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Nachhaltige Effekte einer Metreleptin-Substitution auf das Essverhalten von Lipodystrophie-Patienten

Die Lipodystrophie ist eine sehr seltene Erkrankung, welche charakterisiert ist durch einen Mangel an subkutanem Fettgewebe sowie schwere metabolische Komplikationen. Durch fehlende subkutane Speicher werden überschüssige Kalorien als Fett in Leber und Muskelgewebe gespeichert. Betroffene zeigen gehäuft Insulinresistenz, Diabetes mellitus, PCOS, Infertilität, Hypertriglyzeridämie, Xanthome, Pankreatitis, Steatosis hepatis, Leberzirrhose, Atherosklerose und premature koronare Herzkrankheit sowie Apoplex. Die Komorbiditäten der Lipodystrophie führen zu einer erhöhten Mortalität. Aufgrund der Seltenheit der Erkrankung, ihrer Komplexität und einem variablen chronischen Verlauf ist in
der Praxis zur Diagnosefindung eine entsprechende Expertise notwendig. Die klinische Klassifikation der Lipodystrophien erfolgt anhand von Vererbbarkeit und Ausmaß des Fettgewebsverlustes. Es werden erbliche und erworbene Formen unterschieden, die wiederum jeweils in generalisierte und partielle Lipodystrophien subklassifiziert werden. Aufgrund des Fettgewebsverlustes sind die Leptin-Konzentrationen im Serum bei Patienten mit Lipodystrophie signifikant erniedrigt. Interessanterweise korreliert das Ausmaß an Leptin-Mangel mit der Ausprägung der metabolischen Komplikationen. Außerdem weisen Lipodystrophie-Patienten häufig eine Hyperphagie auf, welche durch den Leptin-Mangel mitbedingt ist. Seit wenigen Jahren ist der Ausgleich des Leptin-Mangels durch Gabe des rekombinanten Leptin-Analogons Metreleptin (Handelsname: Myalepta®) möglich. Eine Metreleptin-Therapie beeinflusst bei Patienten mit Lipodystrophie die metabolischen
Komplikationen wie die Insulinresistenz und Hypertriglyzeridämie positiv, wobei insbesondere Patienten mit generalisierter Lipodystrophie profitieren. Der Einfluss von Metreleptin auf Hunger und Sättigung bei Lipodystrophie wurde dagegen nur
unzureichend untersucht. In einer Studie mit neun Teilnehmern wurde 2016 durch Schlögl und Mitarbeiter die Metreleptin-Substitution von Lipodystrophie-Patienten über 52 Wochen beobachtet und diese behavioral charakterisiert. In dieser Studie, bei welcher die Promovierende Co-Autorin war, durchliefen alle Patienten eine funktionelle Magnetresonanztomografie-Untersuchung. Metreleptin reduzierte signifikant den Hunger in nüchternem Zustand und steigerte die Sättigung postprandial. Die subjektiv beurteilte Appetitlichkeit von Essensbildern nahm unter Metreleptin-Gabe ab. In den funktionellen Magnetresonanztomografie-Daten zeigte sich eine Zunahme der Konnektivität in Hypothalamus, Inselrinde/ superiorem temporalem Gyrus und medialem präfrontalem Kortex. Anhaltende, über das erste Therapiejahr hinausgehende Effekte wurden jedoch nicht untersucht und waren nun Gegenstand der vorliegenden Dissertation. Die Haupthypothese der vorliegenden Arbeit war, dass die über 52 Wochen beobachtete Normalisierung des Essverhaltens auch nach >150 Wochen Metreleptin-Therapie nachweisbar ist. Im Rahmen der Dissertation wurden fünf (davon alle weiblich) der anfänglich neun Lipodystrophie-Patienten (davon sieben weiblich, zwei männlich) eingeschlossen. Diese fünf
Patienten wurden vor (Ausgangswert) sowie >150 Wochen nach (Langzeitwert) Beginn der Metreleptin-Behandlung charakterisiert. Alle Lipodystrophie-Patienten konsumierten am Testtag um 17 Uhr eine standardisierte Mahlzeit, welche 20 % des täglichen Energiebedarfs des jeweiligen Patienten abdeckte. Subjektiv an einer visuellen Analogskala beurteilte Hungergefühle (Mittelwert±Standardfehler) 120 Minuten nach der Mahlzeit nahmen unter Metreleptin-Therapie signifikant von 46±10 mm (Ausgangswert) auf 17±6 mm (Langzeitwert) ab (p<0.05). Die Sättigung 5 Minuten nach der Mahlzeit nahm signifikant von 70±7 mm auf 87±3 mm zu
(p<0.05). Ein ähnliches Ergebnis wurde 120 Minuten nach der Mahlzeit erhoben. Hier nahm die Sättigung signifikant von 43±10 mm auf 79±8 mm zu (p<0.05). Im Fragebogen zum Essverhalten verminderte sich unter Metreleptin-Therapie der Mittelwert des Faktor 3 (Hunger) signifikant von 9,2±0,2 auf 2,6±1,5 (p<0.05). Im Inventar zum Essverhalten und Gewichtsproblemen verminderte sich der Mittelwert für Skala 2 (Stärke und Auslösbarkeit des Essbedürfnisses) von 31,6±4,8 auf 14,0±2,1 (p<0.05) und für Skala 7 (Zügelung des Essens) von 11,4±2 auf 10,0±1,9 (p<0.05). Mit diesen Untersuchungen wurde erstmals nachgewiesen, dass eine Metreleptin-Langzeitbehandlung auch noch nach >150 Wochen signifikante und reproduzierbare Effekte auf das Essverhalten hat, mit reduziertem Hunger sowie verbesserter Sättigung. In weiterführenden Studien muss untersucht werden, welche klinischen und laborchemischen Marker ein besonders gutes Ansprechen auf die Metreleptin-Therapie von Lipodystrophie-Patienten vorhersagen. Diese Untersuchungen sind nicht zuletzt aufgrund der hohen Kosten von Metreleptin notwendig.

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:33841
Date29 April 2019
CreatorsPüschel, Janett Kathleen
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess
Relation10.1016/j.cyto.2018.10.012, 1043-4666, 10.1016/j.cyto.2018.10.012

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