Die Psychoneuroimmunologie beschäftigt sich unter anderem mit der Frage, ob und unter welchen Bedingungen psychosozialer Stress krank macht. Humanstudien, die dieser Frage nachgehen, können dabei meist nur korrelative Zusammenhänge aufdecken. Um trotzdem Aussagen zu Mechanismen, Ursache-Wirkungsbeziehungen und klinische Relevanz treffen zu können, muss z.B. auf Befunde aus der Tierforschung oder aus in vitro-Studien zurückgegriffen werden. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, eine Methode zu finden, welche eine breitere Interpretationsgrundlage für korrelative Befunde aus Humanstudien liefert. Als besonders viel versprechend kann die Untersuchung von Patienten mit Morbus Addison angesehen werden. Patienten mit dieser Erkrankung können aufgrund zerstörter Nebennierenrinden kein Cortisol produzieren. Dieses Fehlen von Cortisol wird medikamentös ausgeglichen. Da bislang keine experimentellen Daten zu den aus der Substitutionstherapie resultierenden freien Cortisolkonzentrationen sowie den endokrinologischen Reaktionen auf Stress vorliegen, wurden in einem ersten Schritt diese beiden Fragestellungen bearbeitet. Anschließend wurde die Methode auf immunologische Fragestellungen angewandt. Die Ergebnisse der durchgeführten Studien zeigen zum einen, dass die medikamentöse Morbus Addison-Therapie in der momentanen Form nicht geeignet ist, den bei Gesunden zu beobachtenden zirkadianen Cortisolrhythmus optimal nachzustellen. Des weiteren bestätigte sich, dass psychosozialer Stress bei Patienten mit Morbus Addison lediglich eine Noradrenalinantwort auslöst, stress-induzierte Anstiege in Cortisol und Adrenalin jedoch ausbleiben. Eine Injektion von 0.03mg/kg Hydrocortison nach einem akuten Stresstest zeigte sich als geeignet, normale stressinduzierte Cortisolanstiege und Maximalwerte nachzustellen. In den untersuchten Immunparametern unterschieden sich gesunde Probanden und Patienten mit Morbus Addison vor Stressinduktion nicht. Stress-bedingte Veränderungen in peripheren Lymphozytenzahlen lassen sich dahingehend interpretieren, dass bei Patienten zwar akut eine Einwanderung von Lymphozyten aus dem Gewebe in das Blut stattfindet, aber Cortisol mitverantwortlich ist für die anschließende Redistribution. Bleibt eine Cortisolstressantwort aus, deutet dieser Befund auf ein erhöhtes Infektionsrisiko hin. Die Verläufe zur stimulierten Produktion des Entzündungsmediators Interleukin-6 stehen im Einklang mit der Hypothese, dass stress-induzierte Cortisolkonzentrationen vor einer überschießenden Entzündungsreaktion schützen. Des weiteren lässt sich bei gesunden Probanden das Absinken der NF-?B-Aktivität nach Stress durch Cortisolwerte direkt nach Stress, bei Morbus Addison-Patienten hingegen durch Veränderungen im Noradrenalin vorhersagen. Das vorliegende Dissertationsprojekt konnte zeigen, dass die Untersuchung von Patienten mit Morbus Addison ein Erfolg versprechender Ansatz ist, um die Gültigkeit von psychoneuroimmunologischen in vitro- und Tierbefunden im intakten menschlichen Organismus zu überprüfen. Die vorliegenden Daten deuten zudem auf eine erstaunliche Anpassungsfähigkeit des Immunsystems hin, was die Notwendigkeit deutlich macht, komplexe psychoneuroimmunologische Prozesse auch im Humanbereich unter Anwendung der Kriterien Hormonsubtraktion und -substitution zu untersuchen. Die Untersuchung von Morbus Addison-Patienten wird in zukünftigen Studien sicherlich entscheidende Hinweise zur klinischen Relevanz einer normalen endokrinen Stressantwort liefern können. / The field of psychoneuroimmunology is among other things dedicated to the question, whether and on what terms psychosocial stress results in disease. Human studies investigating this question often only reveal associations. Consequences regarding mechanisms, causes, and clinical relevance, are thus usually deduced from animal or in vitro studies. The aim of the present thesis was to find an approach, which provides a broader basis for interpretations of correlative findings from human studies. The investigation of patients with Addison´s disease was regarded as the most promising approach. Due to destroyed adrenal glands, these patients are not able to produce cortisol, which therefore has to be substituted. Since no experimental data regarding free cortisol levels resulting from substitution therapy as well as endocrine stress responses are available, in a first step these two question formulations were investigated. Subsequently, this approach was used to investigate two immunological question formulations. The present studies found patients with Addison´s disease to be over-treated. Psychosocial stress resulted in noradrenaline but not in cortisol or adrenaline responses. An injection of 0.03mg/kg hydrocortisone after stress was suitable to induce increases in cortisol levels and cortisol maximums comparable to healthy subjects. Healthy subjects and patients with Addison´s disease did not differ in any baseline immune measures. Stress-induced changes in lymphocyte numbers suggest cortisol being necessary for lymphocyte redistribution subsequent to stress-induced migration into peripheral blood. Without stress-induced cortisol increases, patients are at higher risk for infectious diseases. The trajectories of stimulated interleukin-6 production support the hypothesis of stress-induced cortisol levels protecting the organism against an over-reacting inflammatory immune reaction. Furthermore, in healthy subjects post-stress cortisol levels predicted stress-induced decreases in NF-´B activity, whereas in patients with Addison´s disease noradrenaline predicted such changes. The results of the present thesis supports the assumption of Addison´s disease being a promising approach to test the validity of psychoneuroimmunological in vitro and animal data in human whole organism. Additionally, the present data emphasize the astonishing adaptability of the immune system. This further emphasizes the necessity to investigate psychoneuroimmunological processes utilizing the criteria of hormone subtraction and hormone substitution also in human research. In future studies investigation of patients with Addison´s diseases will certainly provide crucial evidence regarding the clinical relevance of a normal endocrine stress response.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:24679 |
Date | 06 March 2006 |
Creators | Wolf, Jutta Manuela |
Contributors | Kirschbaum, C., Wolf, O. T., Bornstein, S. |
Publisher | Technische Universität Dresden |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | English |
Detected Language | English |
Type | doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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