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Bedeutung der Glutaminylzyklase und ihrer Isoform für Entzündungsprozesse bei chronisch-neurodegenerativen Erkrankungen

Die Glutaminylzyklase QC und ihr Isoenzym isoQC katalysieren die Umwandlung N-terminaler Glutaminylreste an einer Reihe von Neuropeptiden, Peptidhormonen und Chemokinen in Pyroglutamat. Diese post-translationale Modifikation schützt Proteine vor proteolytischem Abbau und trägt auch zu ihrer biologischen Aktivität bei. Im Falle der Alzheimerschen Erkrankung führt QC/isoQC-Aktivität allerdings zur Stabilisierung des Aβ-Peptids und begünstigt damit dessen Akkumulation und Aggregation in Amyloid-Plaques.
Beide Enzyme unterscheiden sich in ihrer zelltypspezifischen Expression und ihrer Substratspezifität in vivo. Die QC kommt eher in neuronalen Geweben als sekretorisches Enzym vor, während die isoQC ubiquitär exprimiert wird und im Golgi-Apparat verankert ist. Im Gegensatz zur QC ist die isoQC beispielsweise in der Lage, das proinflammatorische monocyte chemoattractant protein 1 (MCP1, auch CCL2 genannt) in seinen aktiven Zustand zu überführen. In der vorliegenden Arbeit sollte deshalb untersucht werden, inwieweit beide Isoenzyme in chronische Entzündungsprozesse involviert sind.
Als Modell für diese Untersuchungen wurde die systemische Cuprizon-Applikation als tierexperimenteller Ansatz für die nicht-invasive Induktion einer Entzündungsreaktion im Gehirn gewählt, um folgende Fragestellungen zu beantworten:
1. Lässt sich die Entzündungsreaktion, die durch Cuprizongabe ausgelöst wird, mittels Iba1-, GFAP- und Hitzeschockprotein 27 (Hsp27)-Immunhistochemie nachweisen?
2. Sind QC und isoQC an durch Cuprizon ausgelösten entzündlichen Prozessen beteiligt?
3. Unterscheiden sich QC- und isoQC-knock-out (ko)-Mäuse hinsichtlich der Entzündungsreaktion unter Cuprizongabe?
Dazu wurden Wildtyp (WT)-Mäuse (n = 6), QC-ko (n = 3) und isoQC-ko (n = 3) Mäuse einer sechswöchigen Gabe von 0,3 % Cuprizon im Futter unterzogen, was Tagesdosierungen von 12,9–13,5 mg Cuprizon pro Tier entspricht. Das Cuprizon als Kupferchelator löst einen Demyelinisierungsprozess ähnlich der histopathologischen Veränderungen bei Multipler Sklerose aus, der mit Chemotaxis von Immunzellen und Aktivierung von Gliazellen einhergeht. Als Kontrollgruppe wurden je vier unbehandelte Geschwistertiere der Genotypen WT, QC- und isoQC-ko-Mäuse herangezogen.
In der Arbeit wurden folgende Ergebnisse erzielt:
1. Die Gliazellaktivierung wurde mit einer immunhistochemischen Färbung von Iba-1, einem Marker für Mikroglia, saurem Gliafaserprotein (GFAP) als Astrozytenmarker und dem Nachweis von Hitzeschockprotein 27 untersucht. Die Mikroglia- und Astrozytenaktivierung wurde durch Ermittlung des prozentualen Gliaanteils pro Fläche der jeweiligen Hirnregion erfasst, Hsp27-exprimierende Gliazellen wurden in jeder untersuchten Hirnregion an standardisierten mikroskopischen Aufnahmen des BZ-9000 Mikroskops der Firma Keyence unter Zuhilfenahme der BZ-II-Analyzer-Software manuell ausgezählt. Die ermittelten Flächen und Zellzahlen wurden mit der Graph-Pad-Prism 6-Software mittels ungepaarter t-Tests statistisch ausgewertet. Zu den Hirnstrukturen, die auf eine Entzündungsreaktion hin untersucht wurden, gehören das Corpus callosum, das Cingulum, die externe Kapsel, das Septum, das Striatum und dessen Faserbündel, der Cortex, die anteriore Kommissur, das ventrale Pallidum sowie der Hippocampus. Sowohl in Iba-1-, GFAP- und Hsp27-Färbung konnte bei den WT-Tieren in nahezu allen untersuchten