. Die Anpassungsfähigkeit der Gehirnstruktur und –funktion, auch als Neuroplastizität bezeichnet, bietet hierbei eine konzeptionelle Grundlage, um die kurz- und langfristigen Auswirkungen von Bewegung auf das Gehirn und deren Leistungen zu untersuchen. In der vorliegenden Habilitation wurde der Versuch unternommen, grundlegende Befunde zur trainingsinduzierten Neuroplastizität in einem translationalen Ansatz systematisch in die Sportpraxis zu überführen. Die Eckpfeiler dieses translationalen Ansatzes bilden die Lokalisation von trainingsinduzierter Neuroplastizität, die Modulation von Neuroplastizität und Lernen sowie deren Implikationen für die Praxis des Leistungssports. Unter Verwendung der Magnetresonanztomografie (MRT) wurden zunächst dynamische Anpassungen in der motorischen Hirnrinde durch das Erlernen einer komplexen Gleichgewichtsaufgabe (Stabilometer) lokalisiert. Weitere Analysen erbrachten, dass diese Anpassungen offensichtlich nicht durch die reine Nutzung der bewegungsausführenden Muskelgruppen zustande kamen, sondern vielmehr durch das Erlernen eines neuen Koordinationsmusters. Dies unterstreicht die außerordentlich dynamischen Eigenschaften des motorischen Systems und bietet Angriffspunkte für eine Steigerung des motorischen Lernens durch neuromodulatorisch wirksame Ausdauerprogramme. Eine empirische Untersuchung bestätigte diese Annahme und zeigt eine langfristige Verbesserung der Stabilometerleistung durch ein zweiwöchiges Ausdauertraining nach. Insbesondere erwiesen sich hochintensive im Vergleich zu moderaten Belastungen als vorteilhaft für die Leistungsentwicklung über eine 6-wöchige Lernphase. Diese Ergebnisse unterstützen damit indirekt die aktuell vielfach diskutierte Annahme von Laktat als Einflussfaktor auf die Neuroplastizität. Sollten sich diese intensitätsspezifischen Effekte in zukünftigen Studien bestätigen lassen, ergibt sich die Notwendigkeit einer optimierten Belastungssteuerung in den vielfältigen Anwendungsfeldern von Sport und Bewegung. Geringere Steigerungsraten fanden sich hingegen im Training der technisch-kompositorischen Sportarten (Wasserspringen und Turnen), was sich u.a. mit den methodischen Schwierigkeiten der Feldforschung begründen lässt. Es wurde zudem ein MRT-Analyseansatz entwickelt, der erstmals Besonderheiten in der Gehirnstruktur einzelner Athleten objektiviert. Diese Arbeiten sollen exemplarisch die integrative Funktion neurowissenschaftlicher Forschung im Spannungsfeld von Sportwissenschaft und –praxis andeuten.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:16054
Date15 August 2017
CreatorsTaubert, Marco
ContributorsRagert, Patrick, Voelcker-Rehage, Claudia, Ragert, Patrick, Taube, Wolfgang, Universität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/acceptedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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