Zusammenfassung
Einleitung: Die Inzidenz von Narbenhernien (operativ erworbene Schwachstellen der Bauchwand) ist abhängig von der Art der vorhergegangen Operation, nach Laparaskopien ist sie um einiges niedriger als nach Laparotomien, wird aber mit 2-20% in der Literatur angegeben. Aufgrund der möglichen Komplikationen (Platzbauch, Darminkarzeration, Schmerzen, Funktionseinschränkung, …) stellen Narbenhernien oftmals große Belastungen für die Patienten dar. Die operative Sanierung, in Abhängigkeit von Größe und Lage, wird zumeist durch einbringen eines Netzgewebes erreicht. Dieser Fremdkörper kann seinerseits wieder Komplikationen hervorrufen (Infektionen, Funktionsverlust, Schmerzen, Fisteln), die bis zur Explantation des Netzgewebes führen können. Das Risiko für das Auftreten von Narbenhernien bzw. deren Rezidiven hängt von vielen Faktoren ab, als Risikofaktoren wurden unter anderem Rauchen, männliches Geschlecht, Alter >45 Jahre und ein BMI >25 kg/cm² ausgemacht. Ein Teilbereich des Tissue Engineerings ist die Entwicklung von Modellen, anhand derer in vitro Prozesse des menschlichen Körpers nachvollzogen werden können. Mit dieser Arbeit soll ein Modell etabliert werden Anhand dessen die Untersuchung der Kollagenproduktion und der Netzinkorporation bzw. die Auswirkungen verschiedener Risikofaktoren auf diese Prozesse in vitro ermöglicht werden soll. Weiterhin wurden Studienfragen formuliert, die sich sowohl mit der Durchführbarkeit dieser Methode abzielten, als auch gezielt nach der Stützung der These der „guten und schlechten Heiler“ durch diese Arbeit abzielten. Sowie nach der Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit bekannten Kollagenmustern die aus Netzexplantaten bekannt sind. Material und Methode: Für die vorliegende Arbeit wurden Biopsien von Faszien bzw. Narbenhernien im Rahmen einer Operation gewonnen, aus diesen wurden die Fibroblasten isoliert und anschliessend entweder eingefroren bzw. expandiert, um sie in einer Rattenkollagenmatrix mit und ohne synthetischem Netz im dynamisch mechanischen Bioreaktor zu kultivieren. Die Biopsien wurden Anhand der Kollagen I/III Ratio in „gute und schlechte Heiler“ eingruppiert. Anschließend wurden die so gezüchteten Neofaszien HE und Pikrosiriusrot gefärbt um zum einen einen Eindruck von der Verteilung der Fibroblasten innerhalb der Neofaszie zu gewinnen, als auch Aussagen zum Kollagenmuster, der Kollagen I/III Ratio und zur Kollagendensität treffen zu können. Die Dicke der kultivierten Neofaszien wurde sowohl in Sirius als auch in HE Färbung untersucht. Weiterhin wurden RT-PCR und Gene Arrays von Nativgeweben und von Neofaszien mit unterschiedlichen Netztypen durchgeführt. Ergebnisse: Bei gesunden Probanden konnten oftmals nicht genügend Zellen aus den Faszienbiopsaten gewonnen werden, deshalb wurde im Verlauf der Arbeit auf die Gewinnung von gesundem Fasziengewebe als Vergleichsgruppe verzichtet. Fibroblasten von als „schlechten Heilern“ klassifizierten Patienten zeigten meist ein langsameres Wachstum in der Expansionsphase. Der Bioreaktor bereitete kaum Probleme (ein paar Faszien trockneten anfänglich aus, dieses Problem lies sich durch bei Bedarf verkürzten Medienwechselintervallen in den Griff bekommen. Probleme mit Kontaminationen traten nicht auf. Bei den Histologischen Untersuchungen der Neofaszien waren Fibroblasten über den gesamten Bereich der Neofaszie zu sehen, auch in unmittelbarer Umgebung der Netzstrukturen. Die Kollagenmuster stimmten in Ansätzen mit den aus klinischen Netzexplantaten bekannten Mustern überein (Polydirektional bei Polyesternetz, Konzentrisch um die Netzstrukturen bei Polypropylen). Weiterhin war eine verstärkte Kollagenbildung quer zur Druckrichtung des Bioreaktors zu erkennen. Bei der Betrachtung der Dicke der Neofaszien zeigte sich (unter Vorbehalt, aufgrund der geringen Probenanzahl) eine Tendenz zu meist dünneren Faszien bei „schlechten Heilern“ während die Neofaszien von „guten Heilern“ meist eine kleinere Streuung um den Mittelwert zeigten (einheitlicher waren). Die Kollagendensität und auch die Kollagen I/III Ratio lieferten Ergebnisse Anhand derer Gesagt werden kann, dass je höher die Ausgangswerte im Nativgewebe waren, diese mit höherer Wahrscheinlichkeit von den Neofaszien nicht erreicht werden konnten. qRT-PCR und Gene Array zeigten in der Rangkorrelation nach Spearman große Übereinstimmungen. Beantwortung der Studienfragen: Es konnte gezeigt