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Identifizierung von geeigneten equinen Seren zur Zellkultivierung durch massenspektrometrische Bestimmung von Lipid-Biomarkern

Bei der Zellkultivierung wird dem artifiziell hergestellten Grundmedium meist tierisches Serum hinzugefügt, um ein adäquates Wachstum der Zellen zu gewährleisten. So liefert das Serum zusätzliche Nährstoffe, essenzielle Wachstumsfaktoren und eine Vielzahl weiterer Moleküle. Die Seren werden kommerziell aus tierischem Vollblut hergestellt und normalerweise vor ihrer Auslieferung auf bestimmte Parameter, wie zum Beispiel Aminosäure-Gehalt und Albumin-Konzentration, getestet. Trotz dieser Testung seitens der vertreibenden Unternehmen bestehen große Qualitätsunterschiede bei den Zellkulturanwendungen. Somit sind Forschungslabore häufig gezwungen Probeseren anzufordern und diese in eigenen zeitaufwendigen und kostenintensiven Zellkulturversuchen zu testen, bevor ein Serum ausgewählt und in den eigentlichen Versuchen eingesetzt werden kann. Auch die serumvertreibenden Unternehmen müssen demzufolge alle Serumchargen bis zum Abschluss der Testversuche in ausreichenden Mengen bereithalten, was einen bedeutenden Mehraufwand darstellt.

Aus diesen Gründen wäre es eine entscheidende Vereinfachung, wenn ein geeigneter Biomarker zur Testung der Serumtauglichkeit gefunden werden könnte, der diese aufwendigen Vorversuche ersetzt. Ein potenzieller Biomarker könnte das Glycerophospholipid Lysophosphatidylcholin (LPC) sein. Seine stressbedingte Bildung, vorrangig aus Phosphatidylcholin (PC), im Rahmen von Entzündungen, oxidativem Stress oder ungünstigen Lagerungsbedingungen könnte als Indikator für qualitätsmindernde Prozesse im Serum dienen. Des Weiteren könnte das vermehrte LPC selbst einen entscheidenden Einfluss auf das Wachstum von Zellen haben und somit die Qualität der Seren widerspiegeln.
Die Matrix-assisted laser desorption/ionization time-of-flight Massenspektrometrie (MALDI-TOF MS) eignet sich aufgrund ihrer Robustheit gegenüber Verunreinigungen und der hohen Messgeschwindigkeit für die Detektion beider Moleküle in biologischen Materialen. Zur weiteren Vereinfachung der Bestimmung der LPC-Konzentration mittels MALDI-TOF MS wird oft auf den Zusatz eines internen Standards verzichtet, um zusätzliche Fehlerquellen zu vermeiden. Hierbei wird LPC ausschließlich relativ zur PC-Konzentration ermittelt (PC/LPC-Verhältnis).

Da es sich bei Serum um eine komplexe, biologische Probe handelt, könnten Molekülinteraktionen wie beispielsweise Protein-Lipid-Interaktionen Grund für unterschiedliche PC/LPC-Verhältnisse sein. Albumin als ubiquitär im Serum vorhandenes Protein kann eine Vielzahl von Molekülen binden, darunter auch bestimmte Lysophospholipide. Somit ist es wichtig zu klären, inwieweit Albumin eine adäquate Detektion von Lysophosphatidylcholin verhindern beziehungsweise beeinflussen kann.

Die hier publizierte Arbeit konnte zeigen, dass Albumin-Zusatz (von Pferd und Rind) zu einem Anstieg des detektierten PC/LPC-Verhältnisses im „intakten“ Serum führt. Umgekehrt sinkt das PC/LPC-Verhältnis beim enzymatischen Verdau des Albumins wieder, weil nun mehr LPC detektiert werden kann. Der Einfluss von Pepsin und Trypsin, die durch den enzymatischen Verdau des Albumins zu einer verbesserten LPC-Detektion führen, wurde unter verschiedenen Bedingungen (Konzentration, Inkubationszeit, Temperatur) verglichen. Abschließend wurde ein verbessertes Protokoll für die MALDI-TOF MS-Messungen des PC/LPC-Verhältnisses im „intakten“ Serum durch einen vorausgehenden Pepsin-Verdau vorgeschlagen. Dabei muss vor allem darauf geachtet werden, möglichst niedrige Temperaturen zu verwenden, um die temperaturbedingte Konversion von PC zu LPC zu minimieren.

