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Risikofaktoren der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes- und Jugendalter

Hintergrund: Bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) handelt es sich um eine der häufigsten psychiatrischen Störungen im Kindes- und Jugendalter. Die Ätiologie der ADHS ist komplex und multifaktoriell bedingt und wird von genetischen und Umweltfaktoren beeinflusst. Hinsichtlich spezifischer Umweltfaktoren konnten einige pränatale, perinatale und postnatale Risikofaktoren identifiziert und in Studien mehrfach repliziert werden. Dennoch gilt die Ätiologie der ADHS bislang als nicht hinreichend geklärt. Kaum Studien haben sich mit dem potentiellen Einfluss bestimmter familiärer Strukturen sowie dem Einfluss visueller Beeinträchtigungen auf das Auftreten einer ADHS beschäftigt. Die wenigen durchgeführten Studien weisen zudem diskrepante Ergebnisse auf. Fragestellung: In zwei unabhängig voneinander durchgeführten Studien wurde untersucht, ob familiäre Faktoren wie die Geburtenreihenfolge und Anzahl von Geschwistern einen Einfluss auf die ADHS ausüben (Studie 1). Es wurde überprüft, ob erstgeborene Geschwisterkinder ein erhöhtes Risiko einer ADHS aufweisen und ob die Anzahl von Geschwistern ebenfalls einen Risikofaktor darstellt. Außerdem wurde die Hypothese überprüft, ob das Risiko von erstgeborenen Kindern hinsichtlich einer ADHS mit zunehmender Anzahl der jüngeren Geschwister steigt. In der zweiten Studie wurde untersucht, ob spezifische häufig auftretende visuelle Beeinträchtigungen wie die Hyperopie, Myopie, Astigmatismus und Strabismus eine ADHS beeinflussen (Studie 2). In beiden Studien wurden eine Vielzahl relevanter Kontrollvariablen inkludiert. Material und Methode: Die Hypothesen der beiden Studien wurden auf Basis einer nationalen repräsentativen epidemiologischen Gesundheitsstudie (KiGGS-Studie), die vom Robert-Koch-Institut durchgeführt wurde, erforscht. Innerhalb der Gesamtstichprobe (N=17.641) liegen bei insgesamt N=13.488 Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 3 und 17 Jahren Informationen zum Vorliegen einer ADHS Diagnose vor. Von den N=13.488 Kindern und Jugendlichen liegt bei N=660 (4,9%) eine ADHS Diagnose vor, N=12.828 (95.1%) der Teilnehmer haben nie eine ADHS-Diagnose erhalten und bilden die Kontrollgruppe der Analysen. Berechnet wurden sowohl deskriptive Analysen als auch univariate und multivariate logistische Regressionen. Die logistischen Regressionen wurden durchgeführt, um Assoziationen (ORs: odds ratios, mit einem 95% CI: 95% Konfidenzintervall) zwischen den jeweiligen Prädiktoren und der ADHS zu berechnen. Alle berücksichtigten Kontrollvariablen, die einen signifikanten Einfluss auf die ADHS aufwiesen, wurden in weiteren Analysen inkludiert. Ergebnisse: In der ersten Studie konnte gezeigt werden, dass Erstgeborene ein signifikant erhöhtes Risiko zur ADHS im Vergleich zu Einzelkindern (OR: 1.31, 95% CI: 1.03-1.68) und zu jüngsten Geschwisterkindern aufweisen (OR: 1.31, 95% CI: 1.09-1.58). Auch konnte gezeigt werden, dass das Risiko einer ADHS bei Erstgeborenen mit einer zunehmenden Anzahl jüngerer Geschwisterkinder steigt. Es konnte kein Zusammenhang zwischen Anzahl der Geschwister und einer ADHS festgestellt werden. Die Ergebnisse der zweiten Studie ergaben ein signifikant erhöhtes Risiko für die ADHS bei Kindern und Jugendlichen mit Myopie (OR: 1.29, 95% CI: 1.02-1.62), Hyperopie (OR: 1.67, 95% CI: 1.29-2.17), Astigmatismus (OR: 1.84, 95% CI: 1.39-2.43) und Strabismus (OR: 2.04, 95% CI: 1.49-2.79). Die Ergebnisse beider Studien blieben auch nach Berücksichtigung der Kontrollvariablen stabil, bis auf die Assoziation zwischen der Myopie und der ADHS, hier zeigte sich kein signifikantes Ergebnis mehr. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse beider Studien stellen einen wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn hinsichtlich der aktuellen Forschung zu Risikofaktoren und der Ätiologie der ADHS dar. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Geburtenreihenfolge und das Vorliegen bestimmter visueller Beeinträchtigungen (Hyperopie, Astigmatismus und Strabismus) einen Einfluss auf die ADHS ausüben. Die Ergebnisse liefern Implikationen für die Forschung und klinische Praxis. Für eine adäquate Versorgung der betroffenen Kinder und Jugendlichen sollen die vorliegenden Ergebnisse innerhalb des Diagnose- und Behandlungsprozess berücksichtigt werden.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:78775
Date08 April 2022
CreatorsLaszloffy, Charlotte
ContributorsRoessner, Veit, Winter, Sibylle, Technische Universität Dresden
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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