werden, dass es möglich ist Neofaszien mit synthetischen Netzen zu züchten, die über den gesamten Bereich mit Fibroblasten besiedelt waren. Die Ergebnisse der Kollagenmorphologie zeigten in Ansätzen die aus Netzexplantaten bekannten Muster. Bei Kollagen I/III Ratio und Densität war lediglich erkennbar, dass je höher die Ausgangswerte waren, diese mit zunehmender Wahrscheinlichkeit nicht reproduziert werden konnten. Es ließ sich keine Verbindung zwischen der Kollagen I/III Ratio der Histologischen Gewebeproben und den Molekularbiologischen Ergebnissen feststellen. Weiterhin konnte die Theorie der „guten und schlechten Heiler“ molekularbiologisch nicht gestützt werden, da die Proben der als „schlechte Heiler“ Klassifizierten Biopsien stärkere Gemeinsamkeiten mit als „gute Heiler“ Klassifizierten Biopsien aufwiesen als untereinander. Es konnte gezeigt werden dass die Kultur auf die MMP-8 und Elastinproduktion keinen Einfluss zu haben scheint. Diskussion: Im Verlauf der Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass die Kollagensynthese, und Sekretion ein komplexes und höchst aktives System darstellt, welches im Rahmen der Wundheilung durch Co-Signalling, und der Interaktion zwischen Fibroblasten und Immunzellen (Makrophagen…) nochmals verändert wird, auch dadurch bedingt, dass Fibroblasten im Verlauf der Wundheilung selbst als immunmodulierende Zellen in Erscheinung treten können. So können weiterhin die Kollagen kodierenden Gene (Col1A1, Col1A2, Col3A1) als Marker für die Kollagenaktivität herangezogen werden, da aber zwischen Synthese und Sekretion des Kollagens ein nicht zu vernachlässigender Teil bereits intrazellulär wieder abgebaut wird kann nur durch Betrachtung dieser Gene die Theorie der „guten und schlechten Heiler“ nicht gestützt werden. Durch die hohe Korrelation der Ergebnisse aus gene-Array und qRT-PCR könnte für die Zukunft vorläufig auf die Durchführung von qRT-PCR verzichtet werden, um eventuell unterschiedliche Pathways mit dem Gene-Array zu identifizieren. Offene Fragen Ausblick und Perspektiven: Da das System der Wundheilung und Kollagensynthese und –Sekretion sehr komplex ist sollte für die Zukunft durch eine Kokultur mit Makrophagen bzw. durch die Zugabe von TNF-α, IL-6, PDGF, G-CSF, GM-CSF, Vitamin C oder Lysyloxidase zum Kulturmedium, geprüft werden ob sich eine Aktivitätsveränderung der Fibroblasten und damit eine andere Neofaszienstruktur erreichen lässt. Weiterhin sollte um einer Verfälschung der Ergebnisse durch das für die Gele verwendete Rattenkollagen vorzubeugen, entweder die Kulturdauer verlängert werden (mit dem Gedanken dass dann das gesamte Rattenkollagen durch humanes ersetzt wurde) bzw. ein Kollagenfreies Gel als Trägerstruktur entwickelt und verwendet werden. Um eine bessere Vergleichbarkeit der Ergebnisse des Gene-Arrays aus Spenderbiopsie und Neofaszie zu erreichen sollten die zur RNA-Gewinnung verwendeten Anteile der Biopsie noch innerhalb des OP in RNA-later bzw. in flüssigen Stickstoff gegeben werden, um einer verstärkten Degradation vorzubeugen. / Summary
Introduction: The incidence of scar hernias (surgically acquired weaknesses of the abdominal wall) depends on the type of previous operation, after laparascopies it is much lower than after laparotomies, but is reported to be 2-20% in the literature. Due to the possible complications (burst abdomen, intestinal incarceration, pain, functional limitations, ...), scar hernias often represent a great burden for patients. Surgical restoration, depending on size and location, is usually achieved by inserting a mesh tissue. This foreign body in turn can cause complications (infections, loss of function, pain, fistulas), which can lead to explantation of the mesh tissue. The risk of the occurrence of scar hernias or their recurrence depends on many factors, including smoking, male sex, age >45 years and a BMI >25 kg/cm². One goal of tissue engineering is the development of in vitro models to reproduce processes of the human body. The aim of this work is to establish a model that will enable the investigation of collagen production and mesh incorporation and the effects of different risk factors on these processes in vitro. Study questions were formulated, that were aimed to prove the feasibility of this method, to see if the results support the thesis of "good and bad healers", and to compare the results with known collagen patterns from net implants.
