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Antikörper gegen deamidierte Gliadinpeptide: Vergleich verschiedener ELISA zur Diagnostik von Zöliakie im Kindesalter

Zöliakie ist eine immunologisch vermittelte Erkrankung bei der die Dünndarm-schleimhaut durch das in zahlreichen Getreidesorten vorkommende Klebereiweiß Gliadin geschädigt wird. Dabei wird die typische Architektur der Mukosa zerstört und imponiert histologisch als Zottenatrophie. In Folge dessen zeigen Betroffene Mangelerscheinungen und Verdauungsbeschwerden sowie zahlreiche extra-intestinale, atypische Symptome. Bei Kindern können zusätzlich gravierende Wachstums- und Entwicklungsstörungen auftreten. Die Therapie besteht in einer lebenslangen glutenfreien Diät. Die Diagnostik der Erkrankung basiert auf vier Säulen: Neben der Beurteilung der klinischen Symptomatik werden zöliakie-typische Antikörper nachgewiesen, welche bei hoher Konzentration die Indikation zur Biopsie darstellen. Die bioptische Untersuchung mit anschließendem histolo-gischem Nachweis der Zottenatrophie stellt den Goldstandard der Diagnostik dar und wird durch die Besserung der klinischen Symptomatik unter glutenfreier Diät gestützt.
Bei der serologischen Untersuchung haben Antikörper gegen natives Gliadin auf Grund niedriger diagnostischer Genauigkeit an Bedeutung verloren. Sie wurden durch die Bestimmung von Autoantikörpern gegen die Gewebstransglutaminase abgelöst, die eine höhere Sensitivität und Spezifität aufweisen. Im Jahr 2000 konn-te jedoch gezeigt werden, dass sich Antikörper von Zöliakiepatienten an Gliadin-peptide besser nach selektiver Deamidierung (Austausch der Aminosäure Glutamin durch Glutaminsäure) binden.
Darauf aufbauend entwickelte die Firma INOVA Diagnostics im Jahr 2006 erst-mals einen ELISA zur Zöliakiediagnostik mit synthetisch hergestellten, deamidier-ten Gliadinpeptiden (DGP) als Antigen.
Zu Beginn unserer Arbeit existierten keine Veröffentlichungen zur diagnostischen Genauigkeit dieser Tests bei Kindern und nur eine Veröffentlichung, die zwei der ELISA an Seren von erwachsenen Patienten untersuchte. Bei Kindern ist es jedoch besonders wichtig, durch die Antikörperbestimmung eine hohe Diagnosesicher-heit zu erlangen, weil für sie die Biopsie eine große Belastung darstellt und eine nicht erkannte Zöliakieerkrankung zu schwerwiegenden Entwicklungsstörungen führen kann. Aus diesem Grund soll die vorliegende Studie den Nutzen dieser neuen ELISA in der Diagnostik der Zöliakie im Kindesalter evaluieren.
Es wurden dazu insgesamt 340 Seren von bioptisch bestätigten Zöliakiepatienten und Kontrollen, bei denen die Erkrankung histologisch ausgeschlossen wurde, gesammelt, verblindet und retrospektiv analysiert. Dabei wurden vier verschiede-ne ELISA der Firma INOVA Diagnostics eingesetzt: drei ELISA mit DGP als An-tigen sowie ein weiterer ELISA, in dem DGP mit Gewebstransglutaminase kombiniert war. Es wurden folgende Erkenntnisse gewonnen:

1. Alle vier ELISA eignen sich zur Diagnostik von Zöliakie bei Kindern und weisen eine hohe Trennschärfe auf. Die Fläche unter der Receiver Operating Characteristic (ROC)-Kurve ist für alle vier Tests größer als 0,96. Mit den Tests kann somit die Indikation zur bioptischen Untersuchung mit großer Sicherheit gestellt werden.
2. Die Bestimmung der Antikörper gegen DGP ist der Antikörperbestimmung gegen natives Gliadin überlegen. Die DGP-Tests weisen eine signifikant größe-re Fläche unter der ROC-Kurve als die Tests auf Antikörper gegen natives Gli-adin auf. Die Bestimmung der Antikörper gegen DGP ist der Bestimmung von Antikörpern gegen Gewebstransglutaminase nicht unterlegen. Die Flächen un-ter den ROC-Kurven unterscheiden sich nicht signifikant voneinander.
3. Überraschenderweise zeigt die IgG-Klasse der DGP eine signifikant höhere diagnostische Genauigkeit als die IgA-Klasse. Somit ist auch bei Patienten mit IgA-Mangel eine sichere Diagnosestellung gegeben und es kann auf die gene-relle Bestimmung des Gesamt-IgA verzichtet werden.
4. Der DGP-IgG-Test weist von den vier validierten Antikörpertests bei einer Sensitivität von 100 % die höchste Spezifität (90 %) und bei einer Spezifität von 100 % die höchste Sensitivität (64 %) auf.
5. Durch den kombinierten Test mit zwei Antigenen und den gleichzeitigen Nachweis von IgA und IgG in einem ELISA (tTG/DGP-Screen-Test) lassen sich Kosten und Zeit sparen. Dieser kombinierte Test weist die höchste diagnosti-sche Genauigkeit der untersuchten DGP-Tests auf.
6. Durch Angabe von Likelihood Ratios und mittels grafischer Darstellung der Posttest-Wahrscheinlichkeit in Abhängigkeit der Antikörperkonzentration und Prävalenz können den behandelnden Ärzten wertvolle Informationen zur Di-agnosesicherheit eines einzelnen Testergebnisses vermittelt werden.