Hirnregionen eine signifikante Erhöhung des Mikro- und Astroglia-Gewebeanteils sowie der Hsp27-Expression in Astrozyten nach Cuprizongabe gezeigt werden. Mikro- und Astrogliaaktivierung wurden bereits in früheren Studien mit Cuprizon-Applikation nachgewiesen, die Übereinstimmung der Ergebnisse zeigt die Wirksamkeit der Cuprizongabe und verdeutlicht die Entzündungsantwort auf zellulärer Ebene. Die Hsp27-Expression in Astrozyten konnte in dieser Arbeit erstmalig im Cuprizonmodell nachgewiesen werden und stellt eine neue, zelluläre Komponente der Entzündungsreaktion dar.
2. Mit Nachweis des Einflusses der isoQC auf die Aktivierung von CCL2 in peripheren Entzündungsmodellen vermutete man eine Beteiligung der Glutaminylzyklasen auch bei entzündlichen Prozessen im Gehirn. Es zeigte sich, dass QC-ko- und isoQC-ko-Tiere ohne Cuprizongabe im Mittel höhere gliäre Gewebeanteile und Hsp27-Expression aufwiesen als die unbehandelten WT-Geschwistertiere. In der hier stichprobenartig untersuchten Kohorte deutet dies auf eine Funktion der Glutaminylzyclasen für die Aktivierung von Gliazellen und eine teilweise Grundaktivierung in nativen QC-/ isoQC-ko-Tieren hin. Auf die Cuprizonbehandlung reagierten die ko-Tiere weniger stark als WT-Tiere mit Steigerung der Mikro- und Astrogliaaktivität oder erhöhter Hsp27-Expression. Das Fehlen der Glutaminylzyclasen führt somit möglicherweise zur Dämpfung einer chronischen Entzündungsantwort.
3. Inwiefern beide Glutaminylzyklasen zur vermuteten Entzündungshemmung beitragen, war ein weiterer Teil der Promotionsarbeit. Betrachtete man die Mikroglia in unbehandelten Tieren, zeigte sich in isoQC-ko-Mäusen eine höhere Grundaktivität als in WT- und QC-ko-Genotyp. Die dadurch im Verhältnis geringere Steigerung der Mikrogliaaktivität nach Cuprizongabe bei den isoQC-ko-Tieren im Vergleich zu Tieren des WT oder QC-ko-Genotyps könnte auf die fehlende Aktivierung des CCL2 zurückgeführt werden. Der isoQC-ko-Genotyp zeigte auch bei der Hsp27-Färbung unter den drei untersuchten Genotypen die geringste Steigerung der Hsp27-Expression nach Cuprizongabe, sodass die isoQC möglicherweise bei der Stimulation zur Expression dieses Hitzeschockproteins beteiligt ist. In den Iba-1-Färbungen zeigte sich auch, dass bei den QC-ko-Tieren unter Cuprizonapplikation Mikroglia in geringerem Maße aktiviert wird als bei WT- und isoQC-ko-Mäusen. Außerdem ergab die Auswertung der Hsp27-Expression von Astrozyten eine im Vergleich stark erhöhte Hsp27-Expression vor Cuprizongabe bei den QC-ko-Tieren. Das Fehlen der vorwiegend neuronal vorkommenden QC in den hier untersuchten zentralnervösen Strukturen hat möglicherweise gravierendere Auswirkungen auf zelluläre entzündliche Prozesse als das Fehlen der isoQC, die, ubiquitär vorkommend, weniger spezifische Aufgaben in Neuronen innehaben könnte.
Die Arbeit zeigt, dass sich das Cuprizon-Modell eignet, einen chronischen Entzündungsprozess im Gehirn nachzustellen, um nachgeschaltete inflammatorische zelluläre Reaktionen eines Organismus zu untersuchen. Die Betrachtung von Mikrogliaaktivierung und Hsp27-Expression scheint für die Untersuchung des Cuprizon-Modells besser geeignet zu sein als die Auswertung der Astrogliaaktivität, da die fein nuancierten Unterschiede zwischen den betrachteten Glutaminylzyklasen in den GFAP-Färbungen weniger gut nachweisbar waren. Um die oben dargelegten Ergebnisse besser statistisch untermauern zu können, sollte in fortführenden Untersuchungen eine höhere Anzahl an Tieren pro Versuchsgruppe angestrebt werden.:Inhaltsverzeichnis