Material and method: Biopsies of fascia and scar hernias were obtained during an abdominal surgery, from this tissue the fibroblasts were isolated and then either frozen or expanded in order to cultivate them in a rat collagen matrix with and without synthetic meshes in a dynamic-mechanical bioreactor. The biopsies were grouped into "good and bad healers" using the collagen I/III ratio. The neofasciae were then stained (HE and Pikrosirius red) to gain an impression of the distribution of the fibroblasts within the neofascia and to be able to make statements about the collagen pattern, the collagen I/III ratio and the collagen density. The thickness of the cultured neofascia was investigated in both Sirius and HE staining. Furthermore, RT-PCR and gene arrays of native tissues and neofascia with different net types were performed.
Results: In healthy volunteers, it was often not possible to obtain a sufficient number of fibrobasts from the fascia biopsies. Therefore, in the course of the study, healthy fascia tissue was not obtained as a comparison group. Fibroblasts from patients classified as "bad healers" usually showed slower growth in the expansion phase. The bioreactor caused hardly any problems (a few fasciae initially dried out, this problem could be solved by shortening the intervals between media changes if necessary). Problems with contamination did not occur. During the histological examination of the neofascia, fibroblasts were visible over the entire area of the neofascia, even in the immediate vicinity of the mesh structures. The collagen patterns were similar to those already known from clinical mesh explants (polydirectional in the case of polyester mesh, concentric around the mesh structures in the case of polypropylene). Furthermore, an increased collagen formation transverse to the pressure direction of the bioreactor could be observed. When considering the thickness of the neofasciae, a tendency towards thinner fasciae in "bad healers" was observed (with reservations, due to the small number of samples), whereas the neofasciae of "good healers" showed a smaller scatter around the mean value (were more uniform). The collagen density and also the collagen I/III ratio also showed results, to state: the higher the initial values in the native tissue, the higher the probability that these could not be achieved by the neofasciae. qRT-PCR and Gene Array showed a high correlation (rank correlation according to Spearman).
Answering the study questions: It could be shown that it is possible to breed neofasciae with synthetic meshes that were colonized with fibroblasts over the entire area. The results of the collagen morphology showed patterns known from mesh explants. With collagen I/III ratio and density it was only recognizable that the higher the initial values were, the more likely it was that they could not be reproduced. There was no connection between the collagen I/III ratio of the histological tissue samples and the molecular biological results. Furthermore, the theory of "good and bad healers" could not be supported by molecular biology, since the samples of the biopsies classified as "bad healers" had more in common with biopsies classified as "good healers" than with each other. It could be shown that the culture does not seem to have any influence on MMP-8 and elastin production.
Discussion: In the course of the discussion, it was pointed out that collagen synthesis and secretion is a complex and highly active system, which is further altered in the context of wound healing by co-signalling and the interaction between fibroblasts and immune cells (macrophages...), also due to the fact that fibroblasts themselves can appear as immunomodulating cells in the course of wound healing. Thus, the collagen coding genes (Col1A1, Col1A2, Col3A1) can still be used as markers for collagen activity, but since between synthesis and secretion of the collagen a not negligible part is already degraded intracellularly, the theory of "good and bad healers" cannot be supported only by considering these genes. Due to the high correlation of the results from gene arrays and qRT-PCR, the use of qRT-PCR could be dispensed with for the time being in order to identify possible different pathways with the gene array.
Open questions Outlook and perspectives: The system of wound healing and collagen synthesis and secretion is very complex, it should be examined whether a change in the activity of the fibroblasts and thus a different neofascia structure can be achieved in the future by cocultivation with macrophages or by adding TNF-α, IL-6, PDGF, G-CSF, GM-CSF, vitamin C or lysyl oxidase to the culture medium. Furthermore, in order to prevent falsification of the results by the rat collagen used for the culture medium, either the culture duration should be extended (with the thought that the entire rat collagen was then replaced by human collagen) or a collagen-free culture medium should be developed and used as carrier structure. In order to achieve a better comparability of the results of the gene array from donor biopsy and neofascia, the parts of the biopsy used for RNA extraction should be given in RNA later or in liquid nitrogen in the OR (operation room) to prevent an increased degradation.
Identifer | oai:union.ndltd.org:uni-wuerzburg.de/oai:opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de:19187 |
Date | January 2019 |
Creators | Schulz, Christian Andreas |
Source Sets | University of Würzburg |
Language | deu |
Detected Language | German |
Type | doctoralthesis, doc-type:doctoralThesis |
Format | application/pdf |
Rights | https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/deed.de, info:eu-repo/semantics/openAccess |
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