Return to search

Lack in periodontal care of patients suffering from severe heart diseases- results after 12 months follow-up

Patienten mit schweren Herzerkrankungen, wie z.B. Herzinsuffizienz (HI), zählen zu Risikopatienten in der zahnärztlichen Praxis und erfordern eine besondere Aufmerksamkeit in der zahnärztlichen Betreuung (Prävention, Behandlung und Nachsorge). Das Endstadium der HI führt häufig zur Notwendigkeit einer Kreislaufunterstützung im Sinne eines Herzunterstützungssystems, insbesondere eines sog. left ventricular assist devices (LVAD), und/oder zu einer Herztransplantation (HTx) [4-6] . Patienten nach HTx sind u.a. aufgrund der lebenslangen Immunsuppression als Risikopatienten einzustufen. Auch bei Patienten mit LVAD-Systemen besteht durch die Verbindung der extrakorporalen Steuereinheit nach endothorakal eine erhöhte Infektionsgefahr. In diesem Kontext wurde jedoch festgestellt, dass betroffene Patienten dieser Klientel einen hohen parodontalen Behandlungsbedarf und eine hohe Prävalenz moderater bis schwerer Parodontitis aufweisen. Zudem zeigt sich ein unzureichendes Mundgesundheitsverhalten. Parodontitis erhöht nachweislich das Risiko einer oralen Bakteriämie und schlussendlich das Risiko infektiöser Komplikationen, wie beispielsweise einer Endokarditis. Eine frühzeitige zahnärztliche Behandlung mit langfristiger präventiver Betreuung der genannten Risikopatienten ist daher zu fordern.
Die vorliegende Beobachtungsstudie mit prospektiver Verlaufsbeurteilung verfolgte das Ziel festzustellen, ob eine standardisierte (bedarfsorientierte) Zuweisung zum (Haus-)Zahnarzt zu einer verbesserten Mundgesundheitssituation bei Patienten mit HI bzw. Z. n. HTx und LVAD-Implantation führt. Zudem sollten mögliche Ursachen für eine ausbleibende Verbesserung der Mundgesundheit bzw. unzureichende zahnärztliche Therapie aufgezeigt werden.
Hierzu wurden zweihunderteins Patienten der Universitätsklinik für Herzchirurgie des Herzzentrums Leipzig im Rahmen einer Querschnittsstudie mit prospektiver Verlaufskontrolle zunächst (standardisiert) zahnärztlich untersucht und befragt (Baseline). Die klinisch-zahnärztliche Untersuchung umfasste die dentale und parodontale Beurteilung der Patienten. Hierfür wurden zum einen fehlende, kariöse und gefüllte Zähne (DMF-T-Index) erfasst und im Weiteren Sondierungstiefen (ST) und Attachmentverlust (AV) erhoben. Aus ST und AV wurde der Schweregrad einer vorliegenden Parodontitis ermittelt (keine/milde, moderate oder schwere Parodontitis). Zudem wurden der dentale und parodontale Behandlungsbedarf aus den vorliegenden Befunden abgeleitet: dentaler Behandlungsbedarf = Vorliegen mindestens einer behandlungsbedürftigen kariösen Läsion (D-T>0), parodontaler Behandlungsbedarf = Sondierungstiefe von ≥3.5mm in mindestens zwei Sextanten. Aus Vorliegen des dentalen und/oder parodontalen Behandlungsbedarfes wurde der gesamtheitliche zahnärztliche Behandlungsbedarf bestimmt. Weiterhin wurde das Mundgesundheits- und Inanspruchnahmeverhalten zahnärztlicher Leistungen mit einem standardisierten Fragebogen ermittelt. Zudem wurde das Mundhygieneverhalten der Patienten (Häufigkeit der täglichen Mundhygiene, Mundhygienehilfsmittel) erfasst. Anschließend erfolgte die standardisierte, zielgerichtete Zuweisung zum (Haus-)Zahnarzt mit einem Arztbrief, welcher die Information über die erfolgte zahnärztliche Untersuchung beinhaltete sowie den aktuell vorliegenden zahnärztlichen Behandlungsbedarf aufzeigte.
Nach zwölf Monaten konnten achtundachtzig (HTx = 31, LVAD = 43, HI= 14) der initial untersuchten Patienten erneut unter standardisierten Bedingungen untersucht werden (Follow-up). Hierbei wurden die gleichen Parameter erfasst wie zum Zeitpunkt der Baseline- Untersuchung. Zusätzlich wurden sie in Bezug auf die Zahnarztkonsultation mittels eines standardisierten Fragebogens befragt. Dabei richtete sich die Befragung inhaltlich nach fünf thematischen Schwerpunkten aus:
Auswirkung des zahnärztlichen Empfehlungsschreibens auf ein Vorstellen des Patienten beim (Haus-)Zahnarzt, Inhalt des Zahnarztbesuches (z.B. Erfragung der stattgefundenen Therapiemaßnahmen), Antibiotika-Prophylaxe beim (Haus-)Zahnarzt, Fachlicher Kenntnisstand des (Haus-)Zahnarztes in Bezug auf den Umgang mit der Grunderkrankung des Patienten (z.B. regelmäßiges Aktualisieren der Medikamentenanamnese des Patienten), Individuelles Mundgesundheitsverhalten im Zusammenhang mit der Grunderkrankung (z.B. Veränderungen in der persönlichen Mundhygiene seit Diagnosestellung)

