Ein zentrales Thema der medizinischen Informatik ist der institutionsübergreifende Austausch von Patientendaten zwischen den Akteuren des Gesundheitswesens. Die Notwendigkeit einer einheitlichen nationalen Telematikinfrastruktur für einen institutions-übergreifenden Austausch wurde auch von der Politik anerkannt. Dementsprechend wurde 2003 mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG) der erste Grundstein gelegt. Eine der Anwendungen, die laut Gesetzgebung (§ 291a SGB V) über die Telematikinfrastruktur umgesetzt werden sollte, ist die sogenannte elektronische Patientenakte. Diese Anwendung sollte es dem Patienten ermöglichen, seine Versorgungsdaten in einer eigenen Dokumentation zu führen und mit den Systemen seiner Behandler elektronisch zu kommunizieren.
Bei der Gesetzgebung wurde der Fokus sehr eng gefasst, um aus Datenschutzgründen eine enge Zweckbindung der elektronischen Patientenakte sicher zu stellen. Wichtige Themen wie die Partizipation der Bürger und Patienten an der medizinischen Forschung wurden ausgeklammert. Werden die Prozesse der elektronischen Datenerfassung in der Versorgung und in der medizinisch-klinischen Forschung (z. B. den Universitätskliniken) betrachtet, so fällt auf, dass relevante Daten für die Versorgung und die Forschung häufig identisch sind. Da die Systeme von Forschung und Versorgung aber getrennt voneinander betrieben werden, kommt es zu Doppelerfassungen. Diese Doppelerfassungen sind für einen Anwender, der Daten in beide Systeme eintragen muss, schwer nachvollziehbar - auch die gewünschte Partizipation der Patienten an Forschungsvorhaben ist so kaum möglich.
Die grundlegende Idee dieser Arbeit ist es, eine Schnittstelle zwischen einer elektronischen Patientenakte und der medizinischen Forschung gemäß den Vorgaben der nationalen Telematikinfrastruktur zu konzipieren. Damit soll dem oben geschilderten Problem der Doppelerfassung von Patientendaten entgegengewirkt werden, indem mit Hilfe dieser Schnittstelle ein Austausch von Patientendaten über eine elektronische Patientenakte zwischen den Systemen der Versorgung und Forschung ermöglicht wird.
Zu diesem Zweck wurden zunächst die Systeme der Versorgung und der Forschung analysiert und ein Kommunikationsmodell sowie Datenschutzanforderungen für die Kommunikation zwischen einer elektronischen Patientenakte und den Systemen der Forschung formuliert. Auf Grundlage des Kommunikationsmodells und der Datenschutzanforderungen wurden sowohl eine Fach- als auch eine Sicherheitsarchitektur für die Schnittstelle zwischen einer elektronischen Patientenakte und den Systemen der Forschung beschrieben. Als Ergebnis konnte herausgestellt werden, dass die Anbindung der IT-Systeme der medizinischen Forschung über eine elektronische Patientenakte sicher und datenschutzkonform umgesetzt werden kann.
Abschließend wird der entstandene Ansatz mit bisherigen Lösungen zur Nutzung von Versorgungsdaten für die medizinische Forschung kritisch verglichen und die Stärken einer in der nationalen Telematikinfrastruktur integrierte Löschung gegenüber alleinstehenden Insellösungen hervorgehoben. Es wird herausgestellt, dass die grundlegenden Konzepte stehen, aber noch erheblicher Aufwand erbracht werden muss, um ein auf nationaler Ebene verfügbares System bereitzustellen. Vorschläge für die weiteren Arbeiten zu einem funktionierenden System sowie weitere Potentiale der Ergebnisse dieser Arbeit werden in einem Ausblick aufgezeigt.
Identifer | oai:union.ndltd.org:uni-goettingen.de/oai:ediss.uni-goettingen.de:11858/00-1735-0000-000E-0ABC-7 |
Date | 11 January 2013 |
Creators | Helbing, Krister |
Contributors | Rienhoff, Otto Prof. Dr. |
Source Sets | Georg-August-Universität Göttingen |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doctoralThesis |
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