Sowohl das ursprüngliche als auch das erweiterte Messprotokoll fand im zweiten Teil der Arbeit Anwendung. Hier wurde die aufwendige konventionelle Qualitätstestung von Pferdeseren mittels Zellkultur mit der massenspektrometrischen Messung von LPC als Biomarker verglichen, um eine etwaige Vereinfachung der Serumselektion zu evaluieren. Die verwendeten FDCPmix-Zellen sind murine hämatopoetische Vorläuferzellen, die beispielsweise zur Untersuchung der hämatopoetischen Stammzellnische verwendet werden. Ähnlich wie die hämatopoetischen Stammzellen selbst, stellen die FDCPmix-Zellen hohe Anforderungen an die Zellkulturbedingungen. Wird inadäquates Medium bzw. Serum verwendet, können Wachstum und Differenzierungspotential negativ beeinflusst werden, wodurch die Zellen nicht mehr für weitere Versuche geeignet sind. Folglich ist die achtsame Auswahl des Pferdeserums essenziell. Acht Pferdeseren von verschiedenen Anbietern wurden zur Kultivierung nach derzeitigem Goldstandard eingesetzt. Als Evaluationsparameter für die Qualität des jeweiligen Serums wurden Zellwachstum, Differenzierungspotenzial nach Kultivierung und die Fähigkeit Zellkolonien im semifesten Medium (colony forming units - CFUs) zu bilden, verwendet. Hierbei zeigten sich deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Seren. Insbesondere in der Fähigkeit CFUs auszubilden und im Wachstum waren die größten Unterschiede zu erkennen. Diese Zellkultur-Ergebnisse wurden mit MALDI-TOF MS-Messungen des PC/LPC-Verhältnisses vor und nach Pepsinverdau im „intakten“ Serum verglichen. Jedoch korrelierte das PC/LPC-Verhältnis nicht mit den Ergebnissen der Zellkulturexperimente. Dies ist mit den Unterschieden in der PC-Konzentration zwischen den verschiedenen Seren zu erklären. Enthält ein Serum generell viel PC, so kann trotz eines hohen PC/LPC-Verhältnisses die LPC-Konzentration im Serum zu hoch sein und die Zellkultivierung negativ beeinflussen. Deshalb wurde LPC mit Hilfe eines internen Standards quantifiziert. Bei den für die Kultivierung ungeeigneten Seren lag, sowohl vor als auch nach Proteinverdau, eine hohe LPC-Konzentration vor. Umgekehrt konnten die Pferdeseren mit geringen LPC-Konzentrationen mit günstigen Zellkultur-Ergebnissen assoziiert werden. Dieser negative Einfluss einer hohen LPC-Konzentration konnte durch die artifizielle Zugabe von LPC zur Zellkultur weiter bestätigt werden. Im Gegensatz zum nicht manipulierten Kontrollmedium zeigten die Proben mit artifiziell erhöhter LPC-Konzentration vor allem eine deutlich geringere Fähigkeit CFUs auszubilden, welches ein Kernkriterium für die Verwendbarkeit des Serums ist. Insgesamt konnte folglich der negative Einfluss von LPC auf die Zellkultur gezeigt werden, was seine Eignung als Indikator für die Serumqualität bestätigt.

