Die humanen Noroviren (Familie Caliciviridae, Genus Norovirus) bilden den Haupterreger der nichtbakteriellen Gastroenterotiden. Seit Beginn der 1990er Jahre – besonders seit dem Herbst 2002 – kann weltweit eine sehr starke Zunahme der Norovirus-Infektionen beobachtet werden. Die Mehrheit der Erkrankungen (ca. 80%) ist dabei durch den Genotyp II.4 verursacht, wobei innerhalb dieses Genotyps kontinuierlich „neue“ genetisch veränderte Norovirus-Stämme auftreten, die kontinuierlich in „neue“ Subgenotypen eingeordnet werden. Bis dato wird vermutet, dass die hohe Zunahme der Infektionen durch die subgenotypspezifische Evolution des strukturellen Proteins VP1 bewirkt wurde, da dadurch die Bindung der Viruspartikel an die Rezeptoren der Wirtszelle – die HBGAs – verbessert sein könnte bzw. ein breiteres Spektrum an Rezeptoren erkannt werden könnte. Bisher ist aber weitgehend unbekannt, ob im Bereich der nichtstrukturellen Proteine auch eine subgenotypspezifische Evolution stattgefunden hat und ob diese durch eine verbesserte Enzymaktivität zu der Zunahme der Infektionen beigetragen haben könnte. Im Rahmen dieser Arbeit wurden demnach aus unterschiedlichen Stuhlproben die beiden Enzyme NS6pro und NS7pol von jeweils einem Stamm der epidemiologisch relevanten Subgenotypen II.4-1995, II.4-2002, II.4-2004, II.4-2006a und II.4-2006b rekombinant hergestellt und betreffend ihrer Evolution und Enzymaktivität untersucht.
Anhand der durchgeführten Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass bei den epidemiologisch relevanten Subgenotypen des Genotyps II.4 im Bereich der NS6pro und der NS7pol keine subgenotypspezifische Evolution stattgefunden hat und daher keine subgenotypspezifische Enzymaktivität vorliegt. Somit hatte die Enzymaktivität der NS6pro und der NS7pol keinen Einfluss auf die Zunahme der Infektionen. Dennoch konnte aber beobachtet werden, dass durch die Mutation einer einzelnen Aminosäure – entsprechend der Position in der räumlichen Struktur der NS6pro bzw. der NS7pol – die Enzymaktivität um bis zu 100 Prozent erhöht bzw. reduziert werden kann. Bei diesen bedeutenden Mutationen ist entweder die Substratbindung oder die Koordination bzw. die Zufuhr der Reaktionskomponenten betroffen.
Somit konnte bestätigt werden, dass die Zunahme der Infektionen vermutlich doch durch die Evolution des VP1 bedingt ist. Dies ist auch nachvollziehbar, da das VP1 den Eintritt der Viruspartikel in das Zellplasma erlaubt, in dem danach erst die Virusvermehrung durch die Enzyme stattfindet. Hierbei muss aber erwähnt werden, dass die Evolution des VP1 durch die Mutationsrate der NS7pol bestimmt ist, sodass die NS7pol letztendlich doch für die Zunahme der Infektionen verantwortlich ist. Um aber definitiv abzuklären, ob durch die Evolution des VP1 tatsächlich die Bindung der Viruspartikel an die HBGAs verbessert bzw. ein breiteres Spektrum an Rezeptoren erkannt wird, müssten bspw. Bindungs-Assays zwischen den entsprechenden VLPs (virus-like particles) und bereits typisierten Serum- oder Speichelproben – ähnlich den Untersuchungen von Lindesmith et al. (2008) – durchgeführt werden. Darüber hinaus müsste die Evolution und die Funktionalität der restlichen nichtstrukturellen Proteine untersucht bzw. deren Einfluss auf die Zunahme der Infektionen überprüft werden.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa.de:bsz:14-qucosa-85442 |
Date | 04 April 2012 |
Creators | Kramer, Dorothea |
Contributors | Technische Universität Dresden, Fakultät Mathematik und Naturwissenschaften, PD Dr. med. habil. Jacques Rohayem, Prof. Dr. rer. nat. habil. em. Isolde Röske, Prof. Dr. med. habil. Enno Jacobs |
Publisher | Saechsische Landesbibliothek- Staats- und Universitaetsbibliothek Dresden |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
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