Die statistische Analyse wurde mit SPSS für Windows, Version 24.0 (SPSS, Inc., US) durchgeführt. Für metrische Parameter wurde der Mann-Whitney-U-Test angewandt. Kategorische Daten wurden mittels Chi-Quadrat- und Fischer-Test analysiert (p<0.05).
Zum Zeitpunkt der Eingangsuntersuchung (Baseline) lag der parodontale Behandlungsbedarf der gesamten Patientengruppe bei 91%, die Anzahl der zerstörten Zähne (D-T) bei 0.4 ± 1.5 und die Anzahl fehlender Zähne (M-T) bei 10.7 ± 9.0. Die Auswertung der Fragebögen zeigte, dass die Mehrheit der Patienten (79,5%) der Zuweisung zum (Haus-)Zahnarzt folgte. Dabei waren keine signifikanten Unterschiede in den einzelnen Patientengruppen (HTx: 87%, LVAD: 74%, HI: 79%, p=0.41) festzustellen. Am häufigsten wurde nach Angaben der Patienten, die ihren (Haus-)Zahnarzt besucht hatten, eine professionelle Zahnreinigung (PZR) durchgeführt (53% aller Patienten). In der Gruppe der LVAD-Patienten erhielten jedoch signifikant weniger Patienten eine PZR (40%) als in der Gruppe der HTx- und HI-Patienten (68% und 64%, p=0.04). Lediglich 10% der gesamten Patientengruppe gaben trotz hohem parodontalen Behandlungsbedarf (Baseline 91%) an, dass während der letzten zwölf Monate eine Parodontitistherapie beim (Haus-)Zahnarzt eingeleitet bzw. erfolgt sei. Insbesondere HTx-Patienten gaben an, das Mundgesundheitsverhalten (Häufigkeit der täglichen Mundhygiene, Mundhygienehilfsmittel) seit Beginn der Herzerkrankung konsequenter umzusetzen (HTx: 52% vs. LVAD: 21% und HI: 36%, p=0.03). Ebenso räumten HTx-Patienten der Mundhygiene seit Beginn der Diagnosestellung einen größeren Stellenwert ein (61%), im Vergleich zu LVAD- und HI-Patienten (LVAD: 26% und HI: 21%, p˂0.01).
Der Vergleich zwischen Mundgesundheit zum Zeitpunkt der Ausgangsuntersuchung (Baseline) und Kontrolluntersuchung nach zwölf Monaten (Follow-up) zeigt einige Veränderungen: Dabei war ein Anstieg der Karies (D-T; Baseline: 0.4 ± 1.5, Follow-up: 0.6 ± 1.1, p=0.03) und der fehlenden Zähne (M-T; 10.7 ± 9.0 vs. 11.1 ± 9.2, p<0.01) auffällig. Zudem war nur eine geringfügige Reduktion des parodontalen Behandlungsbedarfes der gesamten Kohorte von 91% (Baseline) zu 75% (Follow-up) festzustellen. In der Gruppe der Patienten mit HTx konnten jedoch keine bedeutenden Unterschiede der Mundgesundheits-parameter zwischen Baseline und Follow-up evaluiert werden. In der Gruppe der Patienten mit LVAD zeigte sich im Vergleich Follow-up und Baseline ein leichter Anstieg der fehlenden Zähne (M T; 13.9 ± 8.8 vs. 14.4 ± 9.0, p˂0.01) sowie ein reduzierter parodontaler Behand-lungsbedarf zum Zeitpunkt der Nachuntersuchung (88% vs. 70%, p=0.01). Die HI-Patienten-klientel fällt lediglich durch eine Zunahme der Anzahl fehlender Zähne auf (M-T; 9.8 ± 9.9 vs. 10.3 ± 9.9; p=0.03).
