Unverfälschbarkeit stellt ein wichtiges Gütekriterium psychologischer Testverfahren dar. Dieses Kriterium gilt dann als erfüllt, wenn das Testverfahren auf Grund seiner Konstruktion keine Steuerung oder Verzerrung der Ausprägung von Testwerten seitens der Versuchspersonen ermöglicht (vgl. Moosbrugger & Kelava, 2012).
Im Gegensatz zu direkten Verfahren (z.B. Fragebogen und Interviews), bei welchen die Ausprägung hinsichtlich eines Merkmales durch Selbstbeschreibung der Versuchspersonen erfragt wird und eine Verfälschung (z.B. durch sozial erwünschtes Antwortverhalten) nicht ausgeschlossen werden kann, wurde indirekten Verfahren (z.B. dem Impliziten Assoziationstest; IAT; Greenwald, McGhee, & Schwartz, 1998) lange Zeit Immunität gegen Fälschungsversuche unterstellt. Diese begründet sich unter anderem durch die Annahme, dass mittels indirekter Verfahren implizite Merkmale gemessen werden.
Implizite Merkmale unterscheiden sich von den „eher klassischen“ expliziten Merkmalen, welche vorwiegend mittels direkter Verfahren gemessen werden. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass Versuchspersonen nicht notwendigerweise um die Ausprägung hinsichtlich ihrer impliziten Merkmale wissen und dass sie diese Ausprägung auch nicht kontrollieren können (vgl. De Houwer, 2006; De Houwer & Moors, 2007, in press). Die theoretischen Annahmen bezüglich der Eigenschaften impliziter Merkmale bzw. Messergebnisse legen zwei Implikationen nahe. Erstens: Wir können implizite Merkmale ausschließlich über indirekte Zugänge erfassen, da diese nicht notwendigerweise bewusst sind und so eine Selbstauskunft nicht möglich erscheint. Zweitens: Personen können ihre impliziten Messergebnisse nicht kontrollieren und folglich auch nicht verfälschen.
Vermutlich gab es auch aus diesem Grund vor wenigen Jahren einen regelrechten Boom, der zu der Entwicklung einer Vielzahl indirekter Verfahren zur Erfassung impliziter Merkmale geführt hat. Ob jedoch die Messergebnisse dieser Verfahren tatsächlich implizit und damit nicht verfälschbar sind, darf nicht nur theoretisch unterstellt, sondern muss empirisch überprüft werden (vgl. De Houwer, 2006).
Der IAT gilt als das bekannteste, reliabelste und valideste indirekte Verfahren (Bosson, Swan, & Pennebaker, 2000; Rudolph, Schröder-Abé, Schütz, Gregg, & Sedikides, 2008). In meiner
Dissertation habe ich mich aus diesem Grund der empirischen Überprüfung auf Verfälschbarkeit des IATs gewidmet.
Die vorliegende Dissertation besteht aus insgesamt fünf Kapiteln. Das 1. Kapitel bildet eine theoretische Einführung zu den Themen Fälschung im diagnostischen Kontext und zum IAT. Grundlegende Befunde und Fragen zur Verfälschbarkeit des IATs werden dargestellt. Kapitel 2 bis 4 bilden empirische Beiträge meiner Forschung, die sich jeweils schwerpunktmäßig mit unterschiedlichen Aspekten der Verfälschbarkeit des IATs beschäftigen. In Kapitel 2 wird der Frage nachgegangen, unter welchen Bedingungen der IAT verfälschbar ist. Bis dato haben die wenigen existierenden Studien ein sehr widersprüchliches Bild bezüglich der Verfälschbarkeit des IATs aufgezeigt. Ein Grund hierfür könnte sein, dass potentiell relevante Faktoren, welche die Verfälschbarkeit des Verfahrens beeinflussen können, noch nie gemeinsam in einer Studie untersucht wurden. Die vorliegende Studie wurde genau mit diesem Ziel konstruiert und durchgeführt. Die Ergebnisse verweisen auf ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren und zeigen auf, unter welchen Bedingungen der IAT verfälschbar ist. Implikationen dieser Ergebnisse werden kritisch diskutiert. In Kapitel 3 werden die Fragen beantwortet, wie Personen den IAT verfälschen und ob Fälschung im IAT detektierbar ist. Die Forschung hat sich bislang nur bedingt damit beschäftigt, was fälschende Personen tun, um ihre Messergebnisse wie gewünscht zu beeinflussen. Es wurde auch noch nicht untersucht, ob Versuchspersonen unter verschiedenen Bedingungen (z.B. Fälschungsziel: hohe vs. niedrige Testwerte) unterschiedliche Strategien anwenden. Dennoch wurden Indices vorgeschlagen, welche in der Lage sein sollen, Fälschung im IAT zu detektieren (Agosta, Ghirardi, Zogmaister, Castiello, & Sartori, 2011; Cvencek, Greenwald, Brown, Gray, & Snowden, 2010). In der vorgestellten Studie habe ich einerseits untersucht, welche Strategien fälschende Personen anwenden und ob sie, je nach Bedingung, zu unterschiedlichen Strategien greifen. Andererseits habe ich untersucht, welche dieser Strategien tatsächlich mit erfolgreicher Fälschung des IATs einhergehen. Schließlich habe ich untersucht, ob die in der Vergangenheit vorgeschlagenen Indices tatsächlich in der Lage sind, erfolgreiche FälscherInnen zu detektieren. Meine Ergebnisse zeigen, dass fälschende Personen unterschiedliche Strategien anwenden, um ihr Ziel zu erreichen. Damit verbunden zeigte sich auch, dass es schwerer ist als bislang angenommen, erfolgreiche FälscherInnen im IAT zu detektieren. Implikationen dieser Ergebnisse werden kritisch diskutiert. Kapitel 4 beschäftigt sich mit der Frage, ob kognitive Fähigkeiten ein erfolgreiches Fälschen im IAT erleichtern. Bisher wurden diese Fähigkeiten nur mit Fälschungserfolg in direkten Verfahren in Verbindung gebracht (vgl. Hartshorne & May, 1928; Nguyen, Biderman, & McDaniel, 2005; Ones, Viswesvaran, & Reiss, 1996; Pauls & Crost, 2005; Snell, Sydell, & Lueke, 1999; Tett, Freund, Christiansen, Fox, & Coaster, 2012; Weiner & Gibson, 2000). In der vorgestellten Studie habe ich untersucht, ob sie auch beim Fälschen des IATs eine Rolle spielen. Besonders habe ich mich dabei für die Rolle des g Faktors der Intelligenz, der Verarbeitungsgeschwindigkeit und der Konzentrationsfähigkeit interessiert. Die Ergebnisse meiner Studie zeigen auf, dass einige dieser Prädiktoren tatsächlich einen Einfluss auf den Fälschungserfolg im IAT haben. Implikationen dieser Ergebnisse werden kritisch diskutiert. Das 5. Kapitel bildet eine Zusammenführung und Integration der Befunde meiner Forschung in die bestehende Theorie. Zudem werden ein Ausblick für die weitere Forschung sowie Empfehlungen für die Praxis gegeben.
Identifer | oai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:19996 |
Date | 23 January 2014 |
Creators | Röhner, Jessica |
Contributors | Schütz, Astrid, Krems, Josef, Technische Universität Chemnitz |
Source Sets | Hochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden |
Language | English |
Detected Language | German |
Type | doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text |
Rights | info:eu-repo/semantics/openAccess |
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