Zusätzlich zur LPC-Konzentration wurden weitere Mediator- und Signalmoleküle untersucht, die im Zuge des PC/LPC-Stoffwechsels entstehen können und unter anderem Entzündungsprozesse beeinflussen. Bei der Konversion von PC zu LPC durch die Phospholipase A2 oder durch oxidativen Stress wird die Fettsäure (z.B. Arachidonsäure oder Linolsäure) an der sn-2-Position vom Glycerolrückgrat freigesetzt und steht zur weiteren Metabolisierung durch beispielsweise Cyclooxygenasen oder Lipoxygenasen zur Verfügung. Hierbei können Eikosanoide wie Thromboxane, Prostaglandine oder Leukotriene entstehen. Daher wurden die Pferdeseren weiterhin auf Eikosanoide mittels Flüssigchromatographie (LC)-MS/MS getestet. Hierbei zeigte sich, dass erhöhte Thromboxan B1-, Thromboxan B2- und 12-S-Hydroxy-Heptadecatriensäure-Konzentrationen ebenfalls auf eine ungünstige Serumqualität hinweisen. Zudem konnte gezeigt werden, dass die Seren mit hohen LPC-Konzentrationen und daher schlechten Zellkultur-Ergebnissen ebenfalls hohe Konzentrationen an Linolsäure aufweisen. Diese Fettsäure wird typischerweise bei der Konversion von im Pferdeserum vorkommenden PC zu LPC aus der sn-2-Position freigesetzt. Somit scheint neben der LPC-Konzentration auch das Eikosanoidprofil qualitative Aussagen über das jeweilige Pferdeserum zu erlauben.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sowohl niedrige absolute LPC- als auch niedrige entzündungsfördernde Eikosanoid-Level mit einer günstigen Serumqualität korrelieren. Jedoch benötigt die Bestimmung des Eikosanoidprofils im Gegensatz zur LPC-Bestimmung anspruchsvollere Messmethoden wie LC-MS/MS. Die LPC-Konzentration kann mittels MALDI-TOF MS zuverlässig ermittelt werden. Diese robuste, schnelle und preiswerte Methode ermöglicht die direkte Messung im „intakten“ Serum. Dabei ist die Zugabe eines internen Standards zur Bestimmung der absoluten LPC-Konzentration notwendig, da sich das PC/LPC-Verhältnis als ungeeignet für die Qualitätsevaluation von Zellkulturseren erwiesen hat.:Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einführung
1.1 Allgemeine Einleitung
1.2 Factor dependent cells Paterson mixed potential (FDCPmix-Zelllinie)
1.3 Phosphatidylcholin und Lysophosphatidylcholin
1.4 Eikosanoide
1.5 Massenspektrometrie
1.5.1 MALDI-TOF Massenspektrometrie
1.5.2 ESI-IT Massenspektrometrie
1.6 Ziele der Dissertation
2 Publikationsmanuskripte
2.1 Determination of the Phosphatidylcholine/Lysophosphatidylcholine Ratio in Intact Serum by Matrix-Assisted Laser Desorption/Ionization Mass Spectrometry with Prior Enzymatic Albumin Digestion
2.2 Phospholipase A2 products predict the hematopoietic support capacity of horse serum
3 Zusammenfassung der Arbeit
4 Literaturverzeichnis
5 Nachweis über Anteile der Co-Autoren
6 Erklärung über die eigenständige Abfassung der Arbeit
7 Lebenslauf
8 Publikationen
9 Danksagung

Identiferoai:union.ndltd.org:DRESDEN/oai:qucosa:de:qucosa:77998
Date11 February 2022
CreatorsDitz, Timo
ContributorsUniversität Leipzig
Source SetsHochschulschriftenserver (HSSS) der SLUB Dresden
LanguageGerman
Detected LanguageGerman
Typeinfo:eu-repo/semantics/publishedVersion, doc-type:doctoralThesis, info:eu-repo/semantics/doctoralThesis, doc-type:Text
Rightsinfo:eu-repo/semantics/openAccess
Relation10.1002/lipd.12106, 10.1016/j.diff.2018.12.002

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