Bei der Analyse der Mundgesundheitsparameter unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Befragung konnten keine signifikanten Zusammenhänge gezeigt werden; so zeigte beispielsweise der parodontale Behandlungsbedarf keine Assoziationen zu einer nach Angaben der Patienten erfolgten Parodontaltherapie (p=0.69) bzw. zu einem Zahnarztbesuch im Allgemeinen (p=0.54). Des Weiteren gibt es ebenso keine Assoziationen zwischen dentalem Behandlungsbedarf und restaurativen zahnärztlichen Therapiemaßnahmen (p=0.72) sowie Zahnextraktionen (p=0.71).
Die einmalige bedarfsorientierte Zuweisung zum (Haus-)Zahnarzt ist schlussendlich nicht ausreichend, um stabile mundgesunde Verhältnisse, insbesondere in Bezug auf die parodontale Behandlungsbedürftigkeit bei Patienten mit schweren Herzerkrankungen zu gewährleisten. Insgesamt liegt ein Verbesserungsbedarf sowohl im Mundgesundheitsverhalten als auch im Mundgesundheitszustand bei Patienten mit HI, LVAD und HTx vor. Obwohl der Status als Risikopatient eine intensive zahnärztliche Betreuung erfordern würde, scheinen die (Haus-)Zahnärzte unter den aktuellen Voraussetzungen nicht imstande zu sein, den derzeitigen parodontalen Versorgungsbedarf schwer Herzerkrankter abzudecken. Eine multidisziplinäre zahnmedizinische Betreuung mit Aufbau und Etablierung von „Special Care“- Einrichtungen mit spezialisierten Zahnärzten ist daher ein zu empfehlender Ansatz. Diese sollten im interdisziplinären Team mit Kardiologen/ Herzchirurgen und anderen beteiligten Fachdisziplinen eine präventionsorientierte Versorgung unter Berücksichtigung der Besonderheiten schwer herzerkrankter Patienten gewährleisten.:Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Einführung
1.2 Risikopatienten in der zahnärztlichen Praxis
1.2.1 Allgemeine Zusammenhänge
1.2.2 Patienten mit schweren Herzerkrankungen (HI, LVAD und HTx)
1.3 Mundgesundheit bei zahnmedizinischen Risikopatienten mit Schwerpunkt auf
HI, LVAD und HTx
1.3.1 Bedeutung der Mundgesundheit bei Patienten mit schweren
Herzerkrankungen
1.3.2 Mundgesundheitszustand bei Patienten mit schweren Herzerkrankungen
(HI, LVAD und HTx/Tx) . . .
1.4 Zahnmedizinische Behandlungsempfehlungen bei Risikopatienten mit
Schwerpunkt auf HI, LVAD und HTx
1.5 Ursachenforschung im Hinblick auf eine Verbesserung der Mundgesundheits-situation der Patienten mit schweren Herzerkrankungen . . . . . 1.6 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . 2 Publikationsmanuskript
3 Zusammenfassung der Arbeit
4 Ausblick
5 Literaturverzeichnis
6 Wissenschaftliche Präsentationen
7 Darstellung des eigenen Beitrags
8 Erklärung über die eigenständige Abfassung der Arbeit
9 Lebenslauf
10 Danksagung

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:79905
Date12 July 2022
CreatorsFriedrich, Sylvia
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess

Page generated in 0.0032 seconds