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Auswirkung von Glutamat und Dopamin auf den Energiestoffwechsel in Astrozyten: Untersuchung mittels genetisch kodierter fluoreszenter Sensoren für ATP

Astrozyten spielen eine essentielle Rolle für den reibungslosen Ablauf der Hirnfunktionen indem sie u.a. Neurone in Abhängigkeit von der synaptischen Aktivität mit Energie in Form von Laktat versorgen. An der Kopplung dieser Prozesse scheinen die Aufnahme von Glutamat, einhergehend mit einer Aktivierung der Na+/K+-ATPase und dem Verbrauch von ATP, beteiligt zu sein (Magistretti und Chatton 2005). Ziel der vorliegenden Arbeit ist die direkte Überprüfung des ATP-Gehalts in einzelnen Astrozyten während der Stimulation mit den Neurotransmittern Glutamat und Dopamin.
Hierfür wurden als Modellsystem Astroglia-reiche Primärkulturen (APK) aus dem Cortex neugeborener Mäuse angelegt. Immunhistochemische Färbungen mit dem astrozytären Marker GFAP zeigten, dass es sich bei ca. 98 % der Zellen der APKs um Astrozyten handelte. Mit Hilfe des genetisch kodierten FRET-basierten ATP-Sensors „ATeam“ (Imamura et al. 2009) wurde der relative ATP-Gehalt im Zytosol einzelner Zellen über einen vorgegebenen Zeitraum bei gleichzeitiger Perfusion mit den entsprechenden Lösungen gemessen.
Zur Überprüfung der Funktionalität des Sensors im neu etablierten Versuchsaufbau wurden Iodazetat und Natriumazid eingesetzt, welche die Glykolyse bzw. Atmungskette hemmen und dadurch zu einer ATP-Depletion in den Zellen führen. Der gemessene relative ATP-Gehalt zeigte wie erwartet einen starken Abfall. Als Negativkontrolle wurde der Versuch mit einer ATP-bindungsdefiziente Mutante des ATeam-Sensors wiederholt, wobei das erhaltene Signal nahezu konstant blieb. Dieses Ergebnis spricht für ein ATP-spezifisches Signal, welches keinen relevanten Änderungen durch Expressionsgrad oder pH unterliegt.
Glutamat fungiert an ca. 80 % der Synapsen des Gehirns als Neurotransmitter und wird über die Na+-abhängigen Transporter GLT-1 und GLAST von Astrozyten wiederaufgenommen, um die Signalübertragung zu beenden und Exzitotoxizität zu verhindern. Da der Na+-Gradient durch die Na+/K+-ATPase wiederhergestellt werden muss, ist dieser Schritt energieaufwändig. Außerdem signalisiert die Glutamatfreisetzung einen erhöhten Energiebedarf der Neurone, auf welchen Astrozyten reagieren müssen. Die hier durchgeführten Experimente in Astrozyten zeigen unter 1 µM Glutamat bereits einen leichten ATP-Abfall, welcher unter 100 µM Glutamat stark zunimmt und in eine Plateauphase übergeht. Dieser ATP-Abfall ist sehr wahrscheinlich transportervermittelt, da unter dem Transporteragonisten D-Aspartat ein ähnlicher sowie bei Blockade der Transporter mit TBOA ein verringerter ATP-Abfall auftraten. Die Beteiligung der Glutamatrezeptoren erscheint auf Grund der Untersuchungen mit dem selektiven Rezeptoragonisten AMPA, welche keine signifikanten Veränderungen des ATP-Gehalts zeigten, unwahrscheinlich. Weiterhin zeigte die Stimulation mit Glutamat bei Blockade der Na+/K+-ATPase mit Ouabain einen eingeschränkten ATP-Abfall.