Mit den evaluierten DGP-Tests stehen neue und zuverlässige ELISA zur Diagnos-tik der Zöliakie im Kindesalter zur Verfügung. Sie weisen eine hohe diagnostische Sicherheit auf und unterscheiden sicher zwischen Gesunden und Zöliakiepatien-ten. Die Indikation für eine Dünndarmbiopsie kann mit Hilfe der DGP-Tests sehr sicher gestellt werden. Ob darüber hinaus auf der Basis sehr hoher Antikörper-konzentrationen ohne histologische Untersuchung die Diagnose Zöliakie ausrei-chend sicher gestellt werden kann oder bei sehr niedrigen Konzentrationen auf einen bioptischen Ausschluss verzichtet werden kann, soll in einer weiteren be-reits in Planung befindlichen prospektiven Studie geklärt werden. Zusätzlich sollte die Diagnosestellung durch DGP-Tests bei besonders jungen Kindern in prospektiven Studien untersucht werden. Die vorliegende Arbeit legt gemeinsam mit anderen Untersuchungen den Grundstein dafür.:Bibliografische Beschreibung
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung 11
1.1 Definition 11
1.2 Formen der Zöliakie und Epidemiologie 12
1.3 Diagnostik 13
1.3.1 Klinische Symptomatik 13
1.3.2 Serologische Untersuchung 14
1.3.3 Histologische Untersuchung 15
1.4 Pathogenese 18
1.5 Deamidierte Gliadinpeptide 21
2 Zielstellung 23
3 Methoden 25
3.1 Studienaufbau 25
3.2 Teilnehmercharakteristik 29
3.3 Antikörper-Bestimmung 31
3.4 Statistische Auswertung 33
3.5 Methodenkritik 35
4 Ergebnisse 37
4.1 Antikörperkonzentration bei Patienten und Kontrollen 37
4.2 ROC-Analyse 39
4.3 Grenzwerte 41
4.3.1 Firmengrenzwert 41
4.3.2 Eigener Grenzwert 42
4.3.3 Eigener Grenzwert für hohe Sensitivität 42
4.3.4 Eigener Grenzwert für hohe Spezifität 44
4.3.5 Ergebnisse der Tests in Kombination 44
4.4 Likelihood Ratios und Posttest-Wahrscheinlichkeit 46
4.5 Antikörperkonzentration und Marsh-Stadium 48
4.6 Altersabhängigkeit der Antikörperkonzentration 50
4.7 Antikörperkonzentration und Geschlecht 50
4.8 Wiederholbarkeit 53
4.9 Fallbetrachtungen 53
4.9.1 Antikörperkonzentration bei jungen Zöliakiepatienten 53
4.9.2 Chronisch entzündliche Darmerkrankungen 54
4.9.3 Positive Biopsiebefunde in der Kontrollgruppe 55
4.9.4 Zöliakiepatient mit negativem Biopsiebefund 56
4.9.5 Patient mit selektivem IgA-Mangel 57
5 Diskussion 59
5.1 Vergleich der DGP-Tests untereinander 59
5.2 Vergleich der DGP-Tests mit Antikörper-Tests gegen natives Gliadin 60
5.3 Vergleich der DGP-Test mit Autoantikörper-Tests gegen tTG 61
5.4 Vorteile der kombinierten Antikörper-Tests 64
5.5 Testinterpretation 64
5.6 Wann kann auf die Biopsie verzichtet werden? 68
6 Zusammenfassung 71
Literaturverzeichnis 75
Tabellenverzeichnis 87
Abbildungsverzeichnis 88
Selbständigkeitserklärung 89
Lebenslauf 91
Publikationen 93
Dank 101

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:11245
Date23 August 2011
CreatorsPetzold, Maria
ContributorsMothes, Thomas, Sack, Ulrich, Mössner, Joachim, Universität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typedoc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

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