Die Aktivitäten der Galerien für Gegenwartskunst und Werkstätten des Staatlichen Kunsthandels der DDR zwischen seiner Gründung 1974 und der Auflösung bzw. kurzzeitigen Übernahme durch die Art Union GmbH im Jahr 1990 stehen im Mittelpunkt der Dissertation. Die Gründung des Unternehmens, das nach außen mit der Wortmarke „Staatlicher Kunsthandel der DDR' landesweit kommuniziert wurde und intern als „VEH Kunst und Antiquitäten' firmierte, lässt sich auf zwei Hauptmotivationen zurückführen. Einerseits stellte dieser staatlich initiierte Betrieb die von dem Maler Bernhard Heisig 19721 eingeforderte Verwirklichung der von Erich Honecker 1971 propagierten Losung „Weite und Vielfalt' dar, andererseits richtete sich der DDR-Staat mit dem Staatlichen Kunsthandel ein Instrumentarium für die Beschaffung von Geldmitteln und sogenannten Devisen' ein, denn die Kunst und das Kunsthandwerk aus der DDR waren sowohl bei der Bevölkerung als auch international sowie im westlichen Ausland begehrt und stellten sich im Laufe des Bestehens dieses Betriebes als kommerziell erfolgreiches Handelsgut heraus.
Als einflussreicher Stellvertreter der Künstlerschaft in der DDR verlangte Heisig vehement die Schaffung einer Einrichtung, die es einem breiten Spektrum der in der DDR arbeitenden und im Verband Bildender Künstler (VBK) organisierten Künstler ermöglichte, Präsentationen und Verkäufe von Gegenwartskunstkunst und Kunsthandwerk sowohl im Binnenmarkt als auch im westlichen Ausland zu organisieren.
Die Dissertation untersucht auf der Grundlage von originalen Quellen die These, dass der Staatliche Kunsthandel in Kenntnis der Bedürfnisse einer privaten kunstinteressierten Käuferschaft handelte, vornehmlich wirtschaftliche Ziele zu erfüllen versuchte und dass eine
(kultur-)politische oder ideologische Einflussnahme auf Ausstellungsprogramme oder gar künstlerische Positionen zugunsten der Erreichung dieser wirtschaftlichen Ziele nicht nachzuweisen sind - bis auf wenige, in der Dissertation beschriebene Ausnahmen, wie beispielsweise die Galerie Arkade in Berlin und ihrem Leiter Klaus Werner sowie der Galerie am Sachsenplatz in Leipzig mit den Galeristen Gisela und Hans-Peter Schulz.
und mit den Funktionsweisen von Galerien mit Gegenwartskunst im westlichen Ausland Parallelen aufweisen, wie das beispielhaft in der Arbeit des Galeristen Hans-Peter Schulz und einer Ausstellungsserie mit Künstlern des Staatlichen Bauhauses dargestellt wird. Allein aus diesem Grund ist die hohe Diversität der im Staatlichen Kunsthandel ausgestellten und gehandelten Kunst und Kunsthandwerk und die vielen Beteiligungen von Künstlern zu begründen, die fernab jeder staatlichen Beauftragung oder kulturideologischer Sendung arbeiteten und produzierten. Auf der Basis einer Auswertung von zeitgenössischen Originalquellen wie Ausstellungskatalogen, internen Veröffentlichungen des Betriebes, Pressestimmen, Korrespondenzen, Editionsprogrammen und überliefertem Quellenmaterial des Staatlichen Kunsthandels aus öffentlichen wie privaten Archiven sowie die Einbeziehung von Zeitzeugenaussagen wird in der Dissertation die Struktur des Staatlichen Kunsthandels, seiner Konzepte und Aktionen rekonstruiert. Dabei wurde versucht, konkrete Fragen im zeitspezifischen kulturellen und politischen Kontext in der DDR zu beantworten: 1.) Welchen ideologischen und kommerziellen Vorgaben unterlagen die Galerien? 2.) Welche Ausstellungen erfüllten diese Vorgaben und welche vernachlässigten diese bzw. ignorierten bewusst jegliche kulturpolitische Einmischung? 3.) Welche Künstler, Stile, Gattungen konnten sich in den Galerien für Gegenwartskunst behaupten? 4.) Welche Freiräume oder Einschränkungen hatten die Galerieleiterinnen und -leiter bei der Auswahl der Künstler? 5.) Konnte der Staatliche Kunsthandel erfolgreich arbeiten, trotz oder wegen seiner Anbindung an das Ministerium für Kultur und den Verband Bildender Künstler? 6.) Welche Rolle spielte das Ministerium für Außenhandel und die Kunst und Antiquitäten GmbH beim Exportgeschäft in das westliche Ausland und konnte der Staatliche Kunsthandel auch international wirtschaftlich erfolgreich arbeiten? Das letzte Kapitel der Dissertation schließt mit dem Versuch, die aus den Quellen herausgearbeitete Rekonstruktion der Aktivitäten des Staatlichen Kunsthandels mit dem „westlichen Leitbild' der Distribution von Gegenwartskunst durch Galerien zu vergleichen und die Frage zu beantworten, ob es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Staatliches Kunsthandels gelungen war, einen sozialistischen Kunsthandel nach kapitalistischem Vorbild umzusetzen und damit einen Kunstmarkt in der DDR zu etablieren.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:38875 |
Date | 27 March 2020 |
Creators | Tauscher, Sabine |
Contributors | Müller, Jürgen, Klein, Bruno, Technische Universität Dresden |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | German |
Detected Language | German |
Type | info:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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