Die Beobachtungen lassen sich sehr gut mit vorhergehenden Studien vereinbaren, welche ebenfalls bei Stimulation mit Glutamat einen am ehesten durch die Na+/K+-ATPase bedingten ATP-Abfall in Astrozyten postulierten (Magistretti und Chatton 2005). Die gesteigerte Aktivität der Na+/K+-ATPase scheint sowohl durch den begleitenden Na+-Einstrom als auch durch direkte Interaktionen mit den Glutamattransportern bedingt zu sein (Chatton et al. 2000; Bauer et al. 2012; Robinson und Jackson 2016). Des Weiteren ist bekannt, dass Glutamat in Astrozyten u.a. zu einer Steigerung der Glukoseaufnahme, Glykolyse und Laktatausschüttung führt (Pellerin und Magistretti 1994). Dieser Mechanismus gewährleistet die aktivitätsabhängige Bereitstellung von Energie in Form von Laktat und wird als Astrozyten-Neuronen-Laktatshuttle bezeichnet. Neben der erhöhten intrazellulären Na+-Konzentration sowie Interaktionen zwischen Glutamattransportern, Na+/K+-ATPase und Enzymen des Glykolysestoffwechsels ist es wahrscheinlich, dass der beobachtete ATP-Abfall unter Glutamat ein weiteres intrazelluläres Signal zur Kopplung dieser Prozesse darstellt.
Die Untersuchungen wurden ebenfalls mit dem Neurotransmitter Dopamin durchgeführt, wobei jedoch keine messbaren ATP-Veränderungen auftraten.
Zusammenfassend wurde erfolgreich ein ATP-Monitoring in Astrozyten in Echtzeit durchgeführt, welches die mit der Glutamataufnahme verbundene energetische Herausforderung anhand des ATP-Abfalls bestätigen und veranschaulichen konnte. Die Ergebnisse sind gut mit bisherigen Studien vereinbar, jedoch werden Untersuchungen in situ und in vivo notwendig sein, um die Vorgänge unter Einbeziehung der zahlreichen Zellkontakte sowie physiologischen und morphologischen Besonderheiten zu untersuchen. Hierfür bietet der genetisch kodierte Sensor ATeam eine geeignete Grundlage.:Inhaltsverzeichnis II
Abkürzungsverzeichnis IV
1 Einleitung 1
1.1 Zellen des zentralen Nervensystems 1
1.1.1 Neurone 1
1.1.2 Gliazellen 2
1.2 Astrozyten 3
1.2.1 Entwicklung und Morphologie 4
1.2.2 Allgemeine Eigenschaften und Funktionen 5
1.2.3 Gliale und neuronale Kommunikation 6
1.2.4 Transmitteraufnahme 8
1.2.5 Nährfunktion und Metabolismus 11
1.2.6 Pathologische Prozesse 12
1.3 Zellkulturen als Modell 13
1.4 Neurotransmitter 14
1.5 FRET-Sensoren 15
1.5.1 ATeam: Ein FRET-basierter Sensor für ATP 18
2 Ziele 21
3 Material und Methoden 22
3.1 Material 22
3.1.1 Lösungen und Medien 22
3.1.2 Plasmide und Reagenzien für Transfektion und Midi 25
3.1.3 Antikörper und Lösungen für die Immunfärbung 25
3.1.4 Geräte 26
3.2 Methoden 26
3.2.1 Zellkulturen 26
3.2.2 Midi-Präparation von Plasmiden 27
3.2.3 Transfektion 28
3.2.4 Immunfärbung 28
3.2.5 Fluoreszensmikroskopie 28
3.2.6 Ablauf der Experimente 30
3.2.7 Auswertung 31
4 Ergebnisse 34
4.1 Etablierung des experimentellen Systems 34
4.1.1 Nachweis der Transfektion von Astrozyten mit Hilfe immunhistochemischer Färbungen 34
4.1.2 Überprüfung der Funktionalität des Sensors ATeam 35
4.2 ATP-Dynamik bei Stimulation mit Neurotransmittern 39
4.2.1 Wirkung der Neurotransmitter Glutamat und Dopamin 40
4.2.2 Beteiligung der Rezeptoren 43
4.2.3 Beteiligung der Glutamattransporter 44
4.2.4 Die Rolle der Na+/K+-ATPase 47
5 Diskussion 49
5.1 Etablierung der ATP-Messung mit ATeam in kultivierten Astrozyten 49
5.2 Stimulation mit Glutamat und Einordnung der Effekte in die Physiologie des Gehirns 53
5.3 Stimulation mit Dopamin 58
5.4 Einschränkungen des Systems und Ausblick 58
6 Zusammenfassung 60
7 Literaturverzeichnis 63
8 Erklärung über die eigenständige Abfassung der Arbeit 78

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:16202
Date31 August 2017
CreatorsSeim, Pauline
ContributorsHirrlinger, Johannes, Reichenbach, Andreas, Dringen, Ralf, Universität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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