Inhaltsverzeichnis I
Abkürzungsverzeichnis III
Abbildungsverzeichnis V
Tabellenverzeichnis VII

1 Einleitung 1
1.1 Glutaminylzyklasen 1
1.2 Das Cuprizon-Modell 3
1.2.1 Einführung in das Demyelinisierungsmodell 3
1.2.2 Aktivierung von Gliazellen 4
1.3 Mechanismen von Entzündungsreaktionen 5
1.3.1 Mikroglia 6
1.3.2 Astroglia 7
1.3.3 Hsp27 8
1.4 Zielstellung 9
2 Material und Methoden 10
2.1 Vorgehen bei der Cuprizonbehandlung 10
2.2 Versuchstiere 10
2.3 Präparation und Aufarbeitung des Hirngewebes 11
2.4 Auswahl der Schnittebenen 12
2.5 Durchführung der immunhistochemischen Färbungen 16
2.6 Durchführung der Fluoreszenz-Färbungen 19
2.7 Geräte 20
2.8 Hard- und Software 20
2.9 Auswahl von Färbungen und Hirnregionen für die Auswertung 21
2.9.1 Auswahl und Auswertung der Iba1-Färbung 21
2.9.2 Auswahl und Auswertung der GFAP-Färbung 23
2.9.3 Auswahl und Auswertung der Hsp27-Färbung 24
3 Ergebnisse 25
3.1 Nachweis der Mikroglia-Aktivierung mittels Iba1-Färbung 26
3.1.1 Vergleich der unbehandelten Genotypen hinsichtlich des Gewebeanteils von Mikroglia 30
3.1.2 Einfluss der Cuprizonbehandlung auf die Mikrogliaaktivierung bei Wildtyp-Mäusen 33
3.1.3 Einfluss der Cuprizonbehandlung auf die Mikrogliaaktivierung bei QC-ko-Mäusen 35
3.1.4 Einfluss der Cuprizonbehandlung auf die Mikrogliaaktivierung bei isoQC-ko-Mäusen 36
3.1.5 Vergleich der behandelten Genotypen hinsichtlich der Mikrogliaaktivität nach Cuprizonbehandlung 38
3.2 Nachweis der Astroglia-Aktivierung mittels GFAP-Färbung 40
3.2.1 Vergleich der unbehandelten Genotypen hinsichtlich des Gewebeanteils von Astroglia 44
3.2.2 Einfluss der Cuprizonbehandlung auf die Astrogliaaktivierung bei Wildtyp-Mäusen 46
3.2.3 Einfluss der Cuprizonbehandlung auf die Astrogliaaktivierung bei QC-ko-Mäusen 48
3.2.4 Einfluss der Cuprizonbehandlung auf die Astrogliaaktivierung bei isoQC-ko-Mäusen 49
3.2.5 Vergleich der behandelten Genotypen hinsichtlich der Astrogliaaktivität nach Cuprizonbehandlung 50
3.3 Nachweis von Hsp27-Expression nach Cuprizonbehandlung 51
3.3.1 Vergleich der unbehandelten Genotypen hinsichtlich des Gewebeanteils von Hsp27-exprimierenden Astrozyten 53
3.3.2 Einfluss der Cuprizonbehandlung auf die Hsp27-Expression in Astrozyten bei Wildtyp-Mäusen 56
3.3.3 Einfluss der Cuprizonbehandlung auf die Hsp27-Expression in Astrozyten bei QC-ko-Mäusen 57
3.3.4 Einfluss der Cuprizonbehandlung auf die Hsp27-Expression in Astrozyten bei isoQC-ko-Mäusen 58
3.3.5 Vergleich der behandelten Genotypen hinsichtlich der Hsp27-Expression in Astrozyten nach Cuprizonbehandlung 59
4 Diskussion 61


Verweise X
Zusammenfassung der Arbeit XXII
Persönlicher und wissenschaftlicher Werdegang XXIV
Eigenständigkeitserklärung XXV
Danksagung XXVII

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:31219
Date14 August 2018
CreatorsNestler, Mahela Damaris
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/acceptedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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